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Weihnachten auf See Heiligabend an Bord im tropischen Hafen

Das Weihnachtsfest fiel für Diether Dauscher lange Jahre buchstäblich ins Wasser. Meistens war er dann auf hoher See unterwegs. Aber an einen ungewöhnlichen Heiligabend erinnert sich der Kapitän noch gut.
24.12.2023, 07:00 Uhr
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Von Ulrike Schumacher

Heiligabend und Weihnachten im Kreise der Familie, besinnlich bei Kerzenschein zusammensitzen – für Diether Dauscher gab es das viele Jahre gar nicht. Weil er als Kapitän auf See unterwegs war. Und dort ging die Arbeit einfach weiter. Heiligabend war, wenn überhaupt, eine Randnotiz. "Weihnachtliche Stimmung", blickt der 71-Jährige zurück, "kam dabei nicht auf." Aber er habe sie auch nicht vermisst. "Es war das normale Arbeitsleben."

Manchmal kam es aber auch anders. Einmal habe seine Tour übers Wasser das Schiff am 24. Dezember pünktlich nachmittags in den Neustädter Hafen gespült. "Das war ein Glücksfall", sagt er, "dass ich an Heiligabend und am ersten Feiertag zu Hause sein konnte." Und einmal gab es fernab der Heimat doch ein Weihnachten auf See. Daran kann Diether Dauscher sich noch so lebhaft erinnern, dass es in eine Ausstellung einfließen wird, die nächstes Jahr im Schloss Schönebeck zu sehen ist.

Ausstellung bis zum zweiten Weihnachtstag

Gabriele Jannowitz-Heumann, zweite Vorsitzende des Heimat- und Museumsvereins für Vegesack und Umgebung, wird sie kuratieren und führt deswegen Interviews mit Kapitänen, um an die derzeit noch laufende Ausstellung unter dem Titel "Weihnachten auf See" anzuknüpfen. Die ist noch bis 26. Dezember im Heimatmuseum Schloss Schönebeck (Im Dorfe 3-5) zu sehen und berichtet davon, wie Seeleute im 19. Jahrhundert auf ihren Schiffen das Weihnachtsfest feierten. Für Ende kommenden Jahres ist dann Teil zwei geplant – eine Ausstellung über Weihnachten auf See im 20. Jahrhundert.

Wie zum Beispiel Diether Dauscher es erlebt hat. Der Kapitän im Ruhestand, der noch als vereidigter Sachverständiger arbeitet, engagiert sich ebenfalls im Heimatmuseum Schloss Schönebeck und ist Autor des Buches „Schiffe – Reeder – Kapitäne. Kapitänsbilder und Schiffsporträts im Heimatmuseum Schloss Schönebeck“. Sein besonderes Weihnachten auf See führt in den Hafen von Kingston, Jamaika. Am 24. Dezember 1980. Bei 30 Grad Hitze. Damals sei er als erster Offizier auf der "Atlantic Baron" gefahren, einem Container-Frachter der Braker Reederei Beilken, der von der amerikanischen Schifffahrtsgesellschaft Sealand gechartert wurde. "Wir waren im Zubringer-Dienst zwischen Kingston, Port-au-Prince und Panama im Einsatz", erzählt er. Heiligabend 1980 machte das Schiff im Hafen von Kingston fest. "Eine Woche vorher hatten wir dem Schiffshändler schon mitgeteilt: Wir brauchen einen Weihnachtsbaum."

Ungewöhnliche Tanne – ungewöhnlicher Schmuck

Der wurde pünktlich geliefert. Eine tropische Tanne, anderthalb Meter hoch, die Nadeln zwanzig Zentimeter lang. Aber immerhin Tanne, die sie dann an Deck aufstellten "und irgendwie bunt gemacht haben". Ganz sicher nicht mit traditionellem weihnachtlichen Baumschmuck. Kugeln und Lametta kamen nicht in die Zweige. Soviel weiß Diether Dauscher noch. Aber womit die Crew das tropische Gewächs und die ungewohnt langen Nadeln aufgehübscht hatte, steht ihm nicht mehr vor Augen. "Es wurde improvisiert. So, wie es auf See üblich ist." Die Mannschaft, die aus deutschen Seeleuten und aus vor Ort rekrutierten Seeleuten bestand, hatte aber auch an das Festmahl gedacht. Neben dem Weihnachtsbaum orderten sie für Heiligabend ein Spanferkel.

"Die Mannschaft hatte an Deck alles vorbereitet und einen Grill gebaut", erzählt der Kapitän. Einen improvisierten, versteht sich. "Er bestand aus einem aufgesägten Fass mit einem Spieß darüber." Das kleine Schwein haben sie dann am Abend bei offenem Feuer an Deck gegrillt. Was sich im Hafen in Windeseile herumsprach. "Innerhalb kürzester Zeit kamen so viele Leute an Bord, dass das Schiff voll war." Der nächste Tag war dann ein "Feiertag mit Katerstimmung", weil zum Spanferkel und zu den Speisen, die die Bordküche noch beigesteuert hatte, am Heiligabend auch Alkohol floss. "Wir hatten eine fröhliche und entspannte Zeit an Deck", sagt Diether Dauscher rückblickend. "Ein ungewöhnliches Weihnachtsfest im Hafen bei guter Stimmung." Es gab sogar Geschenke für die Crew, die sich außerdem über Telegramme und Post von zu Hause freute.

Gefährliches Pflaster

Außerhalb des Schiffes sei es jedoch nicht so entspannt zugegangen. "Kingston war zu der Zeit ein heißes Pflaster", erzählt der Kapitän. "Man stand vor Wahlen und es gab Krawalle und Schießerei." Man konnte nicht an Land gehen, fügt er hinzu. "Schon hundert Meter vom Schiff entfernt mussten wir damit rechnen, dass wir ausgeraubt werden." Aber an Bord hätten sie sich sicher gefühlt.

Eine andere Bordgeschichte mit weihnachtlichem Hintergrund führt sechs Jahre später nach Israel, wo Diether Dauscher auch viele Jahre im Liniendienst fuhr. Als sein Schiff 1986 im Hafen von Ashdod anlegte, nutzte er kurz vor Weihnachten das Angebot einer dort ansässigen skandinavischen Seemannskirche und nahm an einer Rundfahrt teil, die auch nach Bethlehem führte. Diether Dauscher besuchte die Geburtskirche und kaufte Weihnachtsschmuck: "eine kleine handgeschnitzte Krippe". Und die wird seitdem im Hause Dauscher alle Jahre wieder zur Weihnachtszeit aufgestellt.

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