Die Zahl der öffentlichen Ladesäulen für Elektroautos im Norden der Stadt ist in den vergangenen Jahren zwar gestiegen, aber nicht so schnell, wie sich manche Politiker und Verbände das vorstellen. Sie fordern mehr Tempo beim Ausbau der Infrastruktur, damit auch mehr Fahrzeuge mit E-Antrieb gekauft werden. Dabei ist die Auslastung vieler Ladesäulen so schlecht, dass sie sich kaum rechnen. Sagt der Energieversorger SWB, der zuletzt mehr Stromtankstellen geschaffen hat als andere Unternehmen in Bremen – und inzwischen entschieden hat, dass öffentliche Ladenetz erst einmal nicht mehr zu erweitern.
Es gibt Karten im Internet, die zeigen, wo E-Autofahrer im Bremer Norden ihre Wagen öffentlich aufladen können, welche Kapazität die Stationen haben und wie viele Fahrzeuge gleichzeitig Strom tanken können. Gezählt werden nämlich nicht Ladesäulen, sondern sogenannte Ladepunkte – quasi Anschlüsse. Auch die Behörde von Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne) rechnet so. Nach Angaben von Referent Michael Glotz-Richter kommt Burglesum momentan auf vier öffentliche Ladeplätze, Vegesack auf zwölf und Blumenthal auf elf. Davon sind sechs Anschlüsse sogenannte Schnelllade-Anschlüsse. Zwei weitere Ladesäulen sind fürs Mittelzentrum in Planung.
Ein Großteil gehört zum SWB-Netz. Angela Dittmer spricht von 80 Ladestandorten und 160 Ladepunkten, die der Energieversorger im Land betreibt. Und davon, dass die wenigsten ausgelastet sind. Die Unternehmenssprecherin sagt, dass zwei bis drei Ladevorgänge pro Tag und Anschluss die Regel sind, aber es mindestens acht sein müssten, damit sich der Stromtankplatz wirtschaftlich lohnt. Mehr als acht, meint Dittmer, wären natürlich noch besser. Nach ihrer Rechnung kostet die Installation einer herkömmlichen Ladesäume mit zwei Ladepunkten zwischen 15.000 und 20.000 Euro und die einer Schnellladesäule, die drei Ladepunkte hat, zwischen 40.000 und 50.000 Euro.

Die Ladesäule am Achterrut: Sie ist eine von zwölf Stromtankstellen, die es momentan in Vegesack gibt.
Die ersten öffentlichen Stromtankstellen hat die SWB vor zehn Jahren installiert, zunächst im Zentrum, später auch im Norden der Stadt. Ein Teil ihrer Ladesäulen sind auf Firmengrundstücken, ein anderer auf öffentlichen Parkplätzen. Zum Beispiel an der Landrat-Christians-Straße in Blumenthal, am Achterrut in Vegesack und an der Hindenburgstraße in Burglesum. Der Energieversorger ist Kooperationen mit Parkhausbetreibern eingegangen, aber auch mit Car-Sharing-Anbietern wie Cambio. Werden neue Standorte für die Leihfahrzeuge geplant, hat die SWB darauf geachtet, dass auch Versorgungsleitungen für die Stromzufuhr verlegt wurden.
Viele laden am Arbeitsplatz oder zu Hause
Dass gemeinsame Projekte mittlerweile immer seltener geworden sind, führt Unternehmenssprecherin Dittmer auf die geringe Auslastung der Ladesäulen zurück – und die geringe Auslastung darauf, dass E-Autofahrer für gewöhnlich am Arbeitsplatz oder zu Hause ihre Wagen laden. Nach ihrer Rechnung liegt der Anteil der Ladevorgänge, die in der Firma oder in der heimischen Garage stattfinden, bei 70 Prozent. Behördenmitarbeiter Glotz-Richter geht sogar von 85 Prozent aus. Dittmer rechnet damit, dass die Zahl noch weiter steigen wird, weil inzwischen nicht nur der Kauf eines Elektroautos vom Staat gefördert wird, sondern auch die Installation einer eigenen Ladesäule.
Der Energieversorger will sich deshalb bei der Netzplanung weniger auf öffentliche Orte konzentrieren, sondern mehr auf Quartiere, die entweder neu entwickelt werden oder so alt sind, dass sie Probleme bei der Stromversorgung für E-Autos bereiten. Wie, fragt Dittmer, soll jemand seinen Elektrowagen zu Hause aufladen, wenn er in einem Reihenhaus ohne angeschlossenes Carport wohnt? Oder in einem Mehrfamilienhaus, dessen Garagenhof nicht gleich um die Ecke ist? Die Unternehmenssprecherin glaubt, dass das einer der Hauptgründe ist, warum viele, die gerne ein E-Auto hätten, noch keines gekauft haben – neben dem anderen, der mit der Reichweite der Fahrzeuge zu tun hat.
Der ADAC findet es gut, dass der Energieversorger nach Lösungen für Bestandsbauten sucht. Noch besser fände er es allerdings, wenn die SWB dabei die öffentlichen Ladesäulen nicht außer Acht ließe. Stefan Kaemena sagt, dass die private Infrakstruktur wichtig ist, aber die öffentliche mindestens genauso. Der technische Leiter des Automobil-Clubs Weser-Ems geht davon aus, dass es immer Ladesäulen geben wird, die schlechter ausgelastet sind als andere – und davon, dass sich nach und nach immer mehr Standorte rechnen werden, weil die Zahl der E-Autos steigt. Für ihn steht fest, dass Bremen zwangsläufig mehr öffentliche Ladesäulen anbieten muss.
Damit rechnen auch andere. Zum Beispiel Behördenreferent Glotz-Richter. Er erinnert an die Zielvorgabe des Bundes, nach der bis 2030 bis zu 14 Millionen E-Autos auf den Straßen unterwegs sein sollen. Für Bremen kommt er auf 40.000 bis 60.000 Elektrowagen. Nach der Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes sind im Vorjahr stadtweit 4694 Elektro- und Hybridautos neu zugelassen worden. Damit hat sich die Zahl der E-Autos in Bremen verdoppelt.