Herr Malo, wie selten sind Drillingsgeburten?
Im Vergleich zu den anderen Kliniken haben wir überproportional mehr Mehrlingsgeburten. Das liegt daran, dass nicht alle Krankenhäuser Zwillinge und Kinder in Beckenendlage entbinden können. Wir tun das hingegen immer häufiger. Allein im letzten Jahr hatten wir 50 Zwillingsgeburten. Drillinge sind noch seltener, Drillinge haben wir zwei oder drei Mal im Jahr. Auch, wenn wir vergleichsweise viele Mehrlingsgeburten haben, bleiben sie etwas Besonderes, weil die Betreuung der Schwangeren besonders ist.
Inwiefern?
Es sind Risikoschwangerschaften, die zum Beispiel mit erhöhtem Blutdruck, Schwangerschaftsdiabetes, Frühgeburt und erhöhtem Gallensäurespiegel einhergehen können. Die größte Herausforderung ist aber, zu entscheiden, wann soll die Geburt beendet werden. Eine normale Schwangerschaft dauert 40 Wochen, Zwillinge bleiben maximal bis zur 38. Woche im Mutterleib, dann muss die Schwangerschaft beendet werden.
Das Kind soll nicht zu früh zur Welt kommen, zu lange warten darf man bei Mehrlingsschwangerschaften aber auch nicht. Zum einen, weil es die Frau an ihre körperlichen Grenzen bringt, zum anderen, weil es auch beim Kind Risikofaktoren gibt. Wenn sich Zwillinge zum Beispiel einen Mutterkuchen teilen, besteht die Gefahr, dass Blut von Kind zum Kind übertragen wird. Das führt zu Problemen. Wenn Drillinge bis zur 35. Woche im Bauch bleiben können, sind wir schon relativ glücklich.
Wie kommt es zu Mehrlingsgeburten?
Wir haben eine deutliche Zunahme der Zwillingsgeburten aufgrund der Möglichkeit der künstlichen Befruchtung. Aber auch das Alter der Mütter spielt eine Rolle. 1970 lag das Durchschnittsalter der Mütter bei der Geburt des ersten Kindes bei 24 Jahren, 2010 waren die Mütter im Schnitt 29 Jahre alt. Je älter die Schwangere ist, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass es Zwillinge werden. Denn im fortgeschrittenen Alter steigt das sogenannte FSH-Hormon im Körper, das follikelstimulierend ist und deshalb kommt es zu zwei oder drei Eisprüngen gleichzeitig. Es wurde aber auch festgestellt, dass familiäre Gründe und auch Übergewicht eine Rolle spielen.
2021 wurden 2300 Kinder im Klinikum geboren. Schaffen Sie die Zahl wieder?
In Bremen-Nord sind nie so viele Kinder auf die Welt gekommen wie im Jahr 2021. Diese Zunahme betrifft vor allem die Risikogeburten. Dieses Jahr haben wir jetzt schon 26 Zwillingsgeburten und eine Drillingsgeburt. Die vaginale Geburt aus der Beckenendlage nimmt glücklicherweise auch zu, letzten Jahr kamen 20 Kinder aus Beckenendlage normal auf die Welt, dieses Jahr sind es Stand heute zwölf Kinder, so viele wie in keinem anderen Krankenhaus in Bremen. Wir erwarten dieses Jahr eine ähnlich hohe Geburtenzahl wie 2021 und freuen uns auf jede vaginale Geburt, die wir betreuen dürfen.
Das Interview führte Patricia Brandt