„Wer mit Herz Lehrer ist, kann sich doch gar nichts Besseres wünschen. Eine Schule mit aufzubauen, die dann als Campusschule fungieren soll.“ Daniel Weber, der in verschiedenen Bildungseinrichtungen in Bremen und Niedersachsen gearbeitet hat, ist begeistert. Weber war zuletzt als stellvertretender Schulleiter einer Realschule in Achim tätig, seit dem 2. Februar dieses Jahres ist er der Schulleiter der neuen Oberschule Borchshöhe. Was ihn an dieser Aufgabe gereizt hat? „Das ist wie ein Sechser im Lotto mit Zusatzzahl.“
Grundschule und Oberschule unter einem Dach, mit zwei Schulleitern – das hatte die Bildungsbehörde nach langen Diskussionen als Kompromiss beschlossen. Die Oberschule Borchshöhe, die im Schuljahr 2020/21 damit offiziell mit zwei fünften und einer sechsten Klasse an den Start ging, hat seit gut zwei Wochen einen neuen Schulleiter, der sich mit Schulentwicklung und -planung auskennt: hat er doch unter anderem auch als Mitglied der Planungsgruppe die IGS in Achim mit entwickelt. „Gerne bringe ich meine bisher gemachten Erfahrungen hier mit ein“, erzählt er auf Nachfrage. Und mit der Region, mit Bremen-Nord, verbinde er darüber hinaus viele positive Erinnerungen.
66 Schüler derzeit in Oberschule
Die Oberschule Borchshöhe, die neben einer sechsten Klasse und zwei fünften Klassen auch mit Kindern mit Wahrnehmungs- und Entwicklungsstörungen sowie Schülern mit Lern-, Sprach- und Verhaltensdefiziten an den Start ging, unterrichtet bislang 66 Mädchen und Jungen, „22 Schüler im sechsten Jahrgang, 44 im fünften Jahrgang“, kann Weber präzisieren. Überhaupt hat er sich schnell mit der Situation vor Ort vertraut gemacht, fühlt sich dem Team an der Schule Borchshöhe schon jetzt voll zugehörig. „Da hatten wir doch gerade wieder Projektgruppe, und als sich die Neuen melden sollten, haben dies zwei Personen getan, bis mich jemand darauf aufmerksam machte, dass ja auch ich neu bin“, erzählt Weber so ganz nebenbei und lacht. „Ich fühle mich in diesem Team unglaublich gut aufgenommen“, gesteht er, macht aber auch deutlich, „wenn die Kollegen, die hier teilweise schon seit 20 Jahren hervorragende pädagogische Arbeit machen, mir nicht die Tür so weit geöffnet hätten, sehe das wohl anders aus“.
Die Oberschule, die gemeinsam mit den Schülern wachsen soll, ist ein ambitioniertes Projekt. Das weiß auch Daniel Weber. „Von der Kapazität her ist es jetzt schon spannend“, äußert er sich vorsichtig über die räumliche Situation. Bis zur Einführung der Oberschule lernten die Grundschüler bis zum sechsten Jahrgang in sechs Häusern jahrgangsübergreifend. Nun gesellt sich die Oberschule dazu, unter demselben Dach, wenn auch noch nicht mit zusätzlichen Klassen. Die werden ab dem kommenden Schuljahr 2021/22 mit dem siebten Jahrgang dazukommen. Später, so die vorausschauenden Pläne der Bildungsbehörde, soll die Oberschule Borchshöhe einmal 18 Klassenverbände haben, bis zur zehnten Jahrgangsstufe gehen und bis zu 420 Schülern Wissen vermitteln. Annette Kemp, die Sprecherin von Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) gab nach der Kompromisslösung 2020 an, dass im Grunde alles vorhanden ist, was die neue Oberschule zunächst braucht. Sie sprach von einer ausreichenden Zahl an Räumen und davon, dass die Schule langsam größer werden soll.
Doch allen ist klar, dass sich an der Gesamtsituation etwas ändern muss. „Anfang März gibt es dazu ein Treffen“, erzählt Daniel Weber. Die alte Schule sei zwar schon saniert worden, aber über Ausbaupläne und Verlaufsplan werde schnell mit Liegenschaften Bremen und der Bildungsbehörde gesprochen. „Selbstverständlich dürfen wir auch mitreden“, gibt Weber auf entsprechende Frage Auskunft. „Schließlich handelt es sich hier nicht nur einfach um ein Gebäude, sondern um einen besonderen Lernort, eine Ganztagsschule, an der Kinder aber auch Lehrer viel Zeit verbringen werden. Und, Bezug nehmend auf das pädagogische Konzept, der Geist der Schule muss sich auch im Gebäude wiederfinden“, ist Weber überzeugt.
Apropos pädagogisches Konzept: Mit der Oberschule unter dem Dach der Grundschule wird derzeit noch fortgesetzt, was es am Bildungsstandort Borchshöhe schon vorher gab: Unterricht von Klasse eins bis sechs. Allerdings entfällt jetzt – wie berichtet – der Sonderstatus der Grundschule Borchshöhe, vorher war sie für Bremen mit mehr als vier Jahrgängen Modellschule. Was allerdings bleibt, ist die Möglichkeit für die Grundschüler, auf eine Oberschule zu wechseln, ohne das Gelände verlassen zu müssen. Viele Väter und Mütter hatten genau dies als Argument angeführt, weshalb sie ihre Kinder an der Schule Borchshöhe angemeldet hatten: Weil sie dort länger in ihrem gewohnten Lernumfeld bleiben können. Ein pädagogisches Konzept, das auch Daniel Weber mit der Oberschule Borchshöhe fortgesetzt sehen möchte: „Selbstverständlich angepasst an die notwendige Ausrichtung einer Oberschule.“
Doch für Daniel Weber steht fest, „den Übergang von der Grundschule in die Oberschule soll man so gut wie gar nicht merken“, will heißen, das pädagogische Konzept mit projektorientiertem Unterricht möchte der Schulleiter fortsetzen. „Selbstverständlich kann man nicht innerhalb von zehn Tagen ein völlig neues Konzept erstellen“, gibt Daniel Weber zu. Aber das brauche es auch gar nicht. Die Zusammenarbeit und Absprache mit den Lehrern und der Grundschulleiterin Gunda Strudthoff klappe sehr gut, in einer gemeinsamen Steuerungs- und Projektgruppe werde an dem genauen Konzept der Oberschule schon gearbeitet. „Und, man beginnt hier ja auch nicht bei null.“
Auszeichnung für Grundschule
Die Grundschule Borchshöhe hatte es bis zur Umstrukturierung im Schuljahr 2020/21 nicht nur mit ihren mehr als vier Jahrgängen zu einem bremenweit einzigartigen Modellprojekt geschafft. Viele Väter und Mütter waren insbesondere von einem ganz speziellen Konzept überzeugt: An der Grundschule Borchshöhe gab und gibt es keinen Frontalunterricht. Stattdessen werden die Kinder in altersgemischten Gruppen in sogenannten Lernhäusern unterrichtet, wobei sich die Schüler aus verschiedenen Jahrgängen mischen. An der Aumunder Grundschule lernt somit der Erstklässler vom Drittklässler, aber genauso der Drittklässler vom Erstklässler – ein Modell, das nicht nur für die Eltern ein Erfolgsmodell war und ist. Das jahrgangsübergreifende Lernen hat sich bewährt, „weil Leistung, soziales Verhalten, Emotionalität, Kultur und Sprache bei den Grundschülern weit auseinander driften“, so die Schulleiterin Gunda Strudthoff.
Statt Unterricht im herkömmlichen Sinn gebe es selbstständiges und zielorientiertes Lernen in Begleitung eines multiprofessionellen Teams, der Unterricht sei bestimmt durch Individualisierung, gemeinschaftliche Projekte und der Arbeit an gemeinsamen Themen, die jahrgangsübergreifend besprochen und differenziert je nach Niveau und Entwicklungsstand vertieft und bearbeitet werden, heißt es im Konzept der Grundschule. Darüber hinaus gebe es mit Rhythmisierung des Schultages von Spannung und Entspannung ein Arbeits- und Angebotsprogramm, das den individuellen Fähig- und Fertigkeiten der Schüler Raum biete.
Auch für Juroren ein Erfolgsmodell: Zweimal war die Grundschule Borchshöhe beim Deutschen Schulpreis dabei. 2016 schaffte sie es unter die Top 20. 2017 wurde die Schule für ihr herausragendes Konzept beim Finale des Deutschen Schulpreises in Berlin mit einem Preisgeld von 25 000 Euro ausgezeichnet.