Es spielte ihr Lied – wieder einmal. „Steh auf, mach laut“ von den "Höhnern" schallte nach dem Abpfiff gegen den Elsflether TB durch die „Heidehölle“. Es ist so etwas wie die inoffizielle Erfolgshymne der Verbandsliga-Handballer der HSG Schwanewede/Neuenkirchen. Wird die aufgedreht, dann haben sie wieder zwei Zähler eingesackt. Der Erfolg der „Schwäne“ fiel bei ihrer Saison-Ouvertüre mit 39:29 (17:18) gegen den Oberliga-Absteiger auch noch recht deutlich aus. Laut war auch das „Weserseiten“-Derby, ohne Frage. Die Gäste hatten einen lärmenden Anhang mit Megaphon mitgebracht und machten einigen Rabatz. Das war am HSG-Fantag jedoch nichts gegen die rund 500 heimischen Zuschauer, die ihre Mannschaft mit frisch gedruckten Pappklatschen und Anfeuerungsrufen nach vorne peitschten. Das hoch unterhaltsame Match selbst bot eine Mischung aus Spannung, hoher Geschwindigkeit und rassigen Aktionen.
Garniert mit einer überraschenden Premiere, abgerundet von einem ausgekugelten und sofort wieder eingerenkten Finger. Die HSG Schwanewede/Neuenkirchen startete mit einem kräftigen Statement in die Partie. Selbstbewusster als mit dem Kempa-Anspiel des Rechtsaußens Timon Winter auf den starken Rückraumschützen Jonas Keller, der die Vorlage zum 1:0 einnetzte, kann man nicht starten. Für Winter war es nach einer langwierigen Fußverletzung der erste Pflichtspieleinsatz seit Mai 2022.
Das war umso erstaunlicher, da er im Juni und Juli lediglich einmal wöchentlich mit dem Team trainierte und dabei lediglich 30-minütige Laufeinheiten absolvierte. Eine Viertelstunde Individualtraining kam obendrauf. Seit August ist er immerhin zweimal die Woche mit Ruhe und Bedacht dabei. „Der Arzt hat mir gesagt, dass ich solange spielen soll, bis ich Schmerzen habe“, verriet der Linkshänder. Da er gegen die Gäste von der „anderen“ Weserseite nahezu durchgehend auf der Platte stand, war das offenbar nicht der Fall. Mit vier Toren bei einem Fehlwurf feierte er ein gelungenes Comeback.
Unter den Augen des Ex-Schwaneweder Trainers Tizian von Lien entwickelte sich eine temporeiche und rassige Partie, in der die Hausherren über 5:2 bis zum 12:11 führten. Eine Sekunde vor dem Pausenpfiff mussten sie dann aber doch den Treffer zum hauchdünnen 17:18-Rückstand einstecken. Probleme bereitete ihnen vor allem der starke ETB-Kreisläufer Chris Danielzik (sieben Tore) und der schnelle Linksaußen Henrik Tolk (10/4). „Es war ein Geduldsspiel und harte Arbeit“, konstatierte der HSG-Trainer Thorben Kruse, der seiner Mannschaft eine „Superleistung“ bescheinigte.
Nach dem Seitenwechsel ging es Schlag auf Schlag: Die „Schwäne“ bekämpften das starke Elsflether Kreisläuferspiel im Abwehrzentrum längst defensiv und drehten vorne innerhalb von fünf Minuten das Spiel (22:18.). Nach dem 27:23 zogen sie unter dem Jubel der heimischen Zuschauer über 30:24 auf 37:27 davon.
Jemanden bei ihnen hervorzuheben, ist unmöglich: Das Schwaneweder Abwehrzentrum um Lars Winkel beackerte Chris Danielzik nach längerer Anlaufzeit immer effektiver, im Tor zeigte vor allem Dominik Koppenstein starke Paraden. Dem Angriffsspiel drückten wechselseitig Kevin Ritter, Marco Wilhelms und Jonas Keller ihren Stempel auf. Nicht zu vergessen Moritz Voskamp, der ab der 46. Minute fünfmal fehlerfrei aus dem Rückraum ins gegnerische Netz traf. Damit gingen fast die Hälfte der finalen elf Schwaneweder Treffer auf sein Konto.
Die letzte Aktion des Spiels war indes eher eine zum Wegsehen: Nachdem der HSG-Keeper Jan Tholen in Unterzahl einen Wurf von Rechtsaußen pariert hatte, hechtete der HSG-Linksaußen Marcel Behlmer dem zur Seitenlinie abprallenden Ball kurz vor dem Abpfiff hinterher. Er erwischte das Leder, kugelte sich bei der Landung jedoch den kleinen Finger aus und renkte ihn sich umgehend wieder ein. „Man muss jedem Ball hinterhergehen, das gehört auch bei dem Spielstand mit dazu“, sagte er nur und kühlte sich das malade Körperteil mit Eis. Die Hausherren brüllten die Begeisterung über ihre erfolgreiche Heimpremiere noch auf dem Spielfeld heraus. Der ETB-Trainer Patrick Tulikowski beorderte dagegen sein Team flugs in die Kabine und stauchte es noch einige Zeit gehörig zusammen.