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Meine Woche Entscheidungen sind nicht immer schwarz oder weiß

Mathis Kisser (22) ist seit sieben Jahren Fußball-Schiedsrichter beim SV Grohn. Der Student erlebte als sportliches Highlight das Bremer Lottopokal-Finale 2017 als Assistent an der Linie.
13.11.2018, 16:27 Uhr
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Von Karsten Hollmann

Mittwoch, 7. November: Überraschend fallen alle meine Veranstaltungen an der Uni aus. Ich kann deshalb ausschlafen und treffe mich mittags mit einem Kumpel, der einen Kleingarten hat. Dort genießen wir das gute Wetter und verbringen den Tag auf der Terrasse im Strandkorb. Es ist fast ein bisschen wie ein Kurzurlaub. Abends schaue ich mir dann das Fußball-Champions-League-Spiel zwischen Benfica Lissabon und Ajax Amsterdam an, da Ajax international mein Lieblingsklub ist. Dabei kann man sich einmal mehr auf den Streaming-Dienst DAZN verlassen, der meiner Meinung nach der Sportsender der Zukunft ist und durch ein günstiges und attraktives Angebot vor allem die junge Generation anspricht. Sky ist dagegen einfach zu teuer und bietet nicht einmal alle Spiele der Fußball-Bundesliga an.

Donnerstag, 8. November: Auf mich wartet ein langer Tag an der Uni von 8 bis 18 Uhr. Ich studiere derzeit im ersten Semester im Master-Studiengang Medical Biometry/Biostatistics an der Uni Bremen, nachdem ich im Sommer meinen Bachelor in Public Health (Gesundheitswissenschaften) absolviert habe. In meinem Master geht es vor allem darum, klinische Studien und Arzneimittelzulassungen statistisch zu begleiten und auszuwerten. Ich merke dabei, dass die Institution Universität immer mehr schulische Züge annimmt. Meiner Meinung nach sollten Studierende mehr Möglichkeiten haben, sich das Studium selbst einzuteilen und zu forschen und nicht zum Lösen irgendwelcher Übungsblätter gezwungen werden. Zu Hause schaue ich mir noch ein Eishockey-Spiel im Fernsehen an. Neben Fußball mag ich nämlich auch Eishockey und Handball. Besonders gefällt mir an diesen Sportarten, dass sich nach jedem Spiel uneingeschränkt Respekt gezollt wird.

Freitag, 9. November: Ich habe freitags meist frei. Da ich am Wochenende normalerweise als Schiedsrichter, Assistent oder Schiedsrichter-Beobachter im Einsatz bin, taugt der Freitag ganz gut für andere Dinge. Nach einem ausgiebigen Frühstück besuche ich den Freizeittreff Friedehorst, wo ich vor meinem Studium ein freiwilliges soziales Jahr absolviert habe. Mit meinen ehemaligen Kolleginnen Ute Osterloh und Steffi Schwirtlich verbringe ich deren Mittagspause. Anschließend bleibe ich direkt auf dem Gelände. Ich arbeite neben dem Studium in einer Wohngruppe in Friedehorst und betreue Menschen mit Behinderungen. Mit meinen Kolleginnen steht die Urlaubsplanung für das kommende Jahr an. Ich würde mir wünschen, dass sich mehr (junge) Menschen sozial und zivilgesellschaftlich engagieren. Projekte gibt es genug, sei es im Sportverein, Arbeit mit Geflüchteten oder Menschen mit Beeinträchtigungen. Im Anschluss treffe ich mich noch mit einem Kumpel und verbringe den Abend gemeinsam mit seiner WG. Ich bin aber relativ zeitig wieder zu Hause, um fit für das Wochenende zu sein.

Sonnabend, 10. November: Ich bin am Burgwall beim Bezirksliga-Spiel zwischen dem Blumenthaler SV II und der Leher TS II als Schiedsrichter-Beobachter eingeteilt. Einige Akteure laufen bereits zu früher Stunde heiß und machen es dem jungen Schiedsrichter Noah Müller nicht leicht. Das Verhalten mündet letztlich auch in zwei vollkommen berechtigten Platzverweisen für die Gäste. Im Anschluss an die Partie gebe ich Noah ein Feedback. Wir sprechen einige Situationen noch einmal durch. Insgesamt bin ich mit seiner Leistung zufrieden, weil er gut mit den Spielern kommuniziert und trotz der aufgeheizten Stimmung die Ruhe behalten hat. Nachmittags schaue ich mir auf der Coach die Bundesliga an. Nachdem ich bisher bei allen Heimspielen von Werder Bremen im Stadion war, gucke ich das erste Mal von zu Hause und ärgere mich über die 1:3-Niederlage. Dafür entschädigt im Anschluss das Spitzenspiel zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München. Dabei handelt es um eines der besten Bundesligaspiele der letzten Jahre, das in Manuel Gräfe auch einen starken Spielleiter hat.

Sonntag, 11. November: Morgens schreibe ich die Beobachtung vom gestrigen Spiel, die Noah im Anschluss zugeschickt bekommt. Gegen 12.30 Uhr werde ich abgeholt, da ich mit Tobias Mañasco und Dominik Minke im Gespann beim B-Jugend-Regionalligaspiel zwischen dem SV Meppen und Werder II im Einsatz bin. Die zweistündige Anreise verläuft ohne Probleme, sodass wir bestens vorbereitet in die Partie gehen. Das Spiel verläuft äußerst fair. Die Spieler beschäftigen sich nicht so sehr mit den Schiedsrichterentscheidungen. So kommen wir auch ohne Verwarnungen aus und halten uns im Hintergrund. Solche Spiele machen als Schiedsrichter am meisten Spaß, wenn man merkt, dass man bei den Akteuren und Zuschauern nicht groß auffällt. Werder gewinnt das gute Spiel letztlich mit 2:0. Nach Abpfiff sind die Schiedsrichter wie so oft die Letzten, die den Spielort verlassen. In Bremen gehen wir im griechischen Restaurant Sparta zusammen noch etwas essen.

Montag, 12. November: Ich besuche am Nachmittag eine Vorlesung an der Uni. Normalerweise bin ich immer mit öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Fahrrad unterwegs. Heute nutze ich aber ausnahmsweise das Auto meiner Eltern, weil ich im Anschluss schnell am Gustav-Heinemann Bürgerhaus in Vegesack sein muss. Dort treffe ich mich mit den anderen Mitgliedern des Kreisschiedsrichter-Ausschusses Volker Seekamp, Sebastian Berger und Michael Vogt. Ich engagiere mich im KSRA mittlerweile seit rund zwei Jahren und übernehme auch Schiedsrichter-Ansetzungen im Junioren- und Frauen-Bereich. Oft ist es nicht so leicht, Studium, Freunde und Hobby unter einen Hut zu bekommen. Aber ich glaube, mir gelingt es häufig recht gut. Wir planen gemeinsam den morgigen Lehrabend und bereiten uns auf einen anstehenden Termin mit der Presse vor. Zu Hause telefoniere ich noch mit meiner Schwester Nele, die im Schwarzwald studiert. Anfang Dezember werde ich sie dort besuchen.

Dienstag, 13. November: Ich besuche die letzte Vorlesung zu medizinischen Grundlagen. Dann steht im Bürgerhaus in Vegesack unser monatlicher Schiedsrichter-Lehrabend an. Lehrwart Volker Seekamp beginnt mit dem inhaltlichen Thema des Abends: Abseits. Dabei schauen wir uns auch Videoszenen an, bei denen es nicht selten zu Diskussionen kommt. Das zeigt, dass es bei Schiedsrichterentscheidungen nicht immer nur schwarz und weiß gibt. Oft lassen sich mehrere Blickwinkel auf eine Szene finden. Das macht unseren Sport und die Arbeit als Schiedsrichter sehr spannend. Danach besprechen wir die vorliegenden Beobachtungen. Da ist von der Regionalliga über die Jugend-Bundesligen bis zur Kreisliga alles dabei. Als kleinster Fußball-Kreis Deutschlands sind wir mit Sven Jablonski (Bundesliga) und Timo Hippel (Regionalliga) auch höherklassig sehr gut aufgestellt. Die beiden bringen sich auch immer wieder mit in die Lehrarbeit ein. Im Anschluss an den offiziellen Teil des Abends geht es noch auf ein Bier in die Kneipe „Pinökel“.

Lea Ulrich, die Nachwuchsspielerin aus der Badminton-Abteilung der SG Aumund-Vegesack, wird als Nächste über ihre Woche berichten.

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Mathis Kisser (22)

ist seit sieben Jahren Fußball-Schiedsrichter beim SV Grohn, dem er bereits seit 2009 angehört. Der Student der Medical Biometry/Biostatistics an der Uni Bremen erlebte als sportliches Highlight das Bremer Lottopokal-Finale 2017 als Assistent an der Linie.

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