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Schüler-Kabarett Vegesack: Antitoxin überzeugt mit alter Bissigkeit in neuem Programm

Das Vegesacker Schülerkabarett Antitoxin feiert die Premiere von "Realtitätsschelle". Unter neuer Regie beweist das Ensemble die gewohnte Bissigkeit.
18.09.2024, 16:00 Uhr
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Von Christian Pfeiff

Die Aula des Gymnasium Vegesack ist ausverkauft, als die Schülerkabarettgruppe Antitoxin am Dienstagabend die Premiere ihres jüngsten Programms „Realitätsschelle“ auf die Bühne bringt. In gewohnter Manier servieren die Schüler ein buntes, selbst verfasstes Szenenpanoptikum. Das Themenspektrum reicht von Trivialitäten bis hin zu aktuellen, weltpolitischen Geschehnissen – kommentiert mit zynischem, bissigem Humor. Am Ende gibt es stehende Ovationen für das beherzt aufspielende, 13-köpfige Ensemble, dessen Akteure zur Hälfte bereits im Vorjahresprogramm „Passt schon“ zu sehen waren.

Alles wie gehabt also bei der einst von Reinhard Schilling als schulübergreifende AG initiierten Schülerkabarettruppe, die mit großen Schritten auf ihr 30-jähriges Bestehen im kommenden Jahr zusteuert? Vordergründig durchaus. Hinter den Kulissen fand jedoch bereits vor dem runden Jubiläum ein Generationenwechsel statt: Nach 20 Jahren übergab Schauspieler und Theaterpädagoge Mathias Hilbig, der 2004 die künstlerische Leitung der Gruppe übernommen hatte, den Staffelstab nun vollends an Annik Ahrens. Sie wirkte bereits im Vorjahr als Co-Regisseurin an der Produktion mit.

Grenzen werden ausgelotet

Für die frisch ausgebildete Theaterpädagogin ist es die erste Regiearbeit mit Antitoxin. „Das ist immer etwas unterschiedlich: In manchen Jahren waren es gerade einmal sechs Mitwirkende. 13 ist da natürlich schon viel; aber es macht auch viel Spaß, mit so vielen Leuten und so vielen unterschiedlichen Ideen zu arbeiten“, konstatiert Ahrens, die selbst von 2013 bis 2015 in der Gruppe aktiv war.

Die Gesichter auf der Bühne variieren indes ohnehin jährlich: Schließlich bleibt eine AG-Teilnahme wie gehabt ausschließlich Schülern der zehnten bis zwölften Jahrgänge vorbehalten. Dennoch zeichnet die AG seit ihrer Gründung kontinuierlich ein spezielles, eigenwilliges und bisweilen die Grenzen des Sagbaren auslotendes Humorverständnis aus, welches entsprechend auch im aktuellen Programm zum Tragen kommt.

So wird eine politische Talkrunde im Rückblick auf den Hamburger G20-Gipfel zur „Gaslight-Show“, eine Besucherin aus der Zukunft klärt die Bühnenakteure über die inklusiv-korrekte Publikumsanrede auf („Wir suzen“); ein Besuch einer Influencerin in einer Modefabrik in Bangladesh offenbart die menschenverachtenden Hintergründe der „Fast Fashion“-Industrie.

Szenen sind selbst geschrieben

Nicht immer beziehen die Ensembemitglieder, die ihre Szenen seit Jahesbeginn wie immer selbst geschrieben und anschließend als Gruppe gemeinsam überarbeitet haben, zu aktuellen Themen eindeutige Positionen: Szenen über E-Mobilität als auch über den andauernden Nahostkonflikt regen das Publikum in der ausverkauften Aula in ihrer Differenziertheit gleichermaßen zu gelegentlichem zynischen Lachen als auch zum Nachdenken an. Dazwischen gibt es auch verhältnismäßig harmlose Frotzeleien wie beispielsweise eine Analyse typischer „Daddy-Eigenschaften“ oder einen Grzimekschen Blick auf die Population heutiger Fitnessstudios.

Trotz manch thematischem Sprengstoff und der Beibehaltung des seit fast dreißig Jahren berühmt-berüchtigten, „AntiToxin-typischen“ Humorverständnisses handelt es sich bei „Realitätsschelle“ keinesfalls um das Radikalste der bisherigen Programme des Schülerkabaretts. Jedoch um eines, das neben dem Zwerchfell auch die Hirnwindungen der Zuschauer stimuliert. „Dennoch wollen wir den typischen, anarchischen Humor weitestmöglich beibehalten“. Wie um dies zu bestätigen, beantwortet der AG-Gründer Reinhard Schilling die Frage, ob er Mitte der Neunzigerjahre mit einer dermaßenen Langlebigkeit seines Projekts gerechnet hätte, lakonisch mit einem einzigen Wort: „Natürlich“.

Info

Am Donnerstag, 19. September, sowie am 25. Oktober finden jeweils ab 19 Uhr weitere Aufführungen in der Aula des Gymnasium Vegesack statt. Zudem wird das Programm am 30. September im Bremer Schnürschuhtheater zu sehen sein.

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