Es soll um das "C" für "Christlich" in der CDU gehen. Doch zunächst erregen sich 25 politisch Bewegte in der CDU-Zentrale über den Rausschmiss eines Sozis aus der SPD-Fraktion. Martin Korols Meinungsäußerungen zu Ausländern und Frauen fallen hier in die Rubrik "Freie Meinungsäußerung".
Vegesack. Im engen kleinen Saal ist von der Einführung der Inquisition in der SPD die Rede. Heinz Palme: "Es ist schon eine Form moderner Hexenverbrennung. Hier wird Martin Korol verbrannt und damit seine Gedanken und Ideen." Der neue CDU-Kreisvorsitzende Rainer Bensch kennt Martin Korol aus dessen Aktivitäten in der katholischen Arbeitnehmerbewegung gut und verspricht, auch künftig menschlich mit dem Kollegen umzugehen. Vertieft wird die Diskussion über Korols krude Thesen zu Sinti und Roma und deren angeblich mittelalterlicher Kultur nicht. Dabei ist die Runde dafür eingerichtet, um Klartext reden zu können. Hier sitzt der parteilose Laienprediger und Lürssen-Betriebsrat neben CDU-Mitgliedern, die auch in Kirchenvorständen aktiv sind.
Zwei junge Männer mit Vornamen Marcel sind dabei, mit Marcel Freihart kandidiert einer davon auf einem aussichtslosen Listenplatz für den Bundestag, senkt aber hier deutlich das Durchschnittsalter, dass ansonsten deutlich jenseits der 60 liegen dürfte. Rainer Bensch geht als Jahrgang 1964 zwar noch als einer der jüngsten der Runde durch, gibt aber trotzdem die Spielregeln vor: Nichts soll tabu sein, aber über manches wird bei diesen C-Diskussionen eben einfach nicht so lange geredet – vielleicht, weil man das eben nicht tut.
Homo-Ehe – fällt als Diskussionsvorschlag von Bensch und wird denkbar kurz abgehandelt. "Furchtbar" klingt es durch den Raum, aber auch sofort "jeder soll doch lieben wie er will" aus der anderen Ecke. So ähnlich hat Rainer Bensch diese Diskussion auch auf dem letzten CDU-Parteitag in Hannover erlebt: "1000 Delegierte diskutierten dort stellvertretend für 600 000 CDU-Mitglieder bundesweit und fast die Hälfte hat für die Einführung der Homo-Ehe gestimmt. Das sollten wir uns schon vor Augen halten."
Für Bensch geht es darum, dass "C" zu pflegen, aber auch nicht an Dingen festzuhalten, nur weil man das eben seit 30 oder 40 Jahren so mache. Rainer Bensch: "Man muss sich einmal klarmachen, dass Frauen bis 1973 formell eine Einverständniserklärung ihres Ehemannes brauchten, wenn sie arbeiten gehen wollten. Wenn das noch heute so wäre, wäre ich Aktivist in der Frauenbewegung."
Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft, Respekt vor dem Alter fallen als Stichworte und Helga Jastram beschreibt, wie sie im Bus für Ältere aufsteht, weil jüngere Leute das nicht mehr machen: "Dabei habe ich selbst einen Schwerbehindertenausweis, aber wir sind noch so erzogen worden." Auffällig sei, dass viele Migrantenkinder auch noch höflich zu Älteren seien, der deutsche Nachwuchs hingegen eher nicht. Die neue Linie 90 von Farge bis Gröpelingen gerät noch in die Kritik. Die Busse seien oft zu voll, einer sei im Stundentakt gestrichen, die Fahrer führen zu schnell und dann müsse man vorne extra Bescheid sagen, wenn der Bus abgesenkt werden müsste, klagt Helga Jastram.
Die Diskussion tippt kurz die Kritik am Diktat des Geldes an und reicht bis hin zu den De-Facto-Rentenkürzungen für die heutige und die Vernichtung der Rentenansprüche für künftige Generationen. Dann meldet sich mit Richard Rieger einer der Mitbegründer der Bremer-CDU und bringt das Thema des Nachmittages auf den Tisch. 1945 hätten Fromme, die unter Hitler gelitten hätten, aus dem Nichts die CDU gegründet. Und von allen Gräueltaten der Nazis habe er damals die Massenverbrennung von Menschen in Öfen als die Schlimmste empfunden. "Die Verbrennung ist schlimm – man kann nicht mehr an ein echtes Grab gehen und sich erinnern." Es folgt ein heftiges Plädoyer für Erdbestattungen und gegen anonyme Beerdigungen.
Die Runde ist erschreckt und angesteckt. Der junge Marcel Käthner erzählt, wie ein enger Angehöriger auf die Einäscherung und eine Seebestattung bestand und alle das richtig fanden. Es wird kontrovers über anonyme Urnenfelder gestritten. Dann geht es weiter zur Suche nach den theologischen Ansätzen zur Frage, was eigentlich in der Bibel vorgegeben wird für die erfolgreiche Trennung von Körper und Geist für die Wiedergeburt. Von Leichenbahrungen und Totenwaschungen wird gesprochen, davon, wie früher Fenster geöffnet wurden, damit die Seele des Toten hinaus finde.
Die beiden jüngeren Leute sind von der Intensität der Beiträge sichtlich überrascht. Rainer Bensch schaut sich in der Runde um und erntet Zustimmung mit dem Vorschlag, dass Thema Bestattungen doch einmal in aller Ruhe an einem Extranachmittag zu besprechen. Die Auseinandersetzungen zu den "C"-Themen der CDU wird damit weiter gehen. Ohnehin habe man in der CDU ausreichend "C", nur in der Gesellschaft gehe es eben nicht christlich genug zu.