In der Vergangenheit gab es immer wieder Beschwerden über die Zustände in der Erstaufnahmeeinrichtung in der Lindenstraße, etwa im Umgang mit der Corona-Pandemie. Einen Ansprechpartner hatten die Bewohner in diesen Fällen bisher aber nicht. Deshalb hat die Sozialbehörde nun eine Ombudsstelle eingerichtet, die am 1. September ihre Arbeit aufnimmt. Fühlen sich die Menschen etwa von Mitarbeitern diskriminiert oder gibt es andere Probleme, können sie sich künftig an die Ombudsperson wenden. Kommissarisch bis zum Ende des Jahres wird Fuat Kamçılı diese Tätigkeit übernehmen, der sich als Mitarbeiter des Sozialressorts schon jetzt um die Belange von Migranten kümmert.
„In meiner Funktion als Ombudsperson bin ich weisungsungebunden“, sagt Fuat Kamçılı. Das sei wichtig, damit er bei seiner Arbeit unabhängig ist. Zudem habe er die Möglichkeit, die Erstaufnahmeeinrichtung jederzeit zu besuchen, um sich selbst ein Bild von der Situation machen zu können.
Fälle von Diskriminierung
In erster Linie wird er sich bei seiner Arbeit um Fälle von Diskriminierung kümmern. „Wenn sich jemand diskriminiert oder benachteiligt fühlt, bin ich der Ansprechpartner für die Bewohner“, sagt er. Die Menschen sind neu in Bremen und müssten sich selbst erst einmal orientieren. Dabei könnten neben Diskriminierung und Mobbing auch andere Probleme auftreten. „In diesem Umfeld bewegt sich unser Angebot. Da kann es Unzufriedenheiten oder Ärger geben, angefangen beim Essen bis hin zu hygienischen Mängeln, wie etwa einer dreckigen Toilette“, erzählt er.
Bei der Lösung der Probleme ist er auf die Hilfe der Mitarbeiter in der Erstaufnahmestelle angewiesen. „Die Informationen der Kolleginnen und Kollegen vor Ort sind ganz wichtig, damit sie Beschwerden, die leicht abstellbar sind oder sich nicht mit dem Themenfeld Diskriminierung befassen, vorsortieren können. Da ist ein gutes Miteinander sehr wichtig“, sagt er.

Baut die
Ombudsstelle auf und leitet sie kommissarisch: Fuat Kamçılı.
Für die Gespräche mit den Bewohnern werde sowohl in der Erstaufnahmestelle in der Lindenstraße als auch in der Alfred-Faust-Straße jeweils ein Beratungsraum eingerichtet. Zu festen Sprechzeiten einmal in der Woche haben die Menschen dann die Möglichkeit, ihre Probleme mit Kamçılı zu besprechen. „Außerdem versuchen wir, im Bürgerhaus Vegesack zu bestimmten Zeiten, zusätzlich zu den Terminen in der Lindenstraße, einen externen Zugang zu ermöglichen“, erzählt Kamçılı, der in Bremen-Nord aufgewachsen ist. Dieses Angebot außerhalb der Erstaufnahmestelle richte sich an Personen, die eine größtmögliche Anonymität bei der Beratung wünschten.
Zusätzlich zum persönlichen Gespräch während der Sprechzeiten können sich die Bewohner telefonisch oder schriftlich an Fuat Kamçılı wenden. Dafür seien bereits Briefkästen in den Einrichtungen aufgehängt worden. Zudem sei geplant, auf der Internetseite der senatorischen Behörde ein Kontaktformular einzurichten, über das die Menschen ihr Anliegen künftig auch bei der Ombudsstelle einreichen können. „Darüber hinaus können auch die Kolleginnen und Kollegen, die vor Ort in der Einrichtung sind und mit Infoveranstaltungen zu der Tätigkeit der Ombudsstelle informiert werden, an mich verweisen“, erzählt Kamçılı.
Wünsche der Beschwerdeführer sollen erkannt werden
Gelöst werden die Probleme der Bewohner durch Gespräche. „Die Vorfälle werden in einem ersten Gespräch beschrieben“, sagt er. Dabei ginge es darum, den Wunsch des Beschwerdeführers zu erkennen. Anschließend würden entsprechende Maßnahmen eingeleitet, um Abhilfe zu schaffen. „Sollte die Beschwerde berechtigt sein, suche ich die Arbeitsbereiche und die dort handelnden Personen auf und bitte sie, die Missstände zu beseitigen“, berichtet er.
Allerdings kann er sich nicht in allen Bereichen für die Menschen stark machen. „In der Situation, in der sich die Bewohner befinden, ist es natürlich wichtig, den Aufenthaltsstatus zu verfestigen. Das ist aber ein Bereich, den ich nicht bearbeiten kann“, betont Kamçılı. Würden die Menschen von den dafür zuständigen Behördenmitarbeitern allerdings benachteiligt, diskriminiert oder ausgegrenzt, sei er hingegen schon Ansprechpartner, um die Situation zu klären. „Ich kann aber keine Auskunft zu aufenthaltsrechtlichen Fragen oder zu dem Verfahren geben. Da muss ich auf die Verfahrensberatung verweisen.“
Das Thema Diskriminierung beschäftigt ihn schon jetzt als Mitarbeiter der senatorischen Behörde für Soziales. „Im Rahmen meiner Tätigkeit bin ich ohnehin für Diskriminierungsfragen zuständig und berate unter anderem Personen mit Migrationshintergrund, die diskriminiert werden“, sagt er. Deshalb sei man auch auf ihn zugekommen und habe ihn gefragt, ob er die Position der Ombudsperson vorübergehend übernimmt. Allerdings wird er seine vorherigen Aufgaben auch in Zukunft ausüben, parallel zu seiner Tätigkeit in der Ombudsstelle.
„Diese Tätigkeit ist als schnelle Maßnahme gedacht, um die Ombudsstelle aufzubauen. Wir möchten ab Januar nächsten Jahres eine neue Person für diese Stelle einsetzen und ich mache das als Mitarbeiter des Ressorts zum Aufbau der Stelle“, erläutert er. Zeitgleich ginge es darum, während der Arbeit Erfahrungen zu sammeln, um etwa sinnvolle Beschwerdewege zu gestalten. „Das ist sozusagen Learning by Doing vor Ort in der Einrichtung, um ein gutes System aufzusetzen“, sagt Kamçılı.