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Jagd auf Nilgänse Tod der Gänsemutter schockiert Anwohner

Eine Anwohnerin hat schockiert auf eine geschossene Nilgans reagiert und die Tierrechtsorganisation Peta eingeschaltet. Wie Polizei und Landesjägerschaft reagieren.
06.09.2022, 08:00 Uhr
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Von Klaus Grunewald

Die Schüsse fielen um fünf Uhr morgens in der Nähe der Straße An der Aue. Zumindest einer war für eine Nilgans tödlich und riss eine Anwohnerin nach eigenen Angaben aus dem Schlaf.  Marion M.*, macht auch noch vier Wochen nach dem  „schrecklichen Erlebnis“ kein Hehl aus ihrer Erschütterung. Schließlich sei den Küken mit der Tötung der Gans  jäh die Mutter genommen worden.  Polizei und Landesjägerschaft ordnen den Abschuss der Gans indes als legitimes Vorgehen ein. Die Jagsaison habe begonnen, es liege keine Straftat vor, heißt es auf Anfrage bei der Polizeipressestelle.

Gleichwohl sind der Abschuss der Gänsemutter und die Aufregung für Küken und Ganter für Marion M. und ihre Familie noch immer eine seelische Belastung. Sie wohnen in einem Haus an der Straße An der Aue und haben eine gute Sicht auf den rund 50 Meter entfernten Teich inmitten einer Wiesenlandschaft.  Nach dem tödlichen Schuss des zuständigen Jägers habe sie die tote Gans auf dem Wasser treibend gesehen, während der Ganter und der Nachwuchs der Gänsefamilie laut schnattert und aufgeregt umherliefen, erzählt die Anwohnerin. Und sie fügt an: „Das ging noch etliche Tage so und machte deutlich, in welche Panik die Gänsefamilie geraten ist.“ Unabhängig von dem Tierdrama ist es für Marion W. zudem unerklärlich, dass nahe eines Wohngebietes sowie von Fuß- und Radwegen mit scharfer Munition geschossen werden dürfe.

Jagd auf Nilgänse ist erlaubt

Die Schönebeckerin hat nicht nur Anzeige bei der Polizei erstattet, sondern auch die Tierrechtsorganisation Peta informiert. Deren Fachreferent Peter Höfken teilt auf Anfrage mit, dass man Mitte August gegen den Jäger Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Bremen erstattet habe. Begründung: Elterntiere, die sich noch um den Nachwuchs kümmerten, dürften nicht getötet werden – auch wenn die Jagdzeitverordnung eine Bejagung grundsätzlich erlaube. Höfken spricht von Kaltherzigkeit des Jägers, der eine fürsorgliche Gänsemutter grundlos getötet und dann noch mitten auf dem See zurückgelassen habe.

Gänzlich anders ist hingegen ist die Sichtweise  der Bremer Polizei und die des Pressereferenten der Landesjägerschaft Bremen, Marcus Henke. Bei dem beschriebenen Vorfall handele es sich nicht um Wilderei, sondern um eine erlaubte Jagd, unterstreich die Pressesprecherin der Bremer Polizei, Franka Haedke. Darüber sei die Anwohnerin auch mehrfach von der Polizei  aufgeklärt worden. Zum Schutz von anderen Tierarten und Lebensräumen sei die Jagd unter anderem auf Nilgänse in Bremen vom 1. August bis zum 15. Januar erlaubt.

Auch für die von Marion M. kritisierte Tatsache, dass die erschossene Gans noch eine Weile auf der Wasseroberfläche trieb und deren Familie ebenfalls in Panik versetzt habe, gibt es nach Darstellung der Polizeisprecherin eine Erklärung. Der Jäger habe die erschossene Gans zunächst im Teich zurückgelassen, weil er sie wegen einiger Kühe in der Nähe nicht sofort bergen konnte. Etwas später habe er dann seinen Hund die Nilgans aus dem Wasser holen lassen. Nach den Beobachtungen der Anwohnerin ist jedoch nach einer Weile ein zweiter Mann mit einem Hund aufgetaucht, der das tote Tier an Land brachte. Zudem versichert die Pressesprecherin, dass die Staatsanwaltschaft Bremen keine Ermittlungen eingeleitet habe, weil keine Straftat vorliege.

EU regelt Umgang mit invasiven Arten

Der Grund liegt auf der Hand: Die Nilgans  gehöre nach Ansicht der EU zu den invasiven Arten, die ein aggressives Verhalten gegenüber anderen Tieren an den Tag lege und deshalb bejagt werden müsse, erläutert der Pressesprecher der Landesjägerschaft Bremen, Marcus Henke. Nach EU- und geltendem Bremer Jagdrecht sei man geradezu verpflichtet, die Nilgans zu bejagen. In einer entsprechenden EU-Verordnung heißt es denn auch, die Nilgans stehe auf der rechtsverbindlichen Liste invasiver gebietsfremder Arten. Die Verordnung gelte unmittelbar in allen Mitgliedstaaten. Nationale Bestimmungen seien  nur noch zulässig, wenn diese strenger sind als die in der EU-Verordnung.

Die Tierrechtsorganisation PETA spricht dagegen von einem sinnlosen Töten, das zudem nicht geeignet sei, die Nilgans dauerhaft von bestimmten Gebieten fernzuhalten. Und  der  Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) stuft die Schädlichkeit der Nilgans als gering bis nicht vorhanden ein. Ihre Bejagung lasse sich lediglich mit dem Wunsch begründen, ihr Fleisch als Nahrung zu nutzen.

*Name von der Redaktion geändert

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