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Bremer Fußball-Verband Spielverbot - und dann?

Das Spielverbot des Bremer Fußball-Verbandes soll ein Zeichen gegen Gewalt, Hass und Diskriminierung setzen. Die "Norddeutsche" hat dazu Insider befragt.
10.03.2024, 16:51 Uhr
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Von Rainer Jüttner

Spielverbot. Diese Maßnahme des Bremer Fußball-Verbandes sorgte für Gesprächsstoff und wird es weiterhin tun. Der BFV hatte am Donnerstagabend auf einer außerordentlichen Vorstandssitzung entschieden, dass von Freitag bis Sonntag Punkt-, Pokal- und Freundschaftsspiele in seiner Zuständigkeit ab der D-Jugend aufwärts nicht stattfinden. Der Grund: Nach einer zuletzt hohen Anzahl an Vorfällen auf den Sportplätzen im Verbandsgebiet sollte ein klares Zeichen gegen Gewalt, Hass und Diskriminierung gesetzt werden. Die „Norddeutsche“ erkundigte sich bei Insidern, wie sie die Maßnahme bewerten, ob sie selber schon direkt mit der genannten Problematik konfrontiert worden sind und was sie sich vom Spielverbot versprechen.

Für Holger Franz ist das Spielverbot ein Mittel, um auf die Vorfälle auf den Fußballplätzen noch einmal nachdrücklich hinzuweisen. „Das zieht sich jetzt seit Monaten hin, dass die Spieler gegenseitig untereinander und vor allem gegen die Schiedsrichter losgehen. Das hat jetzt mittlerweile eine Qualität erreicht, die nicht mehr hinzunehmen ist. Mit diesem Spielverbot wollten wir darum ein Zeichen setzen“, sagt der Vizepräsident des Bremer Fußball-Verbandes. Einmal zur Ruhe zu kommen, um sich über die aktuelle Situation Gedanken zu machen, sei für alle Trainer, Spieler und Vereinsfunktionäre dringend notwendig. „Uns geht es vornehmlich darum, die Gewalt von unseren Spielern fernzuhalten, unsere Schiedsrichter zu schützen und natürlich auch darum, uns wieder auf Fußball als schönste Nebensache der Welt zu konzentrieren“, sagt Franz. Als BFV-Vize ist er auch für den Schiedsrichterausschuss zuständig und hat im vergangenen August auch einen Schiedsrichter-Lehrgang absolviert. In diesem Zusammenhang war seit längerem geplant, dass Franz in Bremen-Nord ein Spiel der Kreisliga C leitet. „Das bekommt durch die ganze Entwicklung jetzt natürlich ein ganz anderes Gewicht“, sagt Holger Franz.

Für ihn und den Verband steht ein Aspekt im Vordergrund. „Wir müssen Mittel und Wege finden, auffällige Spieler von unseren Plätzen fernzuhalten.“ Ganz wichtig sei dabei auch die Solidarität der Vereine untereinander. Es könne nicht sein, dass Spieler, die von dem einen Verein suspendiert wurden, bei einem anderen Verein wieder aufgenommen werden. Ein Weg könnte aber auch die engere Zusammenarbeit des Verbandes mit den Strafverfolgungsbehörden sein. Holger Franz führt dabei das Beispiel aus Bayern an. Dort hat der Verband eine Kooperationsvereinbarung mit der Generalstaatsanwaltschaft getroffen. Deren Ziel sei es, den zunehmenden Hass in unserer Gesellschaft, insbesondere auch in den sozialen Medien, geschlossen entgegenzutreten. Denn eines stellt auch Holger Franz klar. „Das, was wir auf den Plätzen erleben, ist nun einmal auch ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Wir als Verband sehen unsere Kernaufgabe darin, den Sport zu organisieren. Gegen die zunehmende Gewalt vorzugehen, ist auch unsere Aufgabe, aber das können wir nicht alleine“, sagt Franz. In diesem Zusammenhang verweist der BFV-Vize auf ein Gespräch, das Verbandspräsident Patrick von Haacke in dieser Woche mit dem Bremer Innensenator Ulrich Mäurer führen wird.

Karsten Wolf, der Jugendleiter des Blumenthaler SV, hat unlängst bei einer Partie zweier zweiter D-Junioren-Team aus anderen Vereinen erlebt, was sich fernab der Leistungsklassen abspielt. „Es ging hoch her, auch vonseiten der Trainer“, sagt Wolf und berichtet von Rudelbildungen und einer halben Prügelei im Kabinentrakt. Der Grund dafür, dass ein Spieler unter Tränen den Platz verließ, soll eine rassistische Beleidigung gewesen sein. Auch aufgrund dieses Ereignisses findet es Karsten Wolf gut, dass der Verband ein Zeichen gesetzt hat. Ob es aber die richtige sei, müsse man am Ende bewerten. „Was auf den Sportplätzen stattfindet, ist nur ein Spiegelbild von dem Geschehen auf Bahnhofsvorplätzen beispielsweise“, meint Karsten Wolf und sieht eine hohe Gewaltbereitschaft. Er sieht aber auch Entwicklungen, gegen die längst hätte vorgegangen werden können. Dass es mit der Mannschaft des Bremer SV II Probleme gibt, sei dem Verband schon lange bekannt gewesen und das Phänomen des Mannschaftshoppings, was auch schon einmal Probleme nur über Vereins- und Landesgrenzen verlagere, ebenfalls. Ein Beispiel aus der eigenen Jugendabteilung hat Karsten Wolf auch zur Hand: „Wir haben uns von einem Mobber getrennt.“ Vom Zeichen des Verbandes erhofft sich der BSV-Jugendleiter, dass der eine oder andere Verein aufwacht. Wolf sieht aber nicht nur die Vereine, sondern auch den BFV in der Pflicht: „Der Verband muss mehr Präsenz zeigen und mehr mit den Vereinen kommunizieren. Sonst sehen wir das alles nächste Woche wieder.“   

Georg Trebin ist in der Nordbremer Fußball-Szene bestens bekannt und gehört zweifelsfrei zu denen, die in der Regel kein Blatt vor den Mund nehmen. Der 65-Jährige leitet etwa zwei Spiele in der Woche bis hin zur Bezirksliga und feiert in rund sechs Monaten sein 50-jähriges Jubiläum als Schiedsrichter, doch auch er erlebt einen gravierenden Unterschied in der Leitung von Fußballspielen. „Früher habe ich absolut keine Angst gehabt. Mittlerweile mache ich mir schon Gedanken, wenn ich nach einem Spiel das Vereinsgelände verlasse“, sagt er. Für Trebin ist das Spielverbot ein gutes Mittel, um auf die Gewalt-Problematik auf den Plätzen hinzuweisen. „Denn die ist in letzter Zeit immer schlimmer geworden.“ Trainer und Betreuer könnten sich immer weniger gegen ihre auffälligen Spieler durchsetzen. „Ich will jetzt keine Namen nennen, aber natürlich gibt es Vereine, da fährt kein Schiedsrichter mehr hin. Er selbst ist Schiedsrichter aus voller Leidenschaft, aber auch er selbst habe schon erlebt, dass Zuschauer auf den Platz gestürmt kamen und ihm nichts anderes übrig blieb, als das Spiel abzubrechen. Da hilft es ihm dann auch nur wenig, dass er etliche Spieler kennt, die er bereits in ihrer E-Jugendzeit begleitet hat und die er jetzt bei den Altherren pfeift. 

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