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Cappuccino auf dem Wochenmarkt Zum Einkauf gehört ein Stopp bei der "Kaffeetante"

Der Lauch ist gekauft, die Orangen und Äpfel auch. Dazu Blumenkohl und Kartoffeln. Alles erledigt auf dem Wochenmarkt. Fast alles. Fehlt nur noch die Pause am Kaffestand. Inklusive Schnack mit den Betreibern.
30.12.2022, 08:00 Uhr
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Von Ulrike Schumacher

Der Arbeitstag auf dem Markt kann noch so trubelig gewesen sein, das Wetter noch so ungemütlich – bevor Simone und Torben Tamoschus ihren Stand wieder zusammenklappen, darf er für beide nicht fehlen: der "ritualisierte Feierabend-Cappuccino". Dafür steht das Ehepaar gewissermaßen an der Quelle. Das duftende Heißgetränk ist ihr Metier. Seit zehn Jahren steuern Simone und Torben Tamoschus mit ihrem Kaffeemobil "Kaffeetante" den Vegesacker Wochenmarkt an. Nach den ersten Stammkunden könnte das Paar die Uhr stellen. "Die wollen morgens um sieben ihren Kaffee", erzählt Torben Tamoschus. Kaum dass der Stand aufgemacht hat.

Nicht unwahrscheinlich, dass dann Cappuccino gewünscht wird. Der rangiert auf der Beliebtheitsskala ganz oben. Gut 20 verschiedene Getränke stehen auf der Karte, erzählt der Standbetreiber, doch Cappuccino mache "ein Viertel bis ein Drittel" der verkauften Heißgetränke aus. "Ohne Cappuccino wären wir nix." Schon greift der Barista wieder zu den blank geputzten Hebeln seiner Kaffeemaschine. Es klackt und klopft und zischt hinter dem Tresen, auf dem kurz darauf eine Tasse vor einem steht: fluffiger heißer Milchschaum bedeckt dampfenden schwarzen Espresso. Würziges Aroma steigt die Nase hoch. Allein für den Duft zieht es viele Männer und Frauen immer wieder an den Kaffeetanten-Stand. Hier treffen sich Marktkunden, die den Einkauf mit Heißgetränk abrunden möchten, Gruppen, die an den Stehtischen zum regelmäßigen Schnack zusammenkommen oder Mitarbeitende aus den umliegenden Firmen. Auf eine kleine Auszeit mit Wachmacher.

Bitterstoffe für die Zunge

Dass man sich nach dem Kaffeegenuss munter fühlt, liegt an den Bitterstoffen, weiß Torben Tamoschus. Der Espresso, der bei ihm in die Tassen und To-Go-Becher fließt, besteht aus der Mischung 80/20. 80 Prozent Arabica-Bohne und 20 Prozent Robusta, wobei in der Robusta-Bohne mehr Bitterstoffe stecken, was der Zunge nicht entgeht, erzählt der Mann mit der Schiebermütze. Der Eindruck "Ah, bitter" lasse vermuten, dass der Kaffee stärker ist und folglich wach mache. Stärker im Aroma, aber milder in der Röstung. Das spreche für den Espresso. Es gebe Kunden, die seien an seinem Stand wieder zum Kaffeetrinker geworden, nachdem sie zuvor vom schwarzen Muntermacher wegen Unverträglichkeit genug hatten. 

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Die Vielfalt der dunklen Bohnen zeigt sich im Übrigen auch im Café, das der 50-Jährige in der Reeder-Bischoff-Straße betreibt. 52 Sorten bietet er dort an. Ganz bewusst nicht aus industrieller Massenherstellung. Die "Kaffeetante" verwendet Produkte der Bremer Privatrösterei Lloyd Caffee. "Weil sich Handwerksröstereien beim Rösten noch Zeit nehmen", sagt Torben Tamoschus. Und das schmecke man. Den Laden in Vegesack hätten sie sich im Übrigen nicht gesucht. "Der hat uns gefunden." Gleichwohl hatte das Paar schon eine Weile darüber nachgedacht, zusätzlich zu den beiden mobilen Kaffee-Bars, die auch bei Events und Messen sowie bei privaten oder öffentlichen Feiern im Einsatz sind, noch ein festes Café zu betreiben. "Aber", hätten sie sich gesagt, "wir suchen keinen. Der muss uns finden." Im Mai 2019 konnte das Paar dann das Café in Vegesack übernehmen. "Wir hatten zehn Monate volle Pulle zu tun, und dann kam Corona", erinnert sich der Kaffeestand-Betreiber. Die beiden Kaffeewagen hätten ihnen in der Lockdown-Zeit – salopp gesagt – "den Hintern gerettet".

Kontakte inklusive

Der Barista hat gern ein flottes Wort auf den Lippen. Das mache auch den Reiz an seiner Arbeit aus, erzählt Torben Tamoschus. "Dass ich hier mit Leuten zu tun habe. Dass man immer Kontakt hat." Und dass kein Tag wie der andere sei. Zu erzählen hätte der Mann vom Kaffeemobil eine Menge. Wie sie zu ihrem Logo und dem Namen gekommen sind zum Beispiel. So sei "Kaffeetante" das Resultat einer geselligen Brainstorming-Runde mit Freunden. Und für das Logo – Frauengesicht und dampfende Kaffeetasse vor hellblauem Hintergrund, umgeben von einem kaffeebraunen Rahmen – "haben wir aus Versehen eine talentierte Grafikerin getroffen". Ein Glückstreffer.

Am Stand ist wieder Kundschaft. Kurz vor Feierabend. "Ihre Frau hat gesagt, ich kriege noch einen Kaffee", sagt die Kundin. "Meine Frau hat geflunkert", kontert der Barista und greift wieder schmunzelnd zu den Hebeln der Profi-Siebträgermaschine. Über die Geschichten, die sich hier am Stand abspielen, könnte er ein Buch schreiben, verrät Torben Tamoschus. Eine handelt von einer Kundin, die "Cappuccino ohne Milch" bestellt hatte. "Meinen Sie einen Espresso?", lautete die Nachfrage. "Nein", blieb die Frau dabei, "einen Cappuccino ohne Milch." Das sei dann noch eine Weile – "zunehmend hitzköpfig" – diskutiert worden. Ausgeschenkt wurde am Ende weder Espresso noch Cappuccino. Die Frau zog wieder von dannen. Ohne den Gruß, den der Kaffee-Mann seinen Besuchern am Stand stets mit auf den Weg zu geben pflegt: Wahlweise, je nachdem, was gerade für wen passender ist: "Starken Tach" oder "Lass dich nicht ärgern".

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