Mit fast 145 Jahren, davon allein 120 Jahre unter dem aktuellen Namen, gehört Getränke Gehlert in Bremen zu den ältesten Unternehmen seiner Branche. Dass sich die Vegesacker so lange erfolgreich neben zahlreichen Mitbewerben, Abhol-Märkten und der Online-Konkurrenz behaupten konnten, liegt auch daran, dass man dem Kerngeschäft treu geblieben ist: Der Belieferung von Privatkunden, Vereinen und Firmen mit Getränken. Auch der Standort ist unverändert geblieben und befindet sich seit Gründung im Jahr 1878 an der Uhthoffstraße. Das wird sich jedoch im kommenden Jahr ändern, denn Getränke Gehlert zieht um.
Die Adresse und der Namen Gehlert sind in den Köpfen vieler Nordbremer fest miteinander verknüpft. Dennoch war laut Inhaber Sebastian Hadler bereits seit 2017 klar, dass die Aufnahmefähigkeit des Lagers seine Grenzen erreicht hat. Trotzdem wurde 2018 bei der Neuschließung der Pachtverträge mündlich vereinbart, dass das Unternehmen am Stammsitz bleibt. „Ich habe Wilfried Gehlert versprochen, dass wir so lange bleiben, wie er lebt“, erinnert sich Hadler. 2020 verstarb Wilfried Gehlert und die Suche nach einem neuen Betriebsgelände wurde wieder Thema. Als Rahmen legte Sebastian Hadler fest, dass es sich in Bremen-Nord befinden muss. „Nach Schwanewede oder ins Umland zu gehen war nie ein Thema. Auch wollten wir in der Nähe von Vegesack bleiben“, so Hadler. Also zog er den Suchradius zwischen Lesum und Blumenthal und wurde schließlich nur 380 Meter Luftlinie entfernt an der Hermann-Fortmann-Straße 19 fündig.
Am neuen Standort stehen rund 1500 Quadratmeter Gesamtfläche zur Verfügung. Allein 500 Quadratmeter davon sind Hallenfläche. An der Uhthoffstraße dagegen umfasst die Gesamtfläche 500 Quadratmeter. Diese wurde durch zahlreiche Erweiterungsbauten im Laufe der Jahrzehnte komplett ausgeschöpft. Neben dem Lager, von dem sich ein Teil im ehemaligen Pferdestall befindet, sind auch die Verwaltung und Wohngebäude auf dem Areal verortet. Ein verbautes Gelände, das nach dem Umzug, der am 2. Januar abgeschlossen sein soll, einer neuen Nutzung zugeführt wird: Dort werden Wohnungen gebaut.
Die räumliche Vergrößerung ist nur ein Teil der Zukunftspläne, die Sebastian Hadler für sein Unternehmen verwirklichen will. „Mehr Platz bedeutet mehr Kapazitäten, wodurch wir die Möglichkeit haben, mehr Kunden zu akquirieren“, so Hadler. Allerdings muss dies nach dem Umzug noch etwas warten, denn es fehlt an Personal. „Es ist aktuell schwierig, Mitarbeiter zu bekommen. Damit befinden wir uns in der entgegengesetzten Position wie noch vor ein paar Jahren. Damals waren wir personell gut besetzt, hatten aber keinen Platz, um das Auftragsvolumen zu erhöhen“, berichtet Hadler. „Aber es bringt nichts, nur bis morgen zu denken, also nehmen wir die Dinge nacheinander in Angriff."
Dass mehr Lagerplatz gebraucht wird als früher, liegt nach den Worten des Inhabers auch daran, dass es immer mehr Getränkesorten und Gebindegrößen gibt. „Allein die klassische Cola gibt es in zehn verschiedenen Packungsgrößen von der Glasflasche über PET bis zur Dose. Fritz Cola bietet 13 verschiedene Produkte in jeweils zwei unterschiedlichen Größen“, zählt Hadler Beispiele auf. Hinzu käme eine große Zahl an Biersorten, Mineralwässern und mehr. „Das alles zu lagern ist eine logistische Herausforderung.“ Viele Produkte werden von den Lieferanten zudem nur palettenweise abgegeben, wodurch Randprodukte kaum kostenadäquat beschafft werden können. Das führe dazu, dass einige Produkte nicht bei Getränke Gehlert erhältlich sind „Wir können keine 15.000 Artikel vorhalten und uns auch nicht mit Abholmarktketten messen, die zentral große Mengen einkaufen“, so Hadler.
Trotzdem sieht der Unternehmer die genannten Märkte und Mitbewerber aus dem Umland nicht als direkte Konkurrenz. Jeder lege seinen Fokus unterschiedlich. „Uns hat während Corona die Belieferung der Privatkunden über Wasser gehalten, während Mitbewerber mit ihren Abholmärkten durch die Pandemie gekommen sind“, berichtet Sebastian Hadler. Auch Onlineanbieter hätten kaum Einfluss auf das Nordbremer Unternehmen. „Man wird an zwar an ihnen gemessen, weil sie die gesamte Stadt mit Plakaten überschwemmt haben, was sie jedoch nicht bieten, ist der direkte Kundenkontakt und die Möglichkeit, alles analog abzuwickeln“, so Hadler. Damit meint er die Möglichkeit, neben der Onlinebestellung auch telefonisch ordern zu können sowie die Option, bei Lieferung an der Haustür zu zahlen. Durch das kleine Team werden Kunden zudem zumeist vom immer gleichen Mitarbeiter beliefert. „Ein bekanntes Gesicht, so wie der Postbote“, sagt Hadler und lacht.