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Kulturbüro Bremen Nord Programmdirektor lockt junges Publikum mit Social-Media-Comedians

Malte Prieser sucht auf Tiktok und Co. nach aufstrebenden Künstlern und will sie auf die reale Bühne bringen. Sie sollen so die Zielgruppe unter 30 Jahren anziehen. Einige folgen dem Ruf des Programmdirektors.
06.02.2024, 18:00 Uhr
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Programmdirektor lockt junges Publikum mit Social-Media-Comedians
Von Elias Fischer

Marvin Holm, Paul alias Karlitoz sowie die "Männer, die aufs Wasser starren", Joschka Traue und Nico Flathmann, stehen an einem ähnlichen Punkt in ihrer Comedy-Karriere. Auf Instagram und Tiktok folgen Hunderttausende User ihren Accounts. Zigtausende reagieren auf ihre Kurzvideos. Erfahrungen auf realen Bühnen haben sie allerdings kaum. Das Kulturbüro Bremen Nord bemüht sich derzeit darum, das zu ändern, und sucht nach talentierten Social-Media-Comedians und -Kabarettisten. Sie sollen ein jüngeres Publikum anlocken.

Laut Malte Prieser, Programmdirektor des Kulturbüros Bremen-Nord, steht bereits seit vor der Corona-Pandemie auf dem Plan, vermehrt die Zielgruppe U30 in die Spielstätten zu ziehen. Der Grund: Die Art von Humor, die während der sogenannten Comedy-Welle um 2000 herum die deutschen Bühnen flutete, findet beim jüngeren Publikum heute keinen Anklang mehr. Stattdessen funktionierten etwa Kabarett, das seinen Ursprung im Poetry-Slam hat, oder junge Künstler, die eine gewisse Straßen-Authentizität hätten, sagt Prieser.

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Während der Corona-Pandemie geht der Programmdirektor intensiver auf die Suche. Er durchforstet Instagram, Tiktok und Co. nach aufstrebenden Künstlern und kontaktiert sie. "Früher hat man Demo-CDs oder -Tapes von Bands gehört. Heute sucht man in den sozialen Netzwerken nach neuen Künstlern", sagt Prieser. Das Ergebnis seiner Umtriebigkeit in der virtuellen Welt spiegelt sich im aktuellen Programm des Kulturbüros. Marvin Holm und Karlitoz, die beide erstmals auf Tour gehen oder sind, machen Halt in Vegesack. Den Bremerhavenern Flathmann und Traue verhalf Prieser zu ihrem ersten Auftritt im Kito im vergangenen Dezember, im Februar treten sie während ihrer Tour im Bürgerhaus auf.

Entscheidung vertagt

Der Anlauf zog sich über ein Jahr. Im Dezember 2022 schreibt der Programmdirektor das Duo über Instagram an. Die beiden hatten erst zwei Monate zuvor ihr Kurzvideo-Format "Männer, die aufs Wasser starren" gestartet. In den circa 30-sekündigen Clips sitzen sie meist mit einer Tasse Kaffee in der Hand und Weser- oder Meerblick nebeneinander und erzählen sich Witze. "Prieser hat gefragt, ob das nicht einmal auf der Bühne ausprobieren wollen", erinnert sich Flathmann. Zu dem Zeitpunkt hatte sich das Duo noch keine Gedanken über Live-Auftritte gemacht. Die beiden geben Prieser zu bedenken, dass sie nicht wüssten, wie ihr Format live aufziehen sollte. Die Entscheidung wird vertagt, doch im Hintergrund weiter an einem Auftritt gearbeitet.

Malte Prieser kontaktiert Thorsten Sievert. Der Geschäftsführer von Smile Producing stand in den 90er-Jahren selbst als Kabarettist auf der Bühne, arbeitete später als Regisseur und Produzent für bekannte Comedians wie Kaya Yanar und Cindy aus Marzahn. Heute konzentriert er sich darauf, unterhaltsame Social-Media-Künstler auf die reale Bühne zu bringen. "Live-Auftritte sind das letzte Lagerfeuer, vor dem wir gemeinsam einen schönen Abend verbringen können."

Das ist krank.
Joschka Traue, Künstler

Der Producer nimmt sich der beiden "Männer, die aufs Wasser starren" an. "Thorsten Sievert hat uns erst einmal die Quintessenz von Comedy nähergebracht. Wir waren ja bis dahin Touristen in dieser Welt", sagt Traue. Sie arbeiten mit dem Produzenten daran, wie sie ihr digitales Format bühnenkompatibel machen können, gewinnen anschließend durch Proben Routine und Sicherheit. Trotzdem kommen in der Vorbereitung auf ihre Bühnenpremiere Zweifel auf. "Wollen die Menschen das überhaupt sehen? Finden die das witzig?", sagt Flathmann. Traue habe vorher "komisch geschlafen".

Auf der Bühne verfliegen die Sorgen jedoch schnell. "Das hat sich richtig angefühlt. Wir mussten uns nach 20 Minuten daran erinnern, mit dem Programm loszulegen. Vorher haben wir nur Witze gemacht", schildert Joschka Traue das Erlebte. Auch Flathmann hatte Spaß. "Das war ein guter Einstieg vor 150 Leuten im Kito." Es habe beide darin bestärkt, auf Tour zu gehen.

Die Tickets für den bevorstehenden zweiten Auftritt im Bürgerhaus Vegesack sind bereits vergriffen. "Das ist krank", sagt Traue. Er führt das auf einen entscheidenden Vorteil zurück, den sich sein Freund und er auf Social Media erarbeitet hätten. "Wir haben 55 Millionen Menschen mit unseren Videos erreicht, bevor wir das erste Mal überhaupt auf der Bühne standen. Die konnten uns vorher schon kennenlernen", sagt Traue.

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Alles nur ein Hype?

Malte Prieser freut sich über den Andrang und das Resultat seiner Mühen. Das Kulturbüro habe sich zu einer beliebten Adresse für aufstrebende Künstler entwickelt, sagt er. Man bekomme mittlerweile Newcomer angeboten. Wie nachhaltig der Hype um die Social-Media-Künstler auf realen Bühnen sei, könne er nicht sagen. Er stellt allerdings fest: "Die Leute unter 30 sind nach der Pandemie nicht mehr so partyaffin. Sie verbringen ihre Wochenenden auch gerne auf Sitzveranstaltungen."

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