Vegesack. „Es ist das größte Filmprojekt, das wir in fünf Jahren gemacht haben“, sagt Ronja Jürgens, erste Vorsitzende des Vereins Erstes Lesumer Fernsehen (E.L.F.). „Und die Jugendlichen, die dabei waren, haben alles selbst gemacht, bis hin zur Organisation dieses Filmfestivals“, betont sie. Im Mittelpunkt des Festivalabends steht die Premiere des Films „Bewertet und geknebelt“, der erst wenige Minuten vor der Uraufführung im Jugendfreizeitheim Alt-Aumund seinen letzten Schliff erhalten hat.
Die Handlung des Films spielt im Teutoburger Wald, wo 17 Jugendliche in einem alten Bauernhaus im Sommer ihre Ferienfreizeit verbracht haben. Ihnen war klar, dass die Woche viel Arbeit beinhalten würde: „Alle fünf Tage haben wir von morgens bis abends gedreht“, sagt Karl, 13 Jahre alt, der in dem Film eine Hauptrolle spielt. In dem Haus und im umliegenden Wald wurden alle 19 Szenen abgedreht, „mit viel Spaß, trotz des Zeitdrucks und vielen unvorhergesehenen Problemen“, sagt Sven Kuhnen von E.L.F., der im Film den strengen Lehrer spielt.
„Bewertet und geknebelt“ orientiert sich an Konflikten, die viele Schüler aus ihrem Alltag kennen. Doch was die Sache spannend macht, ist ein krimineller Hintergrund: Als die Lehrerin auf der Klassenfahrt auf mysteriöse Weise verschwindet, begeben sich die Schüler auf die Suche nach ihr, durchstreifen unerlaubt den Wald und finden sie geknebelt in einem Auto. Was ist passiert? Hinter der Entführung steckt eine schlechte Bewertung, die Schüler Julius von der Lehrerin erhalten hatte.
Zu E.L.F., dem Jugendmedienverein in Bremen-Nord, gehören Jugendliche, aber auch Erwachsene, die Kurzfilme machen, Spots drehen und auch eigene Festivals und Filmfahrten organisieren. „Wir wollten mal wieder ein größeres Projekt angehen: einen Spielfilm von 30 Minuten Länge“, sagt Sven Kuhnen. „Insgesamt brauchten wir dafür ein ganzes Jahr: Die Jugendlichen haben zum Beispiel die Story selbst erarbeitet, das Drehbuch geschrieben und ein Casting gemacht.“ Bereits im Januar lernten sie auf einem Workshop, wie man Drehbücher schreibt. Für den Spielfilm, der professionell unterstützt wurde, standen die Jugendlichen zum ersten Mal in ihrem Leben vor der Kamera. Umso bemerkenswerter ist, wie flüssig und professionell der Film geworden ist.
„Manche Szenen haben wir mehrfach wiederholen müssen, zum Beispiel, wenn Schauspieler bei witzigen Stellen ihr Lachen nicht beherrschen konnten“, erzählt die 13-jährige Nele, eine der Akteurinnen im Film.
220 Gigabyte Filmmaterial brachten die Jugendlichen von ihrer Ferienfreizeit mit, das geschnitten und teilweise auch nachvertont werden musste. Auch Musik und Soundeffekte einzuspielen gehörte zum Feinschnitt nach den Dreharbeiten.
„Weil heutzutage alles digital aufgenommen wird und man nicht mehr wie früher an Filmrollen sparen muss, nimmt man viel zu viel Material auf – umso mehr Arbeit macht hinterher das Schneiden“, sagt Ronja Jürgens. Parallel zu den eigentlichen Dreharbeiten für den Spielfilm wurde auch ein „making of“ gefilmt, das bei der Premiere als Vorfilm gezeigt wurde. Dabei entstanden Aufnahmen von den Geschehnissen hinter den Kulissen und auch von den sogenannten Outtakes, bei denen also etwas schief gegangen ist.
Auch wenn die digitale Technik heute Kosten spart – Geld für den Film war dennoch nötig, das vor allem von der Sparkasse und dem Trägerverein des Gustav-Heinemann-Bürgerhauses kam, aber auch von den Teilnehmern selbst. In Kürze wird „Bewertet und geknebelt“ auch bei Youtube im Internet verfügbar sein.
„Wenn man einen Film selber macht, erkennt man, dass die Dreharbeiten nur die Spitze eines Eisbergs sind. Es gehört unendlich viel Vor- und Nachbereitungsarbeit dazu“, sagt Karl, einer der Schauspieler im Film, „und wir haben auch gelernt, dass hinter der Kamera viel mehr los ist als davor“. Bernd Latin, zweiter Vorsitzender von E.L.F., würde sich über neue Gesichter beim Jugendmedienverein freuen, „denn wegen der Schulabschlüsse bricht jedes Jahr ein Teil der Jugendlichen weg“. Viele bleiben allerdings auch danach E.L.F. treu, und einige, die bei „Bewertet und geknebelt“ mitgemacht haben, sind schon bereit für den nächsten Film: Er soll „Nachts im Museum“ heißen. Drehort wird das Overbeck-Museum in Vegesack sein.
Das Jugendmedientreffen findet mittwochs und freitags jeweils von 16 bis 19 Uhr im Gustav-Heinemann-Bürgerhaus, Kirchheide 49, statt. Die Jugendredaktion trifft sich dort montags und dienstags von 16 bis 19 Uhr. Teilnehmen können Jugendliche und Erwachsene zwischen elf und 26 Jahren.