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Abschlussfeier an der Jacobs University Virtuelles Hütewerfen

Mit virtuellem Anstoßen und übertragener Live-Show – die 350 Absolventen der Jacobs University feiern das Ende ihres Studiums zum ersten Mal online.
11.06.2020, 20:21 Uhr
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Virtuelles Hütewerfen
Von Elena Matera

Grohn. In langer Robe den Hut in die Luft werfen, den Reden zuhören und mit den Absolventen und deren Verwandten und Freunden ausgiebig feiern – Momente, auf die sich Noemi Linden seit ihrem ersten Jahr auf der Jacobs University gefreut hat. Die 22-Jährige gehört zum diesjährigen Abschlussjahrgang der Universität in Grohn. Doch in diesem Jahr ist aufgrund von Corona alles anders. Die lang ersehnte Abschlussfeier an diesem Freitag, 12. Juni, findet zum ersten Mal online statt.

„Wir sind natürlich alle extrem traurig und geknickt“, sagt Linden, die ihren Bachelor in Biochemie und Zellbiologie abgeschlossen hat. „Ich habe die Videos der vorherigen Graduiertenfeiern gesehen. Die Feiern sind schon einmalig. Es werden immer bekannte Sprecher eingeladen“, so Linden. „Die Uni hat sich aber bestimmt sehr viel Mühe mit der Online-Feier gegeben. Ich bin schon gespannt, was alles auf uns zukommen wird.“

Es sind einige Überraschungen geplant, etwa künstlerische Darbietungen, von denen die Studierenden noch nichts wissen, versichert Uni-Sprecher Heiko Lammers. Er und die Projektleiterin Minu Lorenzen haben in den vergangenen Wochen die Online-Graduiertenfeier organisiert. Für sie beide war bereits vor zwei Monaten klar, dass die Feier online stattfinden muss.

Die gut 350 diesjährigen Absolventen kommen aus über 70 verschiedenen Nationen. Viele der internationalen Studierenden auf dem Campus sind bereits am Anfang der Corona-Krise in ihre Heimatländer zurückgefahren. „Wir wollen eine Chancengleichheit. Jeder Studierende soll die Möglichkeit erhalten, an der Veranstaltung teilzunehmen“, sagt Lammers.

Da er und Lorenzen die Feier so professionell wie möglich gestalten wollten, haben sie eine Agentur miteinbezogen, die sich mit Live-Veranstaltungen auskennt. In einem Studio soll eine Moderatorin durch die zweistündige live übertragene Feier am Freitag ab 11 Uhr begleiten. Die einzigen Gäste vor Ort: Der Präsident der Universität, Antonio Loprieno, ein Vertreter der Fakultät und jeweils ein Studierendenvertreter aus dem Bachelor- und Masterjahrgang. Es wird außerdem nur eine Rede von einem der Studienvertreter geben. „Normalerweise haben wir bis zu zehn Reden auf einer Graduiertenfeier“, erklärt Lammers.

Das ganze Programm werde gestrafft und der Ton soll leichter sein. „Online kann man sich nicht so lange auf Reden konzentrieren, daher wollen wir die Veranstaltung interessanter gestalten“, so der Uni-Sprecher. Neben einigen größeren Überraschungen, die noch nicht verraten werden dürfen, sollen alle zentralen Momente der Graduiertenfeier virtuell dargestellt werden. So soll es unter anderem Live-Schaltungen in die Wohnzimmer der Studierenden geben. „Jeder Studierende bekomme seinen ganz persönlichen 'Moment of Shine', in dem er auf der virtuellen Bühne steht und gefeiert wird“, sagt Lammers.

Alle Studierenden haben bereits die bekannten Hüte erhalten und sollten eine kurze wiederholende Videosequenz zu Hause erstellen, einen sogenannten Boomerang, in dem sie den Hut in die Luft werfen. „Wir erstellen dann den großen, traditionellen virtuellen Hütewurf, der auch eingeblendet wird“, erklärt Lammers. Die Studierenden sollten außerdem persönliche Avatare, Grafikfiguren, von sich erstellen und persönliche Grußbotschaften aufnehmen, die ebenfalls gezeigt werden.

In jedem Jahr kreiert die Bar auf dem Campus ein individuelles Getränk für den jeweiligen Abschlussjahrgang. Normalerweise werde nach der Feier mit dem Getränk auf dem Campus angestoßen. „Wir haben das Rezept bereits herumgeschickt. Die Studierenden und ihre Familien können sich den diesjährigen Drink selbst mixen. Dann wird es ein virtuelles Anstoßen geben“, sagt Lammers.

„Ich hätte gerne die Eltern meiner Freunde kennengelernt – die kommen aus Indien, Mexiko oder aus den USA. Darauf habe ich mich schon sehr gefreut“, sagt Noemi Linden. Das Persönliche fehle, wenn man die Feier nur online erlebe. Auch in den vergangenen Monaten habe ihr der persönliche Kontakt gefehlt. Die Vorlesungen, Seminare und Prüfungen waren nur online möglich. Es gab strikte Regeln, innerhalb der Wohnungen durfte man sich höchstens mit einer anderen Person oder in der Bibliothek für Gruppenarbeiten treffen. „Die Professoren haben sich sehr bemüht, aus der Online-Lehre das Beste zu machen“, sagt Linden.

Der Meinung ist auch Robin Wolter. Der 22-jährige Student ist ebenfalls im Abschlussjahrgang. Er hat die vergangenen Wochen, wie Linden auch, auf dem Campus verbracht. Wolter hat an der Jacobs University das Bachelorprogramm der Internationalen Betriebswirtschaftslehre absolviert. Auch er werde Momente, wie die Überreichung des Diploms, auf der Graduiertenfeier vermissen. „Aber ich glaube, dass die Universität das Bestmögliche versucht hat, damit wir eine schöne Feier erleben können“, sagt der Student. Wolter könnte sich vorstellen, nach dem Abschluss weiter in Bremen zu bleiben. Linden möchte direkt nach ihrem Abschluss die Promotion in den USA am Weill Cornell Medical College in Manhatten anschließen. Doch die Lage sei aufgrund von Corona noch unklar. „Die Uni sagt in dieser Woche Bescheid, ob die Kurse stattfinden können“, sagt Linden.

Für sie und Wolter steht fest: Sie holen die Graduiertenfeier im nächsten Jahr nach. Das habe die Universität allen diesjährigen Absolventen angeboten. Dann werden die beiden – so hoffen sie – auch im realen Leben ihre Hüte werfen dürfen.

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