Grohn. Die Schlichtungsstelle in der Grohner Düne sorgte in der Vergangenheit für hitzige Diskussionen. Wie berichtet, wurde über die Sinnhaftigkeit und die Finanzierung des Programms gestritten, das der Täter-Opfer-Ausgleich bisher im Quartier angeboten hat. Nach mehreren Gesprächsrunden steht nun fest, dass die Schlichtungsstelle keine Gelder mehr bekommt. Stattdessen planen die senatorischen Behörden andere Angebote für die Bewohner der Hochhaussiedlung, die ebenfalls in Kooperation mit dem Täter-Opfer-Ausgleich stattfinden sollen.
Die Schlichtungsstelle diente dazu, Streitigkeiten in Schlichtungsverfahren zu klären. Dafür bekam der Täter-Opfer-Ausgleich jährlich rund 13 000 Euro aus dem Fördertopf „Wohnen in Nachbarschaften“ (Win). Bewilligt waren diese Gelder allerdings nur bis Ende März dieses Jahres. Deshalb sollte der Fortbestand des Projektes eigentlich während des Win-Forums im Februar gesichert werden, indem Fördergelder in Höhe von 8900 Euro für den Zeitraum April bis Dezember 2020 freigegeben werden.
Doch dazu kam es nicht, weil die Bewohner das Projekt für nicht förderungswürdig hielten. Sie störten sich unter anderem daran, dass sie von der Arbeit des Täter-Opfer-Ausgleichs in ihrem Quartier nichts mitbekommen würden. Thomas Kötteritzsch, der als Vertreter des Polizeikommissariats Nord an der Sitzung teilnahm, sah das anders. „Aus Polizeisicht kann ich nur sagen, dass wir das Projekt ‚Schlichten in Nachbarschaften‘ für sehr wichtig halten, weil es hier um den niedrigschwelligen Bereich unterhalb von Straftaten geht, bevor Dinge eskalieren.“ Auch Vegesacks Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt sprach sich für die Schlichtungsstelle aus. „Das Projekt ist von großer Bedeutung für die Grohner Düne, und deshalb unterstützen wir als Ortsamt die Schlichtungsstelle nachdrücklich. Ich möchte nicht erleben, wenn dieses Projekt nicht mehr durchgeführt werden würde, vor welcher Situation wir dann in der Grohner Düne stehen“, so Dornstedt im Februar.
Eine mögliche Lösung wäre eine Regelfinanzierung durch die senatorischen Behörden gewesen. Doch die halten das Projekt, das es in insgesamt sieben Win-Gebieten in Bremen gibt, in der Grohner Düne für nicht geeignet. „Wir sind nicht überzeugt, dass das Projekt Wirkung zeigt“, sagt Matthias Koch, Sprecher des Justizressorts. „Deshalb wollen wir auch keine Gelder in die Schlichtungsstelle stecken.“ Zudem sei eine Finanzierung durch die Behörde ein Affront gegen die Bewohner, die das Projekt ausdrücklich nicht weiterfinanzieren wollten.
Insgesamt halte das Justizressort das Programm „Schlichten in Nachbarschaften“ für ein gutes Projekt. „In der Grohner Düne kann es allerdings keine ausreichende Wirkung entfalten. Ohne Dolmetscher und ohne Kulturmittler ist das Programm im Quartier einfach nicht sinnvoll“, sagt Koch.
Nach den Worten von Karen Stroink, Sprecherin des Innenressorts, habe es einen behördenübergreifenden Austausch zu dem Angebot des Täter-Opfer-Ausgleichs in der Grohner Düne gegeben. Dabei seien verschiedene Hinweise zum Wunsch nach Anpassungen und einer Weiterentwicklung des Programms geäußert und dem Träger Möglichkeiten zur Weiterentwicklung angeboten worden. „Parallel dazu wurde mit dem Täter-Opfer-Ausgleich Bremen ein niedrigschwelliges Schlichtungsprojekt im Umfeld der Grohner Düne zusammen mit den dortigen Schulen eingerichtet“, so Stroink.
Dafür stellt die beim Senator für Inneres angesiedelte Kooperationsstelle Kriminalprävention 5000 Euro zur Verfügung. „Eine der zentralen Aufgaben der Kooperationsstelle Kriminalprävention Bremen ist die Förderung von Vernetzung. Nur durch eine erfolgreiche Vernetzungsarbeit kann der gesamtgesellschaftliche Anspruch guter kommunaler Kriminalprävention eingelöst werden“, so die Behördensprecherin.
Vorteile an dem Schulprojekt gegenüber der Schlichtungsstelle in der Grohner Düne sieht das Innenressort allerdings nicht. „Die Projekte sind nicht gegeneinander ins Verhältnis zu setzen“, sagt Karen Stroink. Bei beiden Programmen handele es sich um Projektanträge des Täter-Opfer-Ausgleichs. „Da sich in diesem Jahr das Win-Forum in Grohn gegen eine Weiterführung des bestehenden Programms ausgesprochen hat, ist der Vorteil des neuen Projektes im Umfeld der Schulen ein Anfang zur Weiterentwicklung von Schichtungsprojekten im Umfeld der Grohner Düne zu machen“, befindet Stroink.
Neben dem Innenressort plant auch die Sozialbehörde ein Angebot mit dem Täter-Opfer-Ausgleich in der Düne. „Es gibt die Idee, aber noch nichts Konkretes“, sagt Behördensprecher Bernd Schneider.
Auch wenn die Schlichtungsstelle seit dem 1. April keine Gelder mehr aus dem Win-Topf bekommen hat, sei die Arbeit in Grohn nicht sofort eingestellt worden. Nach den Worten von Frank Winter, fachlicher Leiter des Täter-Opfer-Ausgleichs, hat der Verein das Angebot zunächst auf eigene Kosten aufrechterhalten. Am 8. September habe dann das letzte Schlichtungsverfahren stattgefunden.