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Haus am Wasser in Vegesack Das Atelier wird geräumt

Angekündigt war es schon länger, jetzt haben die Maler das Atelier im Haus am Wasser in Vegesack geräumt – nach 20 Jahren, in denen es rund 100 Ausstellungen in dem denkmalgeschützten Gebäude gegeben hat.
10.06.2021, 14:22 Uhr
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Das Atelier wird geräumt
Von Christian Weth

Helmut Streich packt: hier die Bilder, Leinwände und Spachtel, dort die Staffeleien, Farben und Pinsel. Heute ist er nicht nur mit einem Kleintransporter vorgefahren, sondern auch mit einem Anhänger. Streich muss sich beeilen. In diesem Monat soll er das Haus am Wasser geräumt haben, im nächsten den Schlüssel abgeben. 20 Jahre lang war das Gebäude am Vegesacker Weserufer sein Atelier und ein Ausstellungsraum für viele. Damit ist jetzt Schluss.

Streich sagt das so, als wäre er gerne noch geblieben. Er klingt enttäuscht. Später wird der Maler sagen, das ihn die Sache deprimiert. Nicht die Kündigung, von der er seit Monaten weiß, sondern dass sich niemand für das Aus der Kunst im Haus am Wasser interessiert hat. Streich hatte geglaubt, dass die Leute wissen wollen, wo denn nun Bilder und Skulpturen in Vegesack gezeigt werden, wenn nicht mehr dort. Schließlich, meint er, sind zwei Jahrzehnte keine Kleinigkeit. Genauso wenig wie hundert Ausstellungen, die es seiner Rechnung nach in dieser Zeit gegeben hat.

Doch kaum jemand hat nachgefragt. Und sich niemand dafür eingesetzt, dass für die Kunstaussteller ein neuer Raum geschaffen oder ihnen zumindest eine Alternative angeboten wird. Zwischenzeitlich hat Streich überlegt, selbst das Gebäude zu kaufen. Nicht allein, sondern mit Malerkollege Otto Völker, mit dem er sich zuletzt das Atelier an der Vegesacker Uferpromenade geteilt hat. Doch der eingeschaltete Makler hat ihnen gesagt, dass aus dem Handel nichts wird, weil andere mit einer anderen Idee schneller waren. Eine Stiftung, die in Planung ist, will das Haus übernehmen.

Die Maler haben davon aus der Zeitung erfahren – auch, dass sie in absehbarer Zeit ausziehen müssen. Die Kündigung, sagt Streich, kam dann einige Monate später. Dabei hatten er und Völker eigentlich vor, im Haus am Wasser wieder Kunst von anderen zu zeigen. Mit Doris Hahlweg sollte die längere Ausstellungspause beendet werden. Laut Streich waren die Einladungskarten für die Bilderschau der Münchener Malerin bereits gedruckt. Dass sie am Ende abgesagt wurde, erklärt er nicht nur mit den neuen Plänen für das denkmalgeschützte Gebäude, sondern auch mit Corona.

Völker und Streich sind nicht die Einzigen, die das Haus am Wasser als Atelier genutzt haben. Auch Maler und Bildhauer Thomas Recker hat im Erdgeschoss an Bildern und Plastiken gearbeitet. Er war es, der sich zuerst mit Streich zusammengetan hatte, um das Parterre des Gebäudes zu mieten. Jeder zahlte ihm zufolge ungefähr 300 Euro. 2001 war das. Recker sagt, dass er damals dringend Ersatz für sein Atelier im Alten Speicher beim Schulschiff brauchte, wo er die Entwürfe für die Figurengruppe Reckers Familie geschaffen hatte, die am Vegesacker Museumshaven stehen.

Er kann nicht genau sagen, wie viele Künstler im Haus am Wasser ausgestellt haben. Nach seinen Worten waren es aber eine Menge. Und eine Menge aus allen Teilen der Republik. Auch Völker, Streich und Recker haben am Vegesacker Weserufer immer wieder ihre Arbeiten gezeigt – nicht selten zusammen. Mit anderen Künstlern bilden sie die Gruppe Grün. Recker sagt, dass die Ausstellungen im Haus am Wasser oftmals Kurzausstellungen waren. Einige dauerten 14 Tage, andere eine Woche. In manchen Monaten gab es mehrere Kunstschauen in Folge.

Vor einigen Jahren ist Recker als Ateliermieter aus- und Völker eingestiegen. Der Maler und Bildhauer hat ein Studio in Findorff. Auch seine Künstlerkollegen werden nicht mehr in Vegesack arbeiten. Völker ist gerade dabei, einen Mietvertrag für Atelierräume in Walle  zu unterschreiben – und Streich hat welche im niedersächsischen Rätzlingen gefunden, wo er mittlerweile wohnt. Noch zwei, drei Fuhren mit dem Kleinbus und dem Anhänger, dann will der Maler endgültig einen Schlussstrich hinter Vegesack ziehen.

Zur Sache

Das Konzept fürs Gebäude

Seit fast zwei Jahren wird darüber nachgedacht, was aus dem sogenannten Haus am Wasser werden könnte, wenn es frei wird. Mehrere Vegesacker haben sich zusammengetan, um ein Konzept für das Gebäude zu erarbeiten, das von Ernst Becker im Bauhausstil entworfen und 1927 fertiggestellt wurde. Es soll für Besucher der Maritimen Meile geöffnet werden. Im Parterre ist ein Gastronomiebetrieb und ein Veranstaltungsraum geplant, im Obergeschoss eine Fläche für Ausstellungen. Dort soll es einerseits um den Spezialschiffbau der umliegenden Werften gehen und anderseits um die Geschichte der Bauhaus-Architektur. Für die Übernahme des denkmalgeschützten Gebäudes ist eine Stiftung geplant. Deren Mitstreiter verhandeln seit Längerem mit der Stadt, der das Haus am Wasser gehört. Die potenziellen Stifter gehen davon aus, dass ein Vertrag noch in diesem Jahr unterzeichnet wird.

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