Der Aufschrei um 20.35 Uhr dürfte die Zirkusmitglieder in ihren Wohnwagen an der Friedrich-Humbert-Straße aus den Fernsehsesseln gerissen haben. Und auf dem Rasenplatz des Oeversbergs herrschte eine wochenlang vermisste Jubelstimmung. Gerade hatte Muhammet Özkul in der vierten Minute der Nachspielzeit das kaum noch für möglich gehaltene 3:2 im Landesliga-Nachholspiel gegen OT Bremen erzielt und damit die rund neunwöchige Sieglosserie seiner Mannschaft beendet. Noch schwer atmend sprach Spielertrainer Jan-Philipp Heine am Donnerstagabend nach dem Schlusspfiff in der 98. Minute von einem ungemein wichtigen Erfolg. Den man unbedingt gewollt, der aber in der Schlussphase auf der Kippe gestanden habe.
Der Grund dafür, dass die bis zur 78. Minute mit 2:0 führenden Nordbremer noch arg in Bedrängnis gerieten, ereignete sich eine Viertelstunde vorher. Da verwies Schiedsrichter Christoph Kluge Grohns torgefährlichsten Angreifer Milan Meyer, der einmal mehr weite Wege zurückgelegt hatte, nach einem Zweikampf mit einem Osterholzer Gegenspieler mit der gelb-roten Karte des Feldes. Eine arge Schwächung für das Team von Jan-Philipp Heine, wie auch Grohns Co-Trainer Nevzat Tokatli analysierte. Meyer hatte die Gastgeber früh in Führung gebracht. Nach einem Einwurf drang er mit dem Ball am Fuß in den Strafraum ein und ließ dem Osterholzer Keeper Eduard Bondank mit einem platzierten Schrägschuss ins lange Toreck keine Abwehrchance (8.). Ein Treffer, der sich schon vorher angedeutet hatte, als Jeremy Boxberger mit einem Schussversuch am OT-Schlussmann scheiterte und Jan-Philipp Heine den Ball über den Querbalken drosch.
Nach dieser durchaus druckvollen Anfangsphase der Grohner verflachte ihr Spiel allerdings. Immer häufiger schlichen sich Abspielfehler ein, die das Selbstbewusstsein des Gegners stärkten, der nun auch im Mittelfeld das konstruktivere Aufbauspiel zeigte. Immer öfter stand der Grohner Torwart Batuhan Celik im Mittelpunkt des Geschehens. Der indes in der 25. Minute Glück hatte, dass Kevin Kujawa den Ball noch von der Torlinie schlagen konnte. Überhaupt versuchten die Gastgeber nun häufiger, mit langen Bällen zum Zuge zu kommen. In der 38. Minute war es soweit. Der Ball landete bei Benjamin Samorski auf der rechten Angriffsseite, der sich nicht mehr von ihm trennen ließ und mit einem Schuss ins rechte Toreck auf 2:0 für die Nordbremer erhöhte (38.)
Und kurz nach dem Anpfiff zur zweiten Halbzeit hätte Sezer Aydin auf 3:0 erhöhen und den Sack zumachen können, wie sich die Zuschauer einig waren. Doch aus sechs Metern Entfernung wuchtete der Grohner Mittelfeldakteur den Ball über das Tor in den Abendhimmel (47.). Nach dem Platzverweis für Milan Meyer verloren die Grohner jedoch mehr und mehr die Kontrolle. Nun brannte es nahezu im Minutentakt vor dem Kasten des vielbeschäftigten Batuhan Celik, der allerdings auch nach einem Zusammenprall mit einen OT-Spieler und kurzer Behandlung die Übersicht behielt. Die beiden Gegentore in der 78. und 85. Minute durch Ahmet Derin jeweils vom Elfmeterpunkt konnte er jedoch nicht verhindern. Wobei der zweite Strafstoß umstritten war, hatte der Ball bei einem OT-Schuss doch den angelegten Arm von Jeremy Boxberger getroffen.
In den Schlussminuten standen die Grohner mit dem Rücken an der Wand, während die Ostbremer Angriffswellen im Minutentakt inszenierten, um mit drei Punkten nach Hause zu fahren. Dabei verlässigten sie allerdings ihre Abwehr, was der in der 73. Minute eingewechselte Muhammet Özkul schließlich zu einem erfolgreichen Konter nutzte. Auf der rechten Außenbahn stürmte er dem OT-Tor entgegen und vollendete souverän zum 3:2-Siegtreffer (90.+4). Jan-Philipp sprach anschließend von einem Wellental der Gefühle, durch die seine Mannschaft gegangen sei, ihren Kampfgeist aber nie verloren habe. Und natürlich sei zum Schluss auch ein wenig Glück zum Sieg nötig gewesen, sagte Nevzat Tokatli.