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Ex-Werderaner Borowka steht Rede und Antwort Fußballprofi mit Alkoholsucht

Als ehemaliger Werderprofi kann Uli Borowka in Bremen auch heute noch auf eine treue Gefolgschaft zählen. Entsprechend gut besucht war auch das Vegesacker Gewoelbe, wo Borowka am Sonnabendabend neben Auszügen seines autobiografischen Buches auch jede Menge Anekdoten aus seinem Fußballerleben zum Besten gab.
10.06.2013, 05:00 Uhr
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Von Christian Pfeiff

Als ehemaliger Werderprofi kann Uli Borowka in Bremen auch heute noch auf eine treue Gefolgschaft zählen. Entsprechend gut besucht war auch das Vegesacker Gewoelbe, wo Borowka am Sonnabendabend neben Auszügen seines autobiografischen Buches auch jede Menge Anekdoten aus seinem Fußballerleben zum Besten gab.

Vegesack. Als Profifußballer war Borowka als Raubein und Eisenfuß, so sein Spitzname zu Profizeiten, ebenso beliebt wie berüchtigt. Nach dem Ende seiner Karriere geriet er indes vor allem wegen seiner Alkoholeskapaden in die Schlagzeilen, bis es ruhig um ihn wurde. In seinem im Vorjahr erschienenen Buch "Volle Pulle – Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker" berichtet Borowka von Höhepunkten und Abstürzen in seinem Leben.

Der Kontakt zu dem Wahlberliner entstand über Moritz Rüdig, der den Gewölbe-Betreibern Regina Mudrich und Martin Zemke als Booker für Berliner Kultur Schaffende schon häufiger Künstler vermittelte. "Ich habe im Vorjahr die Buchvorstellung in einem Bremer Geschäft miterlebt und war so ergriffen, dass ich mich um eine Kontaktaufnahme bemühte", so Rüdig.

Auf Betroffenheit legt es Borowka trotz offener Bloßstellung der Sucht und den damit verbundenen Tiefpunkten seines Lebens nicht an. Im Gegenteil: Er präsentierte sich den Vegesacker Zuhörern geläutert und bestens gelaunt und bietet noch vor der Verlesung des ersten Absatzes an: "Wenn ihr Fragen habt, egal wozu: Stellt sie einfach, meinetwegen auch zu Werder. Das tut mir zwar weh, aber dann kann ich zumindest sagen was ich denke."

So gestaltet sich der Abend als Diskussionsrunde, in deren Rahmen der 52-Jährige auch abseits des Lesepults zwar knapp, aber freundlich und mit entwaffnender Direktheit Rede und Antwort steht.

Hauptthema ist vor allem die Alkoholsucht, gegen deren Eingeständnis sich der Ex-Fußballprofi lange sträubte. Eine psychische Alkoholabhängigkeit datierte der behandelnde Arzt im Rahmen des im Jahr 2000 absolvierten klinischen Entzugs jedoch bereits auf das Jahr 1984. "Ich habe manchmal bis zwei Uhr nachts gesoffen und bin morgens um zehn topfit zum Training erschienen", erinnert sich Borowka. Ein robuster Organismus machte es möglich: "Mein Körper baut Alkohol brutal schnell ab. Vielleicht wäre es manchmal besser gewesen, er hätte es nicht getan."

Ausgrenzung nach Entzug

So erlebte der Ex-Profi nicht nur den tiefen Fall von der nationalen Fußballikone zum obdach- und mittellosen Trinker, sondern anschließend auch soziale Ausgrenzung nach absolviertem Entzug: "Ich habe nach meiner Therapie zwanzig Bewerbungen als Jugendtrainer beziehungsweise Co-Trainer versendet, alle wurden dankend abgelehnt. Niemand will sich einen trockenen Alkoholiker ins Boot holen", kritisiert Borowka. Eine ähnliche Beobachtung tätigte er nach dem depressionsbedingten Freitod von Nationaltorhüter Robert Enke: "Nach drei Wochen war wieder ganz normaler Bundesligaalltag, nichts hat sich geändert".

Dies sei kein Betteln um Mitleid: Im Gegenteil zeigt sich Borowka, der abseits des DFB mittlerweile einen eigenen Verein zur seelischen Unterstützung sucht- und depressionskranker Profisportler gegründet hat, überaus selbstbewusst, selbst wenn es um das Zugeben eigener Schwächen und Fehltritte geht. Abrechnungen mit einstigen Weggefährten dürfen im Gespräch mit den Zuhörern, deren Garderobe nur dezent und vereinzelt Werder-Embleme zeigt, ebenso wenig fehlen.

So wird beispielsweise eine Zuschauerfrage nach den Managerqualitäten Willi Lemkes mit einer Ansprache beantwortet, die laut Borowka einst Otto Rehagel vor der Mannschaft an Lemke richtete: "Es missfällt mir, wenn Sie von Fußball sprechen, denn davon verstehen Sie nichts." Warme Worte findet der Ex-Werderaner trotz unverhohlener Enttäuschung über die ihm entgegengebrachte Haltung seines früheren Arbeitgebers jedoch für frühere Mannschaftskameraden: "Die Spieler, die Trainer, die Ärzte und die Physiotherapeuten, wir waren damals ein eingeschworener Haufen und wären füreinander durchs Feuer gegangen. Deshalb haben wir auch gewonnen."

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