Zehn Uhr an einem verregneten Dienstagmorgen. In den Gruppenräumen der Butterflies, Ladybugs, Bumblebees und Grasshoppers herrscht reges Treiben, es wird gemalt und getobt. Neben Sätzen wie „Welchen Stift möchtest du denn?“ und „Muss du auf Toilette?“ fallen solche wie: „Come over here please“ oder „Where is the ball?“. Auf den Tischen liegen Bücher in verschiedenen Sprachen. Schnell wird klar, dass es sich bei Kids at Jacobs um keinen klassischen Kindergarten handelt, denn die Erzieherinnen sprechen mit den Kindern Deutsch und Englisch. Geleitet wird die Kita auf dem Campus der Jacobs University (JUB) von der Erzieherin Rebecca Sahlmann.
Sahlmann kam 2014 nach Grohn. Nach ihrer Ausbildung hatte sie in den USA gelebt und brachte damit den benötigten bilingualen Hintergrund mit. „Am schönsten ist es natürlich, Native Speaker zu haben, aber es reicht auch, wenn man flüssig Englisch spricht“, erklärt Rebecca Sahlmann. Als sie bei Kids at Jacobs begann, fungierte sie zunächst als deutschsprachige Ansprechperson für die Kinder. Später übernahm sie den englischen Part und schließlich die Leitung der Kita. Diese Position füllt sie bis heute aus. Gerne würde sie weitere Kollegen gewinnen, muss jedoch immer wieder die Meinung revidieren, dass in dem Kindergarten alles in Englisch passiert. „Hier wird nicht nur Englisch gesprochen. Trotzdem muss man sich mit der Sprache wohlfühlen“, so die Erzieherin.
Jede Gruppe wird von zwei Fachkräften betreut. Eine spricht nur Deutsch, eine nur Englisch mit den Kindern. Dadurch beginnen diese automatisch zwischen den Sprachen zu wechseln. Dies zieht sich manchmal bis in den Alltag hinein. „Mein Sohn übernimmt viele Wörter und zählt zum Beispiel in Englisch“, berichtet Birte Lenkeit. Die Mutter von zwei Kindern bedauert, dass Fremdsprachen in der Grundschule keine große Rolle spielen. „Man lernt andere Sprachen in diesem Alter ganz ohne Mühe und was im Kleinkindalter gelernt wird, bleibt."
Eltern sind aktiv beteiligt
Lenkeit ist im Vorstand des Elternvereins. Dadurch, dass alle Eltern aktiv am Betrieb und der Organisation der Kita beteiligt sind, entstehe eine sehr familiäre Atmosphäre, erklärt Rebecca Sahlmann. „Man tauscht sich aus und kann mitbestimmen.“ Das unterscheide die Kita von städtischen Kindergärten. Auch unterstütze man sich gegenseitig. So komme es beispielsweise vor, dass Briefe für fremdsprachige Eltern übersetzt werden oder man ihnen erklärt, wie das deutsche Schulsystem funktioniert. Zudem bringen sich die Eltern ein, indem sie beispielsweise Bücher in ihrer Muttersprache vorlesen oder CDs mit entsprechender Musik mitbringen. Auch gibt es Projekte, in denen sich die Kinder mit ihren Herkunftsländern beschäftigen. „Wir fragen uns zum Beispiel, was man in dem jeweiligen Land isst und die Mütter kochen dann ein typisches Gericht aus ihrer Heimat“, erklärt die Kita-Leiterin. Auf manche Kollegen hätten die Besonderheiten der Kita jedoch auch eine abschreckende Wirkung: „Man hat hier viele Freiheiten, kann Dinge selber gestalten und arbeitet in einer sehr schönen, herzlichen Blase. Manche haben aber Angst vor der Nähe“, weiß Sahlmann.
Gegründet von Mitarbeitern und Studenten der JUB ist der Kindergarten inzwischen komplett selbstständig. Trotzdem profitiert er von seiner zentralen Lage auf dem Campus. So können die Kinder alle Grünanlagen mitbenutzen und manche Feste werden zusammen gefeiert. Immer wieder finden zudem Projekte in Zusammenarbeit mit der JUB oder deren Mitarbeiter statt. So gab es eine Mutter, die in einem der Uni-Labore arbeitete und gemeinsam mit den Kindern kleine wissenschaftliche Experimente durchführte.
Übers Kopftuch wird gesprochen
Von der Zweisprachigkeit und Organisationsform abgesehen gibt es laut Rebecca Sahlmann jedoch kaum Unterschiede zu der Arbeit in einem herkömmlichen Kindergarten. „Wir möchten den Kindern helfen, selbstständig zu werden, damit sie gut durchs Leben kommen“, fasst sie zusammen. Toleranz und Neugierde sind dafür ein wichtiger Baustein. „Die Kinder wachsen hier mit dem Verständnis auf, dass alles normal ist“, so Sahlmann. „Für sie ist es selbstverständlich, dass jeder irgendwie anders ist. Trotzdem fragen die Größeren auch mal nach, wenn sie etwas nicht kennen." Als Beispiel nennt die Erzieherin das Kopftuch einer Kollegin, das auf starkes Interesse gestoßen ist. „Irgendwann haben wir alle Kinder die es interessierte zusammengeholt, und die Kollegin hat dann all ihre Fragen beantwortet.“