Die Alte Hafenstraße hat eine bewegte Geschichte vorzuweisen. Als Aufführungsort klassischer Konzerte trat das Pflaster bislang jedoch nicht in Erscheinung. Dies änderte sich jetzt mit einem Gastspiel der "Sinfonietta".
Vegesack. Statt einer Bühne das Kopfsteinpflaster. Statt dem Ambiente eines Konzertsaals gibt es hier Gaststätten und ein Parteibüro. Die gesperrte Alte Hafenstraße bot eine ungewöhnliche Umgebung für die 60 Musiker der Bremer "Sinfonietta" – alle im Alter von zwölf bis vierzehn Jahren.
Bei den Künstlern handelte es sich ausnahmslos um Schüler der Musikschule Bremen-Mitte. "Auf hiesige Verhältnisse gemünzt wäre die ‚Sinfonietta’ vergleichbar mit einem Vor-Orchester des Jugendsymphonieorchesters", erklärte Markus Lentz, der im Vorjahr die Leitung aller vier Bremer Musikschulorchester übernommen hat. Der gebürtige Hamburger: "Die Idee zu diesem Konzert entstand vor etwa einem Monat durch eine E-Mail mit dem Inhalt: ‚Ich möchte Dir gerne ein Konzert schenken’." Adressat war Lutz Hößelbarth, Betreiber des Café Erlesenes.
Lentz traf exakt den Nerv der "Initiative Alte Hafenstraße", einem Zusammenschluss von dortigen Anwohnern und Gewerbetreibenden mit dem gemeinsamen Bestreben, der Alten Hafenstraße zu neuer Attraktivität zu verhelfen. Mit seinem Café zählt Hösselbarth ebenso zu den zehn Initiativenmitgliedern wie Kito-Vorstandsmitglied Thomas Pörschke.
Pörschke war es dann auch, der dem Konzert einen caritativen Charakter verlieh: Im Anschluss an das 45-minütige Konzert sammelten die Organisatoren Spenden für die "Independent Afghan Women Association" (Iawa). Es wird eingesetzt zum Baum und Erhalt allgemeinbildender Schulen in Afghanistan. Insgesamt 571 Euro und 90 Cent spendeten die circa 300 Zuhörer.
Das Konzert bestritten die jungen Musiker mit einer – für das junge Durchschnittsalter – erstaunlich großen Musikalität, mittels derer sie leichte, eingängige Ouvertüren, Tänze und Sinfonien Glucks, von Dittersdorf und del Borgos in die Alte Hafenstraße entließen. Die ungewöhnliche, ungezwungene und doch von Respekt vor den Leistungen des jungen Orchestern geprägte Atmosphäre überzeugte den Organisatoren zufolge auch Kritiker der Alten Hafenstraße.
Rosen sollen die Straße zieren
"Wir sind im Moment noch am ausprobieren, was geht und was nicht geht, ob wir Gegenwind erhalten oder nicht. Unser Ziel ist es, etwas für die Alte Hafenstraße und auch für den Bremer Norden zu tun. Um Geld geht es hierbei nicht", erklärt Hößelbarth. Er bedankt sich für die schnelle und unbürokratische Unterstützung sowohl durch die Anwohner und Gewerbetreibenden der Hafenstraße als auch seitens des Ortsamts, der Polizei und des Vegesack Marketings. Auf Gegenwind stieß das Konzert keineswegs: "So etwas würden wir gerne öfter hier hören, gerne auch mal einen Chor", wünschten sich zwei Anwohnerinnen, die das Konzert von einem Logenplatz aus verfolgten, auf einem Balkon oberhalb des SPD-Parteibüros.
Und auch ansonsten beflügelte das Vorhaben die Aufbruchstimmung der Initiativen-Mitglieder, die nicht nur per Handschlag mit Markus Lentz eine jährliche Fortführung dieser "soeben begründeten Tradition" vereinbarten, sondern auch bereits weitere Aktionen planen: In Kürze soll die Alte Hafenstraße sowohl von Bannern mit dem Initiativenlogo als auch von Rosensträuchern geziert werden, die sich laut Pörschke als "botanisches rotes Band" durch die Alte Hafenstraße ziehen.
"Darüber hinaus konnten wir heute auch zeigen, was in dieser Straße alles möglich ist, wenn diese nicht zugeparkt ist", so Pörschke. Er störe sich bereits seit geraumer Zeit an den dauerparkender Fahrzeugen und an Autofahrern, die sich nicht an das nächtliche Durchfahrtverbots in der Alten Hafenstraße halten.