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Wrestling in Vegesack Muskelpakete zeigen Showkämpfe

Die Hannoveraner Liga „Power of Wrestling“ bringt Sport-Entertainment ins Vegesacker Bürgerhaus. Weitere Veranstaltungen könnten folgen.
13.10.2019, 15:19 Uhr
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Von Christian Pfeiff

Wrestling hat in Bremen eine langjährige Tradition. Diese Mischung aus Show und Sport war hier allerdings eher unter der Bezeichnung Catchen bekannt. Der Bremer Norden zählte bislang nicht zu den Metropolen dieser Art des Sport-Entertainments. Dies könnte sich in den kommenden Jahren ändern: Für ihre aktuelle Tournee „Larger than Life“ entdeckte die in Hannover ansässige Liga „Power of Wrestling“ (PoW) erstmals das Bürgerhaus Vegesack für sich und verwandelte es in eine temporäre Arena.

„Nachdem wir zuvor ein paar Jahre im 'Pier 2' gastierten, haben wir diesmal gezielt nach einer geeigneten Spielstätte gesucht, die zwar noch zu Bremen gehört, aber nicht direkt zentral gelegen ist“, erklärt Ligamitarbeiter Thorsten Thiele – und gesteht: „Das hat natürlich auch etwas mit Kostenreduktion zu tun.“ Das Experiment ist für die Veranstalter geglückt: Etwa 450 Zuschauer verfolgten die sieben Kämpfe durchtrainierter Muskelpakete, darunter diverse internationale Stars der Szene, wortwörtlich hautnah. Da es keinerlei Absperrungen gab, saßen insbesondere die vorderen Publikumsreihen quasi direkt am in der Saalmitte platzierten Ring. Dadurch bekamen sie hautnah mit, wenn einer der beteiligten Wrestlingprofis von seinem Kontrahenten aus dem Ring befördert wurde – was im Verlauf des Abends nicht selten vorkam.

Es dauerte ein paar Kämpfe, bis das Nordbremer Publikum Sprechchöre bildete. Ligamitarbeiter hatten diese schon vom Beginn der Veranstaltung an am Merchstand lautstark initiiert. Ermutigende Publikumskommentare gab es dagegen von Anfang an.

„Hau ihn so lange, bis er Bremer ist“, forderte ein Zuschauer von dem amerikanischen Profiwrestler Joe Doering gegen den Hamburger Vincent Heisenberg, was dieser auch tat und seinen Gegner durch Pinfall besiegte. „Reiß' ab da, den Flügel“ schallte es durch den Saal. „Das ist immer so“, kommentiert PoW-Prssesprecher Andreas Barthel grinsend.

Er erläuterte auch, warum es keine Sicherheitsgitter oder andere Barrieren gab: „Wer sich etwas mit Wrestling beschäftigt, weiß um die ironische Bedeutung derartiger Sprüche. Psychologen haben das Phänomen mal so erklärt, dass das Publikum neben Begeisterung auch Frust und alltägliche Sorgen auf die Akteure im Ring projiziert und die dort ausgetragenen Kämpfe entsprechend substitutiven Charakter aufweisen. Das Publikum kann hier also mit markigen Sprüchen die Sau rauslassen; ernsthaft schlagen will sich hier ja niemand.“

Das zeigte sich auch im Ring: Blaue Flecken, blutige Nasen und sonstige Verletzungen gab es hier nicht, trotz professioneller „Moves“ wie Bodyslams, Dropkicks und Suplexes. Dass es sich beim Wrestling in großen Teilen um eine Inszenierung handelt, in deren Fokus der Unterhaltungswert steht, demonstrierte auch der Westfale Jay Skillet, der sich bei seinem Match gegen den Samoaner „Headshrinker Alofa“ intensive Wortgefechte mit dem Publikum lieferte. Barthel lobte in diesem Zusammenhang die Akustik des Bürgerhaus-Saals, die neben sämtlichen Publikumskommentaren auch kurze Wortgefechte im Ring für alle Anwesenden gut hörbar machte. Beispielsweise die von Referee Ben Böseler, der die Muskelpakete bei unfairen Aktionen wie im Fußball mit gelben und roten Karten verwarnte, aber auch selbst den einen oder anderen Move einstecken musste.

Dass im Gegensatz zum „Ultimate Fighting“ oder Boxen beim Wrestling Spaß und Unterhaltungswert im Vordergrund stehen, zeigte sich auch an einem spontanen Kurzauftritt von Schauspieler und „Kiez-Legende“ Kalle Haverland. Er ist mit dem Ligapräsidenten Jörg Vespermann befreundet und zählt häufiger zu den Ehrengästen der PoW. Während einer Kampfpause, die entstand, weil der Ring beschädigt war, sorgte er spontan für Unterhaltung, indem er aufgepeppte Versionen alter Schlager wie „Tanze mit mir in den Morgen“ sang.

Für eine Sensation unter Wrestlingfans hatten die Veranstalter bereits im Vorfeld mit der Verpflichtung von Superstar „Sabu“ gesorgt, der bereits in allen namhaften Wrestling-Ligen gastierte und mehrfach als Figur in diversen Wrestling-Konsolenspielen verewigt wurde. Die Spezialität des Mittfünfzigers sind sogenannte Hardcore-Matches ohne Disqualifikation, bei denen auch der Einsatz von Hilfsmitteln erlaubt ist. Allerdings beschränkten sich Sabu und sein Gegner „Demolition Davies“ beim nicht ganz zehnminütigen Hauptkampf auf den „Hardcore-Standard“. Nach einem kurzen Ausflug in die Publikumsreihen – in dessen Folge einige Zuschauer aufgrund der unerwarteten Nähe zum Kampfgeschehen geschockt den Saal verließen – gingen im Ring noch ein Stuhl und ein Klapptisch zu Bruch und schon besiegte Sabu seinen Kontrahenten durch „Schulterfesselung“.

Angesichts des Publikumszuspruchs und der interaktiven Atmosphäre im Saal – „zumindest für norddeutsche Verhältnisse“, so Barthel schmunzelnd – stellten die Organisatoren der PoW für die kommenden Jahre weitere Wrestlingveranstaltungen im Bürgerhaus in Aussicht.

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