Prellball war für Melina Husen vom MTV Eiche Schönebeck „Liebe auf den ersten Blick“. Die Leidenschaft für das Spiel über die flach gespannte Leine begann mit acht Jahren. Heute tritt die 21-Jährige noch immer mit ihren damaligen Sportkameradinnen, die im Nachwuchs-Bereich das erfolgreichste Team Deutschlands stellten, in der gleichen Mannschaft an. Und auch bei den Erwachsenen gehören die Schönebeckerinnen mittlerweile zu besten Prellballerinnen in der Bundesliga Nord.
Das Spiel ihres Lebens bestritt Melina Husen im letzten Jugendjahr ihrer Crew. „Das Finale bei den deutschen Meisterschaften 2018 war sehr emotional“, erinnert sich die Schönebeckerin. Auch das ganze Drumherum bei den Titelkämpfen in Berlin sei unvergesslich.
Das begann schon mit der Anreise. „Das war die spaßigste Busfahrt überhaupt. Sich auf engstem Raum gemeinsam mit den mitgereisten Fans hochzupushen, zu singen, und zu lachen war das erste Highlight der Meisterschaften“, verrät sie. Im Vorfeld hatte die Mannschaft noch einen Sponsoren gefunden und vom gespendeten Geld eigens für das letzte Turnier in der Jugend-Altersklasse Pullis gekauft. Das neue, selbst gestaltete Outfit wurde während der Hinfahrt nach Berlin an alle Teammitglieder und Trainerin Inge Mahler übergeben.
Mit Goldmedaillen wollten die Schönebeckerinnen ihren Abschied aus der Jugendklasse krönen. Als Favoritinnen galten sie automatisch, nachdem sie siebenmal in Folge souverän deutsche Meisterinnen geworden waren. „Es soll nicht arrogant klingen, aber wir hatten im Nachwuchsbereich keine gleichwertigen Gegner. Immer, wenn wir gewonnen hatten, hieß es: Ach, das war doch eh klar“, berichtet Melina Husen. Da seien in Berlin die Erwartungshaltung und der Druck für die ewigen Siegerinnen sehr hoch gewesen.
Beim Abschiedsauftritt aber war mit dem TV Winterhagen ein ernstzunehmender Konkurrent herangewachsen. Und schon frühzeitig bahnte sich an, dass der MTV das DM-Finale gegen die bissige Crew aus Nordrhein-Westfalen bestreiten würde.
„Wir sind mit Respekt ins Endspiel gegangen, denn wir wussten, dass der TV Winterhagen im Spiel wachsen würde“, erzählt Melina Husen. Mit Anneke Schulz vom mehrfachen deutschen Meister und Bundesligasieger TV Sottrum hatten sich die Finalistinnen auf eine erfahrene Schiedsrichterin für das bevorstehende Kräftemessen geeinigt. „Uns allen war wichtig, dass die Unparteiische genau darauf achtet, dass die Bälle sauber gespielt werden“, berichtet die Schönebeckerin.
In der Stammaufstellung mit Neele Tiedje (links außen), Melina Husen (in der Mitte), Vivien Mahler (rechts außen) und Tabea Kluba (am Schlag) – zum Team gehörten ferner Ersatzfrau Lena Feegel und die damals bereits der Jugend-Altersklasse entwachsene Sina Dentler – wollte der MTV wie immer anfangs einen komfortablen Vorsprung erkämpfen. Doch es kam anders: „Die erste Halbzeit entwickelte sich zum Katz-und-Maus-Spiel“, beschreibt Melina Husen die ersten zehn Minuten bis zum Halbzeitpfiff.
Da stand es 13:13-Unentschieden. Ratlosigkeit und Nervosität machten sich breit: „Wir haben überlegt, ob wir einen Spielerinnenwechsel wagen sollten und baten Inge Mahler um Rat“, erzählt sie. Die Empfehlung der Trainerin: „Spielt so weiter, sonst wird die Neue, die kalt auf’s Feld geht, vom Gegner abgeschossen.“
Gesagt – getan, und die Taktik ging auf. In der zweiten Hälfte erarbeiteten sich die Schönebeckerinnen eine ständig wachsende Führung und glänzten nach dem Schlusspfiff mit einem deutlichen 31:23-Sieg.
„Die letzten zehn Sekunden haben die Zuschauer runter gezählt, und danach lagen wir uns heulend in den Armen. Der Gegner gratulierte uns. Ich kann mich noch genau an die Worte von Annika Köthe erinnern: ‚Wir freuen uns für euch. Aber nun seid ihr endlich raus, und wir haben nächstes Jahr die Chance auf den Titel‘.“
Ein weiterer Höhepunkt sei die Siegerehrung gewesen. „Da kamen unsere Muttis jeweils mit einer Rose in der Hand auf uns zugelaufen. Außerdem gab es T-Shirts mit der grünen Aufschrift Deutscher Meister 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 20,17 und 2018 für uns. Auf dem Treppchen haben wir dann noch ein Trullala auf unsere Trainerin Inge Mahler gesungen“, erinnert sich die 21-Jährige.
Feucht-fröhlich endete der Sporttag vor der Halle. „Auf der Wiese tobte eine Wasserschlacht, und beim MTV gab es zusätzlich noch eine Bierdusche aus der mitgebrachten Drei-Liter-Flasche. Wir waren alle klitschnass. Inge Mahler traute sich nicht, aus der Halle zu kommen. Sie wusste ganz genau, was ihr draußen blühen würde“, erinnert sich Melina Husen an den ausgelassenen Moment nach dem Spiel ihres Lebens.
Melina Husen (21)
spielt Prellball beim MTV Eiche Schönebeck und wurde sieben Mal deutsche Meisterin mit dem Team bei den Schülerinnen/weibliche Jugend. Die Kauffrau für Dialogmarketing ist aktuell bei der ersten Damenmannschaft in der Bundesliga Nord aktiv.
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