Grohn. Die Jacobs University ist nicht nur ein Lernort für junge Erwachsene, sondern auch für Grundschüler. Regelmäßig kommen Kinder aus den Nordbremer Stadtteilen auf den Campus, um dort den sicheren Umgang mit dem Fahrrad zu erlernen. Angeleitet werden sie dabei von Gerhard Thielbar. Der Vorsitzende der Verkehrswacht Bremen-Nord hat die Jugendverkehrsschule im vergangenen Jahr gemeinsam mit Verena Nölle vom Schulexpress gegründet.
„Könnt ihr eigentlich alle Radfahren?“, fragt Thielbar die Viertklässler der Grundschule Fährer Flur an diesem kühlen Vormittag. „Ja“, antworten die Kinder im Chor. „Falls ihr trotzdem etwas noch nicht hundertprozentig hinbekommt, ist das kein Problem“, beruhigt er die Klasse. „Ihr seid ja hier, um zu üben.“ Doch bevor die Schüler auf die Fahrräder steigen, prüft Thielbar zunächst bei jedem einzelnen Kind den Helm. „Bei Dir sehe ich sofort, dass der Helm zu locker ist“, sagt er. „Wenn der Helm nicht richtig sitzt, dann schützt er euch bei einem Unfall nicht, weil er euch dann vom Kopf fliegt.“
Die Praxisstunden in der Jugendverkehrsschule bereiten die Kinder genauso wie die Unterrichtseinheiten in der Schule auf ihre Radfahrprüfung vor. „Den Fahrradführerschein gibt es nicht mehr“, erzählt Thielbar. „Stattdessen bekommen die Eltern eine schriftliche Beurteilung, die ihnen zeigt, auf welchem Stand ihre Kinder sind und wo es noch Förderbedarf gibt. Die Beurteilung ist einfach viel individueller als der Fahrradführerschein.“
Um die Schüler bestmöglich auf die Prüfung vorzubereiten, übt Thielbar in der Jugendverkehrsschule verschiedene Situationen mit den Kindern. „Wenn ihr zum Beispiel nach links abbiegen wollt, dann müsst ihr den linken Arm ausstrecken, damit die anderen Verkehrsteilnehmer wissen, dass ihr abbiegen wollt. Das üben wir jetzt mal“, sagt Thielbar. Nacheinander fahren die Kinder los und strecken jedes Mal den Arm aus, wenn sie an einem der beiden Pylonen abbiegen. „Leute, ich bin begeistert. Ihr macht das ganz toll“, lobt Thielbar die Kinder.
Nicht ganz so zufrieden ist er mit dem Schulterblick, der Teil einer weiteren Übung der Verkehrsschule ist. „Nur ein paar von euch haben das richtig gemacht. Ihr müsst den Kopf richtig nach hinten drehen, damit ihr seht, was hinter euch los ist, erklärt Thielbar. Deshalb übt er den Schulterblick ein weiteres Mal mit den Kindern. Dieses Mal hält er eine farbige, runde Scheibe in die Luft. Während die Kinder fahren, müssen sie sich umdrehen und ihm die Farbe der Scheibe zurufen. „Das habt ihr gut gemacht“, freut sich Thielbar bei diesem Durchgang.
Ball in den Korb
Zeitgleich fährt ein Teil der Klasse auf dem Parcours, der am südlichen Campus Ring aufgebaut ist. Begleitet werden sie dabei von Hans Hermann Wittgrefe, der sich wie Gerhard Thielbar ehrenamtlich bei der Verkehrswacht Bremen-Nord engagiert. Damit die Kinder wissen, worauf sie achten müssen, geht Wittgrefe die Strecke zunächst zu Fuß mit ihnen ab. „Hier müsst ihr eine Acht fahren, und keine Sechs, keine Neun und keine Null“, erklärt er. „Und an diese Station müsst ihr langsam heranfahren. Dann nehmt ihr euch einen Ball und legt ihn da vorne in den Korb hinein.“
Nachdem die Jungen und Mädchen den Parcours kennen, fahren sie ihn mit dem Fahrrad ab. Dabei werden sie von Wittgrefe genau beäugt. Läuft etwas nicht so, wie es sein soll, weist er die Kinder auf die Fehler hin und erklärt jedem einzelnen im Detail, wie sie die Hürde richtig meistern.
Das Kollegium der Grundschule Fährer Flur nutzt die Jugendverkehrsschule regelmäßig. „Es ist schön, dass es dieses Angebot in Bremen-Nord gibt“, sagt Klassenlehrerin Danja Baasch. „Als es die Verkehrsschule hier noch nicht gab, haben wir das Fahrradfahren immer auf dem Schulhof mit den Kindern geübt.“ Die Materialien dafür hätten sie dafür zusammengesucht und selbst einen Besen für die Radfahrausbildung genutzt. „Not macht erfinderisch“, sagt sie.
Bevor die Jugendverkehrsschule in Grohn eröffnet wurde, gab es in Bremen nur einen Übungsplatz in der Vahr, auf dem Kinder das Fahrradfahren lernen konnten. „Den Platz in der Vahr haben wir aber nie genutzt. Der Weg ist einfach zu weit. Da wären wir viel länger unterwegs gewesen, als die Kinder Zeit auf dem Fahrrad verbracht hätten“, sagt Baasch.
Im Frühjahr nächsten Jahres steht die Radfahrprüfung für die Klasse 4a an. Bis dahin werden sie die Themen der Jugendverkehrsschule weiter im Sachkundeunterricht vertiefen. „Übt das noch mal, was wir hier heute gemacht haben“, gibt Thielbar den Kindern mit auf den Weg. „Wenn ihr etwa den Schulterblick bei der Prüfung vergesst, fallt ihr durch. Macht das nicht für die Radfahrprüfung, sondern für euch, damit ihr sicher und ohne Unfälle unterwegs seid.“