"Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält", ist nicht nur ein Teil des weltberühmten Monologes aus Goethes "Faust", es ist auch ein Leitsatz, der ziemlich gut beschreibt, warum sich Nikolas Doye in Oldenburg der Physik verschrieben hat und im zweiten Semester auf seinen Fachbachelor-Abschluss hinarbeitet. "Mit Physik kann man so gut wie alles erklären, das ist für mich einfach faszinierend", sagt der 19-Jährige. Doch das ist nur eine seiner Facetten – die zweite ist das Fußballspielen, und diese große Leidenschaft wird ihm am 3. Juni ein ganz besonderes sportliches Highlight bescheren, wenn er im Finale des Bremer Lotto-Pokals als jüngster Spieler der SG Aumund-Vegesack in der "Marko Mock Arena" auf den FC Oberneuland trifft.
Klar, dass dieses Spiel für ihn ein einzigartiges Erlebnis sein wird. "In diesem Stadion vor einer großen Kulisse und mit einer Live-Übertragung im Fernsehen aufzutreten, ist sicherlich der Traum für jeden Spieler und meine Vorfreude ist groß. Noch bin ich nicht sonderlich nervös und ich hoffe, dass ich das Drumherum dann ausblenden kann, um mich voll auf das Spiel zu konzentrieren", sagt Nikolas Doye.
Im FCO-Stadion wird mit Sören Seidel auch ein alter Bekannter Doyes als Coach auf der Bank sitzen. Als der Oldenburger vor rund fünf Jahren zum JFV Bremen wechselte und in die B-Junioren-Regionalliga aufstieg, war Seidel dort nämlich sein Trainer. Nach Corona und zwei Jahren in der U19 des JFV, folgte der Wechsel ins Herrenteam der SG Aumund-Vegesack unter Neu-Trainer Markus Werle, und der hält große Stücke auf seinen Youngster. "Nikolas ist ein sehr talentierter Spieler, der die Situationen schnell antizipiert und die übertragenen Aufgaben erledigt. Für sein Alter ist er schon sehr weit. Er geht keinem Zweikampf aus dem Weg, könnte körperlich aber durchaus noch stabiler werden", sagt er. Als Bindeglied zwischen Abwehr und Angriff soll er als Teil der Doppelsechs oder als Zehner fungieren. Positionen, auf denen sich Nikolas Doye bereits seit der Juniorenzeit wohlfühlt.
Dieses gute Gefühl soll ihm auch am 3. Juni helfen, mit dem Einzug in die DFB-Hauptrunde seinen bislang größten sportlichen Erfolg zu feiern. "Eine richtige Tendenz kann ich noch nicht ausmachen. Ich denke, die Chancen stehen 50:50. Wir sind auf jeden Fall nicht der große Favorit und dürfen nicht die hohe Qualität des FCO vergessen, auch wenn wir die letzten beiden Spiele gewonnen haben", sagt Nikolas Doye. Dabei hat der Student noch sehr lebhaft das jüngste Aufeinandertreffen mit dem Bremen-Liga-Meister vor Augen, das die SAV mit 3:0 für sich entschieden hatte. "Dieses Flutlichtspiel hat viel Spaß gemacht, weil wir defensiv gut standen und wir für alle Situationen spielerische Lösungen gefunden haben. Unvergesslich ist da natürlich das Tor von Sebastian Kurkiewicz per Seitfallzieher", sagt Doye.
Kurkiewicz ist im Übrigen so ziemlich das genaue Gegenstück von Nikolas Doye. Hier der erfahrene Stürmer, der von seinen bislang sechs Pokal-Endspielen fünf gewonnen hat, dort das junge Talent, das auf seinen ersten Triumph in diesem Wettbewerb hofft. Holt sich der Youngster denn noch ein paar Tipps von seinem erfahrenen Teamkollegen? "So direkt nicht, aber natürlich reden wir schon ab und an darüber. Letztlich ist dieses Finale aber für die meisten von uns ziemliches Neuland", erklärt der laufstarke und quirlige Mittelfeldspieler.
Doye wurmt immer noch, dass er beim 4:1-Sieg im ersten Aufeinandertreffen im September 2022 nicht dabei sein konnte. "Das war irgendwie alles ziemlich unglücklich gelaufen. Ich hatte vor der Saison schon meinen Urlaub gebucht und habe mich später tierisch darüber geärgert, dieses Topspiel verpasst zu haben." Seinem sportlich steilen Weg tat dies allerdings keinen Abbruch. "Nikolas kam direkt aus der JFV-Jugend, war lernbegierig und vom ersten Tag an bestand kein Zweifel, dass er zum Kader gehört. Respekt für seine tolle Entwicklung", sagte Markus Werle.
"Ich empfand das gar nicht als so große Hürde. Die Mannschaft hat mich super aufgenommen, mich unterstützt und die erfahrenen Spieler haben mich langsam herangeführt. Das hat mir sehr geholfen", gibt Doye das Kompliment an seine Mitspieler weiter. An seiner Loyalität gibt es ohnehin keine Zweifel. Dafür spricht allein sein persönlicher Aufwand, denn immerhin reist er dreimal wöchentlich zum Training und einmal zum Spiel aus Oldenburg an. Allein ist er auf der rund 45-minütigen Fahrt nicht, denn er wird von seinen Teamkollegen Dean Hannawald, Felix Kaup und Yomo Kiebacher begleitet, die ebenfalls aus der Huntestadt kommen.
Weitere Unterstützung aus Oldenburg wird es am Finaltag geben, wenn sich unter anderem seine Eltern und seine drei Jahre ältere Schwester auf den Weg nach Oberneuland machen werden. Sie alle wollen dabei sein, wenn sich Nikolas Doye anschickt, als jüngster SAV-Spieler seinen ersten großen Traum wahr werden zulassen.