Bremen-Nord. „Das Problem invasiver Pflanzenarten aus anderen Kontinenten fokussiert sich eigentlich auf einige wenige Arten“, sagt Andreas Tesch, Landschaftsarchitekt aus Bremen-Nord, „die haben es allerdings in sich: Denn sie können nicht nur heimische Pflanzenarten verdrängen, sondern auch ganze Lebensgemeinschaften verändern.“ Vor Kurzem hat Andreas Tesch im Auftrag der Bremer Naturschutzbehörde eine Studie erstellt, die sich mit dem Management invasiver Pflanzenarten in Bremen befasst. Es sind vor allem vier Pflanzenarten, die auch in Bremen-Nord Probleme bereiten: Japanischer Staudenknöterich aus Ostasien, Drüsiges Springkraut aus China und Indien, Riesen-Bärenklau aus dem Kaukasus und die Armenische Brombeere, gleichfalls aus der Kaukasus-Region.
Diese Arten werden in der Ökologie als „Neophyten“ klassifiziert: Pflanzen aus anderen Regionen der Erde, die inzwischen in Mitteleuropa heimisch geworden sind und von denen sich bis heute etwa 430 Arten in Deutschland etabliert haben. Einige dieser Arten sind „invasiv“, weil sie die Fähigkeit besitzen, sich schnell in bestimmten Lebensräumen auszubreiten. Ihren Schwerpunkt haben diese invasiven Neophyten in stark vom Menschen veränderten und in gestörten Biotopen, aber auch an Ufern, die regelmäßig „Störungen“ durch Hochwasser unterliegen. Doch auch in Neubaugebieten, in denen Bodenmaterial immer wieder umgearbeitet wird, oder an Straßendämmen können sie sich breitmachen. Zum besonderen Problem werden invasive Neophyten in Schutzgebieten, die eigens für die Erhaltung heimischer Tier- und Pflanzenarten ausgewiesen wurden.
„In Bremen-Nord kann vor allem der Japanische Staudenknöterich neue Lebensräume regelrecht überwuchern“, sagt Andreas Tesch. „Er hat sich zum Beispiel auf der Streuobstwiese an Knoops Wald massiv ausgebreitet.“ Der schnellwüchsige Knöterich verdrängt nicht nur heimische Pflanzen, er verändert auch den Standort, an dem er wächst: Unter seinem dichten Blätterdach bleibt es meist so dunkel, dass kaum eine andere Pflanzenart darunter wachsen kann.
An den Ufern von Bächen, Flüssen oder Teichen in Bremen-Nord ist oft auch das Drüsige Springkraut nicht weit. Es kann nicht nur, wie der Staudenknöterich, die Pflanzengemeinschaften an Gewässerrändern aufmischen, sondern auch die Ufersicherung gefährden: Seine kleinen Wurzelballen bieten bei Hochwasser kaum Schutz vor Ausspülungen. In Bremen-Nord tritt das Drüsige Springkraut besonders an der Schönebecker Aue längst in riesigen Beständen entlang von Ufern und Wegen auf.
„Diese Art mit ihren süß duftenden, purpurroten Blüten hat allerdings weniger Verdrängungspotenzial als der Staudenknöterich und lässt sich auch relativ leicht zurückdrängen“, sagt Andreas Tesch, „nicht zuletzt bietet diese Pflanze ein attraktives Blütenangebot insbesondere für Hummeln.“ Tesch zählt auch die Armenische Brombeere zu den Problemarten, die sich besonders in brach liegenden Kleingärten, aber auch in Naturschutzgebieten stark ausgebreitet hat.
Ein besonders heikler invasiver Neophyt ist der Riesen-Bärenklau, da er auch die menschliche Gesundheit gefährden kann: Die hohe Staude, deren eingelagerte Giftstoffe auf der Haut zu Entzündungen führen, wird deshalb in Bremen-Nord von der Aktionsgemeinschaft Bremer Schweiz (AGBS) in gemeinsamen Aktionen immer wieder bekämpft. „Kleinere Bestände lassen sich noch relativ kostengünstig mechanisch entfernen“, sagt Andreas Tesch, „bei größeren Beständen ist der Aufwand jedoch groß und schließt eine Nachbehandlung über mehrere Jahre ein.“
Dank des Engagements eines ehrenamtlichen Mitarbeiters der AGBS konnte der Riesen-Bärenklau im Gebiet von Bremen-Nord stark eingedämmt werden. Das ist bei den anderen Invasiven allerdings nicht der Fall: „Leider hat der Umweltbetrieb (UBB) Bremen keine Möglichkeit, Neophyten flächendeckend und gezielt zu bekämpfen“, sagt Ralf Möller vom UBB, „von uns wird besonders auf Spielplätzen der Riesen-Bärenklau zuerst angegangen, weil er für Kindern gefährlich werden kann.“
Pflanzen nicht verteufeln
Doch Neophyten kommen auch auf Flächen vor, für deren Pflege der Umweltbetrieb nicht zuständig ist, zum Beispiel der Deutschen Bahn, des Bremischen Deichverbands oder in Gebieten, die von der Hanseatischen Naturentwicklung GmbH (Haneg) betreut werden. „Ein koordiniertes Vorgehen der verantwortlichen Akteure gibt es bisher leider nicht“, sagt Ralf Möller vom UBB. Nur dann würden sich invasive Neophyten effektiv und flächendeckend eindämmen lassen.
Experten warnen jedoch davor, Neophyten generell zu verteufeln und „Ausrottungsfeldzüge“ gegen sie zu unternehmen. „Der Staudenknöterich kann zum Beispiel geschützte Dickichte ausbilden, in denen viele Singvögel brüten können, auf die Rücksicht genommen werden muss“, sagt Andreas Tesch, der deshalb dafür plädiert, ganzheitlich abzuwägen, ob eine Bekämpfung der invasiven Neophyten vor Ort wirklich sinnvoll ist. Entscheidend sei die Vorsorge, also eine regelmäßige Flächenpflege, die eine weitere Ausbreitung der Invasiven verhindert, sowie die Verwendung ausschließlich heimischer Pflanzen bei Gehölzen und Ansaaten. Und Gartenabfälle dürften auf keinen Fall auf öffentlichen Grün- und Naturflächen entsorgt werden.