Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Volles Haus in Vegesack Der Mario-Effekt

Ex-Profi Mario Basler zieht. Als er jetzt im Bürgerhaus sprach, kamen 600 Gäste. Weil noch viel mehr Karten hätten verkauft werden können, sucht das Kulturbüro jetzt einen Zusatztermin.
01.04.2019, 09:55 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Christian Pfeiff

23 Jahre ist es her, dass Mario Basler sich zuletzt als Fußballprofi das Werder-Trikot überstreifte. Gerade einmal drei Jahre lang begeisterte Basler zuvor mit seinen Ballkünsten auf dem Rasen des Weserstadions und sorgte mit markigen Sprüchen und seiner raubeinigen Attitüde auch abseits des Spielfeldes ein ums andere Mal für Skandale und Skandälchen mit hohem Unterhaltungswert. Wie dauerhaft sich „Super-Mario“ damit allerdings in den Herzen der Werder-Fans verankert hat, zeigte sich jetzt im restlos ausverkauften Bürgerhaus.

Die 600 überwiegend männlichen Besucher hatten das Glück, noch rechtzeitig eine Karte im Vorverkauf ergattert zu haben: „Gemessen an dem hohen Interesse hätten wir die Veranstaltung gleich mehrfach ausverkaufen können“, gibt Kulturbüro-Leiter Malte Prieser zu Protokoll. Er bestätigt hierdurch ebenfalls die Popularität, die Basler bei bremischen Fußballanhängern nach wie vor besitzt – und das, obwohl dieser nach nur drei Jahren von der Weser an die Isar und somit ausgerechnet zum Erzrivalen Bayern München wechselte. Wegen des Andrangs bemüht sich das Kulturbüro um einen schnellstmöglichen Zusatztermin, versichert Prieser.

„Basler ballert“ nennt der ehemalige Fußballprofi sein Programm, mit dem er bereits im vergangenen Sommer seinen Wechsel vom sportlichen ins komische Fach einläutete, was er in Vegesack mit der ihm zueigenen Bescheidenheit begründet: „Viele haben mich gefragt, warum ich das mache – mal ehrlich: Wenn man sich diese Schwuchtelfußballer von heute mal so anguckt...“ Basler brauch den Satz nicht zu beenden, um die Lacher und den Applaus der Anwesenden auf seiner Seite zu haben. Die Richtung für die folgenden zwei Stunden ist somit vorgegeben: Mit halblauter Stimme und großmäuliger Haltung gibt Basler einmal mehr das „Enfant Terrible“ des Profifußballs. Wird seine erste Tournee als Comedian andernorts als „Abrechnung mit dem aktuellen Fußballgeschehen“ beworben, dominiert auf der grün-weiß illuminierten Bühne im großen Bürgerhaussaal hingegen die Nostalgie: Es geht um Werder, Bremen, Otto Rehhagel und Uli Borowka, Alkohol- und Groupie-Eskapaden in und um das Parkhotel, hin und wieder auch um Fußball.

Baslers anschließende Spielerstationen in Bayern und Kaiserslautern kommen hingegen wenig, seine abschließende Saison im Emirat Katar gar nicht zur Sprache – vielleicht auch mangels Unterhaltungswerts. Schließlich habe ihm kein weiterer Verein und kein weiterer Trainer so viel durchgehen lassen wie Werder Bremen unter Otto Rehhagel, gesteht Basler freimütig. Und er berichtet auch genüsslich von Fehltritten damaliger Teamkameraden, in denen insbesondere Uli Borowka, der seine mittlerweile überwundene Alkoholsucht bereits vor sieben Jahren als Buchautor thematisierte, keine allzu glanzvolle Figur abgibt.

Dabei scheint es „der Mario“ gar nicht böse zu meinen: Anekdoten wie die gemeinsame Fahrradtour in einen Biergarten, deren Rückfahrt für Borowka im Graben endete oder der neue Porsche des Teamkollegen, dessen Lebensdauer gerade einmal einen halben Tag betrug, treffen eben seinen Humor. Er nimmt sich selbst nicht aus: „Ein Tipp des Werder-Managements lautete damals, dass es nie schaden könne, für den Fall der Fälle immer ein paar Freikarten fürs Stadion im Handschuhfach mitzuführen. Ich habe in meiner Zeit in Bremen etwa 40 bis 50 dieser Freikarten verteilt.“

Lesen Sie auch

Eine derartige herzliche Rauhbeinigkeit scheint in den Neunzigerjahren Usus im Profikader der Werderaner gewesen zu sein. Das belegt Basler im Kurzgespräch mit Ex-Torhüter Hansi Gundelach, der sich im Publikum befindet und als Spontangast auf die Bühne bemüht wird. „Ist das Deine neue Frau neben Dir? Sollte ich so ein paar Geschichten von damals besser nicht erzählen?“, frotzelt Basler provokant. Gundelach revanchiert sich mit einem Verweis auf Baslers Disziplin: „Kein Wunder, dass Du Dich nie beim Training verletzt hast – Du hast ja nie trainiert.“

Nur einmal zeigt Basler eine weiche und sensible Facette: In der Pause durfte das Publikum via WhatsApp Fragen an den Ex-Profi richten, die er in der zweiten Halbzeit beantworten wolle. Eine Zuschauerin nutzte diese Gelegenheit, Basler dafür zu danken, bei seinen Spielen im Weserstadion ihre damalige, nunmehr überwundene Krebserkrankung vergessen zu können.

Von der Geschichte ist Basler sichtlich gerührt und bittet die Urheberin auf die Bühne. Er betont da, dass es sich bei den damaligen Vereinserfolgen um geschlossene Mannschaftsleistungen gehandelt habe und trotz der Baslerschen Allüren Teamgeist und Zusammenhalt herrschte, das gemeinsame „Über-die-Stränge-schlagen“ abseits des Spielfelds sei quasi ein Nebeneffekt gewesen: „Wir hatten damals eine Menge Spaß zusammen, wie er im heutigen Profifußball einfach nicht mehr möglich wäre.“

Zur Person

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)