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Vegesacker Holzhändler macht weiter Neuanfang mit 55

Erst legten Einbrecher den Betrieb lahm, dann blieben Kunden weg, weil Arbeiten nicht gleich erledigt werden konnten. Wie der Vegesacker Holzhändler Johann Taube trotzdem weitermacht.
09.03.2020, 07:00 Uhr
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Neuanfang mit 55
Von Christian Weth

In den vergangenen Monaten hat es immer wieder Momente gegeben, in denen Johann Taube nicht mehr weiterwusste: Erst richteten Einbrecher in seinem Holzhandel einen so großen Schaden an, dass der Betrieb lahmgelegt war – dann blieben die Kunden weg, weil Taube nicht alle Arbeiten von jetzt auf gleich erledigen konnte. Mittlerweile kommen die Auftraggeber wieder. Taube hat allen erklärt, dass er weitermacht. Der Vegesacker Firmenchef sagt, dass er alles Geld, das er für seinen Ruhestand zurückgelegt hatte, ins Geschäft gesteckt hat. Und dass er mit 55 quasi noch einmal von vorn beginnen muss.

Taube sitzt hinter seinem Schreibtisch und gestikuliert mit den Händen während er spricht. Anfang Dezember, als sein Büro ein Tatort war, hatte er am Schreibtisch mit den Händen vorm Gesicht gesessen. Damals lagen überall Aktenordner auf dem Boden, Geschäftspapiere und Holzsplitter von der aufgebrochenen Eingangstür. Taube und seine Frau brauchten mehrere Tage, um irgendwie Ordnung in das Chaos zu bringen, das die Täter im Geschäft an der Meinert-Löffler-Straße hinterlassen hatten. Die Einbrecher waren nicht nur in Taubes Büro auf Beutezuge, sondern auch in dem seiner Mitarbeiter.

Noch schlimmer als das Durcheinander war jedoch etwas anderes: Die Täter hatten alles mitgenommen – Computer, Drucker, Monitore, die Werkzeuge der Beschäftigten und den Tresor, in dem die Festplatten mit den Auftragsdaten und die Papiere sowie Schlüssel aller Firmenfahrzeuge waren. Von den drei 40-Tonnern, den drei Kleintransportern, den Anhängern und vom Audi, mit dem Taube zu Kunden fährt. Zwischenzeitlich standen fast alle Autos durch eine Radkralle gesichert im Hof des Holzhandels, weil Taube nicht wusste, ob die Einbrecher wiederkommen – und diesmal die Fahrzeugschlüssel, die im Tresor waren, verwenden.

Inzwischen braucht er keine Radkrallen mehr zu montieren. Bei sämtlichen Fahrzeugen sind die Schlösser ausgetauscht. Nach seiner Rechnung hat das pro Wagen so viel gekostet, wie andere für einen Gebrauchten ausgeben: fast 3000 Euro. Taube sagt, dass der Betrag für die neuen Werkzeuge wesentlich höher ist – und der wiederum nichts ist im Vergleich zur Summe, die das Geschäft an Einbußen hatte, weil es Aufträge nicht abarbeiten konnte und Kunden ausgeblieben waren. Taube nennt keine Verlustsumme. Stattdessen spricht er von Monaten, die schwer waren und Zeiten, die jetzt besser werden.

An diesem Morgen sind fast alle Fahrzeuge weg. Taube sagt, dass die Mitarbeiter entweder auf Baustelle oder auf Liefertour sind. Der Mann strahlt. Im Dezember hatte er sein Personal immer wieder nach Hause schicken müssen, genauso wie im Januar und Februar. Sieben Beschäftigte hat Taube, seine Frau macht die Buchhaltung. Weil im Tresor die Festplatten mit Aufträgen, Eingangsbestätigungen, Zahlungen und Bankverbindungen waren, musste sie vieles rekonstruieren. Das Aufarbeiten der Geschäftsdaten dauerte länger als das Aufräumen nach dem Einbruch, nicht Tage, sondern Wochen.

Taube vertraut deshalb nichts mehr irgendwelchen Bürotresoren an. Er nimmt jetzt immer alles nach Feierabend mit – die Daten von den Festplatten wie die Schlüssel der Fahrzeuge. Auch deren Papiere würde er mitnehmen, wenn er sie denn mittlerweile hätte. Der Holzhändler sagt, dass er bislang keine neuen Fahrzeugbriefe beantragen konnte, weil er immer noch auf Berichte der Polizei wartet. Taube geht davon aus, dass die Einbrecher, die ihn fast ruiniert hätten, nicht mehr gefasst werden. Zu lange, meint er, ist der Fall jetzt her. Nach Angaben von Polizeisprecherin Franka Haedke laufen die Ermittlungen noch.

Am Wochenende war die Polizei wieder auf Taubes Firmenhof. Nachbarn hatten den Beamten verdächtige Personen gemeldet. Die neue Alarmanlage war nicht losgegangen. Der Firmenchef sagt, dass sie auch nicht hätte losgehen können. Bei den verdächtigen Personen handelte es sich nämlich um zwei seiner Lastwagenfahrer, die nachts von einer Liefertour zurückgekehrt waren. Die Beamten sprachen von einem blinden Alarm, anders als Taube. Für ihn ist der Fall ein Beleg dafür, dass die Anwohner wachsam sind – und die Polizeibeamten schnell. Diesmal hätten sie den Einbruch vereitelt, wenn es denn einer gewesen wäre.

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