Ein konkretes Saisonziel hat Björn Krämer extern nie ausgegeben. Und auch in der Winterpause macht der Trainer des Fußball-Bremen-Ligisten SG Aumund-Vegesack einen Bogen um dieses Thema. Allerdings kündigt der 40-Jährige an, sich beim Trainingsauftakt am Dienstag, 4. Januar, mit den Spielern über das Thema unterhalten zu wollen.
Ein Gespräch, das Optimisten wie Pessimisten viel Spielraum bietet. Denn in einer Bremen-Liga mit 18 Mannschaften und minimal vier Absteigern ist der Weg aus dem Mittelfeld in die Abstiegszone für die SAV ähnlich kurz wie ins obere Drittel. In Zahlen: Den Tabellenzehnten SAV trennen nur fünf Punkte von Abstiegsplatz 15, andererseits ist beispielsweise Rang fünf auch nur sechs Zähler entfernt. "Es kann schnell in die eine oder andere Richtung gehen", hat Björn Krämer in einer Hinrunde festgestellt, in der viele Vereine nach der langen Corona-Pause mit Verletzungsproblemen oder beruflichen Unabkömmlichkeiten zu kämpfen hatten. "Von Spieltag zu Spieltag gab es in den Teams viele personelle Änderungen", hat Krämer beobachtet und weiß davon auch selbst ein Lied zu singen.
Der SAV-Trainer verbindet mit den bisherigen Problemen allerdings auch die Hoffnung, dass ihm Leistungsträger wie Lokman Abdi, Abdullah Basdas, Enes Sarikaya oder Alexander Schlobohm öfter oder gar regelmäßig zur Verfügung stehen werden. Denn dann könne die SAV nicht nur eine Rückrunde absolvieren, in der sie ohnehin meist erfolgreicher als in der Hinrunde sei. Sie könne mit entsprechender Konstanz laut Krämer sogar eine extrem erfolgreiche Saison spielen.
Wenig erfolgreich gestaltete sich der Einstieg in die Saison. "Die drei Niederlagen waren erst einmal ein Brett", blickt Björn Krämer auf das 0:2 gegen Vatan Spor, das 1:2 gegen Habenhausen und das 1:3 gegen Komet Arsten zurück. Und verhehlt nicht, dass da schon der eine oder andere Punkt eingeplant gewesen war. Das Paradoxe an dem Fehlstart: die SAV hatte in den Partien hohe Ballbesitzphasen, über weite Strecken die Spielkontrolle, Chancen in Hülle und Fülle und ging trotzdem leer aus. "Ich bin froh, dass wir die Ruhe behalten haben", erinnert sich Krämer an die Last der ersten Wochen.
Saisonphase zwei konnte sich auch von den Ergebnissen her sehen lassen. In sieben Partien gingen die Nordbremer nur einmal als Verlierer vom Platz – gegen Titelanwärter Bremer SV setzte es ein 0:6. "Aber das haben wir so abgeschüttelt", lobt Krämer seine Truppe, die am Spieltag darauf das Prestige-Duell gegen den Blumenthaler SV mit 2:0 für sich entschied und danach auch gegen Schwachhausen einen Punkt sammelte (2:2). In diesem Abschnitt der Saison zeigte sich bereits, dass sich der 22-jährige Fahrudin Ramic mehr und mehr in den Vordergrund spielte. Er überzeugte auf der rechten Verteidigerposition ebenso wie als Innenverteidiger und gab auch im Angriff eine gute Figur ab. "Er ist auf jeden Fall eine Option für vorne", sagt Krämer über Ramic, der für ihn neben Ex-Sprinter Fabian Linne, der zum besten SAV-Torschützen avancierte, die Überraschung der Hinrunde ist.
Die folgenden Wochen lieferten verrückte Spiele mit entsprechend verrückten Ergebnissen. Zwischen der Punktspielniederlage (2:3) und dem Pokal-Aus gegen den OSC Bremerhaven (2:4) lag nämlich das 5:4 gegen SFL Bremerhaven, in dem sich die SAV nach 1:0-, 2:1- und 4:3-Führung zu einem 5:4 in der Nachspielzeit zitterte. Und weil das späte Glück anscheinend so viel Spaß gemacht hatte, legte die SAV ein 5:4 gegen die SV Hemelingen nach. Die Spielverläufe ähnelten sich allerdings nur hinsichtlich der Happy Ends in der Nachspielzeit. Denn zuvor hatte die SAV nach einem scheinbar uneinholbaren 4:0-Vorsprung noch den Ausgleich schlucken müssen. "Hemelingen war die Krönung", spricht Björn Krämer eine unliebsame Begleiterscheinung der Hinrunde an. Er meint die Partien, in denen die Nordbremer in Führung gingen und aus dieser kein Selbstbewusstsein entwickelten, sondern – im Gegenteil – unsicher wurden. Und am Ende eben nicht, wie gegen gegen SFL und Hemelingen geschehen, dreifach punkteten.
Natürlich suchte Björn Krämer mit seinem Trainerteam nach der Ursache für dieses Phänomen, doch wirklich ergründen ließ es sich nicht. "Dafür haben wir eigentlich zu viele erfahrene Leute", konnte sich Krämer nur wundern. Was also blieb, waren Spielformen im Training, die dem Problem entgegenwirken sollten. Krämer: "Wir haben Spielformen gemacht, wo alle sozusagen permanent online im Kopf sein müssen." Abschalten verboten also. Die schnelle Wirkung blieb bislang aus, denn am finalen Hinrundenspieltag kassierte die SAV nach einer 1:0-Führung eine 2:4-Niederlage gegen Geestemünde.
Mit Rückkehrern, die beruflich bedingt und wegen Verletzungen fehlten, wird Björn Krämer sicherlich auch an dieser Baustelle weiter arbeiten, wenn er am Dienstag, 4. Januar, zum Trainingsauftakt bittet. In der Zeit bis zum 29. Januar, wenn der Rückrundenauftakt gegen Habenhausen auf dem Programm steht, will er maximal vier Testspiele bestreiten und sich in erster Linie auf die Trainingseinheiten fokussieren. Und sein Team in der Vorbereitung darauf einstimmen, sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, den Weg ins obere Tabellendrittel und nicht in die Abstiegszone anzutreten. Gelingen soll das im Zusammenspiel der "hohen Qualität im Kader" (Krämer), der Leidenschaft und der Kampfbereitschaft. Angesichts des Potenzials sollte damit zu rechnen sein, dass sich die Optimisten bei der späten Festlegung des Saisonziels durchsetzen werden.