Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Jubiläum in Burglesum Faire Waren auf sechs Tapeziertischen

Seit 25 Jahren verkauft die evangelische Kirchengemeinde St. Magni in Bremen-Nord fair gehandelte Kleidung, Schmuck und Lebensmittel. Der komplette Erlös geht in das westafrikanische Togo.
07.04.2019, 18:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Imke Molkewehrum

St. Magnus. Die Kassenschlager sind Seidentücher und Kaschmir-Schals aus Indien, Schmuck aus Südamerika und Afrika sowie gefilzte Taschen aus Kambodscha. Alles fair gehandelte Artikel, die den Produzenten in den Erzeugerländern gerechtere Löhne garantieren. Angeboten werden die Waren bereits seit 25 Jahren in der evangelischen Kirchengemeinde St. Magni. Dieses Jubiläum ihres „Eine-Welt-Ladens“ haben die Gemeindeglieder jetzt mit einem Festgottesdienst gebührend gefeiert.

Heidi Miller erinnert sich mit Begeisterung an den Anfang. „Viele kleine Schritte führen zum Ziel, und wir wollten damals zu einer guten Welt beitragen“, sagt die 71-jährige ehemalige Lehrerin. Animiert wurde sie vor 25 Jahren durch den damaligen Pastor Erich Viering, der bis 1992 in der Gemeinde tätig war. „Er hat uns in jeder Predigt ermuntert, über den Tellerrand zu gucken.“

1993 sei dann die Idee für den Eine-Welt-Laden entstanden. Hier sind die Lieferverträge streng an soziale und ökologische Auflagen geknüpft. Garantiert sind unter anderem der umweltschonende Anbau und die Produktion ohne Kinderarbeit. „Und die Hersteller der Produkte bekommen garantiert das Geld, das ihnen zusteht, immer denselben Preis – unabhängig vom Weltmarktpreis“, betont Heidi Miller. Dazu sei der Importeur verpflichtet. Den Reingewinn aus dem Verkauf der Fair-Trade-Produkte spendet die Gemeinde über die Norddeutsche Mission immer an Hilfsprojekte im westafrikanischen Togo, beispielsweise für Wiederaufforstungen oder den Bau von Brunnen.

„Der Kirchenvorstand war vor 25 Jahren allerdings sehr zögerlich. Der Eine-Welt-Laden war ihm zu alternativ, mal vorsichtig ausgedrückt“, sagt Marianne Koswig, die sich schon seit Beginn – mittlerweile also 25 Jahre – mit Leidenschaft für das Projekt engagiert. „Damals gab es noch nicht viele Läden, vielleicht waren wir sogar Vorreiter in Bremen-Nord“, sagt die 87-Jährige und erzählt: „Wir sind dann immer zu den Veranstaltungen in der Gemeinde getingelt und haben unsere Tapeziertische aufgebaut, um unsere Produkte zu präsentieren.“

Die agile Seniorin huscht kurz aus dem Raum. Bei ihrer Rückkehr trägt sie eine gewebte, dunkelblaue Weste mit farbenfrohen Patchwork-Applikationen. Das Modell stammt aus Guatemala und gehört zu der ersten Kollektion, die in St. Magni angeboten wurde. Koswig: „Ich habe sie mir damals gekauft und finde sie nach wie vor richtig schön. Außerdem habe ich noch viele andere Westen und Gürtel.“

Andere Gemeinden hätten inzwischen schon feste Verkaufsstände, aber wir müssen heute noch jeden Montag sechs Tapeziertische aufbauen und mit den Waren dekorieren“, erklärt Marianne Koswig. „Neulich haben wir an einem Morgen 290 Euro eingenommen. Es können aber auch mal nur 30 Euro sein.“ Im Angebot sind neben Tüchern, Kleidung und Schmuck auch Kaffee, Tee, Honig, Zucker und Süßigkeiten.

Die Kunden seien meist ältere Menschen, die von der Tagesstätte zum Sport in der Gemeinde kommen oder Passanten, die durch das Schild vor dem Gemeindehaus aufmerksam werden. „Die Mütter und Väter der Kindergartenkinder kommen leider gar nicht.“ Besonders gut laufe es dagegen bei den Basaren in den Seniorenresidenzen St. Ilsabeen und Blumenkamp.

Die handgemachten Artikel konnte der Eine-Welt-Laden schon kurz nach der Gründung direkt an der Verteilerstelle „Eine-Welt-Aktion-Bremen“ in der Bremer Neustadt abholen. „Damals haben wir die Produktpalette auch auf Lebensmittel wie Kaffee, Tee, Honig und Schokolade aus aller Welt erweitert“, erläutert Heidi Miller. „In den Supermärkten gab es derlei Artikel damals noch nicht.“

Inzwischen gehören auch fair gehandelte Weine, Kekse und Konfitüre sowie Schürzen und Geschirrhandtücher zum Programm. Beim Ankauf geht die Kirchengemeinde St. Magni in Vorkasse und rechnet die Einnahmen direkt nach dem Verkauf der Waren ab. Die Gewinne werden gespendet. Derzeit kostet das teuerste Produkt 39,90 Euro. Es ist ein 190 Zentimeter langer Seidenschal aus Nepal.

Heidi Miller blättert im aktuellen Katalog der Deutschen Welthungerhilfe. Hier sind viele Kleidungsstücke im Angebot. „Wenn jemandem daraus etwas gefällt, können wir es auch bestellen“, betont Marianne Koswig. „Hinhängen können wir uns die Kleidung natürlich nicht. Wir haben aber schöne Ponchos.“ Waren, die in der Verteilerstelle ankommen, holt die Nordbremerin gemeinsam mit ihrer Freundin per Auto ab. „Wir bringen dann auch die Artikel zu den anderen Eine-Welt-Läden in Bremen-Nord.“

Für die Zukunft erhofft sich Marianne Koswig, „dass die Welt friedlich bleibt und friedlicher, fairer Handel möglich ist“. Heidi Miller ergänzt: „Ich hoffe, dass es nicht mehr nötig ist, faire Produkte speziell anzubieten, sondern dass es generell nur noch fairen Handel gibt.“ Dies sei zwar ein utopischer Wunsch, „aber ich lasse mich gern belächeln“.

Der Eine-Welt-Laden offeriert jeweils montags (außer an Feiertagen) von 9 bis 11 Uhr seine Produktpalette im Foyer des Gemeindezentrums St. Magni, Unter den Linden 24.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)