Man konnte förmlich spüren, wie Jonas Keller die Abwehr der TSG Hatten-Sandkrug nach einer Schwachstelle scannte. Der Oberliga-Handballer der HSG Schwanewede/Neuenkirchen stand am Neunmeter und hatte nur noch diese eine Chance, das Spielgerät ins TSG-Tor einzuschweißen. In einem Prozent der Fälle mag solch ein direkter Freiwurf von seiner Position tatsächlich im gegnerischen Netz einschlagen, Jonas Keller erwischte diese Ausnahmewahrscheinlichkeit nicht. Obwohl er sich so weit wie möglich zur Wurfarmseite neigte, um einen besseren Wurfwinkel zu bekommen, blieb er haarscharf am gegnerischen Abwehrblock hängen. Damit war die hauchdünne 30:31 (19:16)-Niederlage im Kellerduell besiegelt.
Und so bewahrheitete sich in dieser Saison einmal mehr, dass die „Schwäne“ zurzeit die Chrunchtime nicht beherrschen. Es war das dritte Spiel, das sie mit nur einem Treffer Differenz verloren. Hinzu kommen drei weitere Partien mit zwei bis drei Toren zu ihren Ungunsten. Dieses Mal brachten sie einen Sechs-Tore-Vorsprung (25:19), der aus der 39. Minute datierte, nicht über die Zeit – Pech ist das schon lange nicht mehr.
„Nils Buschmann hat der TSG den Allerwertesten gerettet“, sah der Schwaneweder Trainer Thorben Kruse den TSG-Keeper als sogenannten Gamechanger an. Man kann der Argumentation zum Teil folgen, denn der Routinier knöpfte den Gästen in der Tat den einen oder anderen Hochkaräter ab. Aber es erklärt nicht die Fehlpässe, die sich die HSG Schwanewede/Neuenkirchen obendrein erlaubte. Zwei davon in den finalen zehn Minuten, in denen sie nach dem Tempogegenstoßtreffer von Nikias Scharnke zur 29:26-Führung ohnehin nur noch ein Tor für sich verbuchen konnte – bei zehn Angriffen. Ein zusätzliches Stürmerfoul verschärfte die Talfahrt. „Bei uns kam am Ende so ziemlich alles zusammen“, schränkte der HSG-Coach seine Argumentation dann auch ein. Und so nahm das „Schwäne“-Schicksal seinen Lauf. Zum Beispiel beim 30:31-Rückstand, als Marcel Behlmer bei seinem Treffer von Linksaußen Pech hatte, dass die Unparteiischen Sekundenbruchteile vorher auf einen Strafwurf zu seinen Gunsten entschieden hatten. Also ging er zur Siebenmeterlinie und knallte die Lederkugel an die Latte. Zwei Angriffe vorher hatte er von der Außenposition schon einmal das das Aluminium malträtiert.
„Die Niederlage ist sehr ärgerlich, da wir uns mit dem zur Verfügung stehenden Kader wirklich gut geschlagen haben“, meinte Thorben Kruse. Denn mit Niklas Mechau (beruflich), Til Sonnewald (verletzt) und Kai Tiedje (Studium) fehlten seinem Team drei nicht unwesentliche Kräfte. Die Gäste trotzten diesen Ausfällen, indem sich mit Marlon Martens, Nikias Scharnke und Mathis Winkel drei Akteure in den Vordergrund spielten, die im Rückraum bislang nicht zur ersten Garde zählten.
Unterstützt von den Paraden des eingewechselten Nachwuchstorwarts Lukas Helmke begann nach dem 13:14-Rückstand die stärkste Phase der „Schwäne“, in der sie das Spiel zum 18:14 drehten und bis auf 25:19 davonzogen. Trotz der über weite Strecken guten Leistung belohnten sich die „Schwäne“ nicht. Sie tauschen dadurch in der Tabelle mit der bis dato punktgleichen TSG Hatten-Sandkrug die Plätze und rangieren mit 4:16 Zählern unmittelbar vor den beiden Regelabstiegsplätzen.