Schönebeck. „Unsere Angebote in diesen Sommerferien waren extrem gut besucht, teilweise haben sich mehr als 40 Kinder für eine Veranstaltung angemeldet“, berichtet Martina Schnaidt von der Ökologiestation in Schönebeck. „Und erstmals haben wir auch mit großem Erfolg zwei Ferienwochen angeboten, bei denen Kinder über mehrere Tage Natur-, Umwelt- und Klimawissen erwerben konnten.“ Bisher beschränkte sich das Programm der Umweltbildungseinrichtung auf Veranstaltungen, die nur über wenige Stunden liefen.
„Und wir haben gemerkt, dass besonders der Klimaschutzgedanke auf fruchtbaren Boden fiel“, sagt Martina Schnaidt. „Denn in der Ferienwoche unter der Überschrift 'Werde Klimascout', die gemeinsam mit der Stiftung Friedehorst in Lesum lief, sind auch Kinder mit Einschränkungen in Wahrnehmung und Entwicklung zu richtigen Klimaexperten geworden“, schildert sie. „Naturerleben und Klimawissen gingen erfolgreich Hand in Hand.“ Ein Novum der Ökologiestation war auch eine Ferienwoche mit Kindern von Mitarbeitern eines großen Unternehmens, in der es ebenfalls um Klimaschutz ging. „Das Thema wurde von vielen auch im Elternhaus intensiv diskutiert, die ganze Familie hat sich damit auseinandergesetzt“, sagt die Martina Schnaidt.
Das Sommerferienprogramm in der Ökologiestation war eine Mischung aus Spielen und Experimenten, einer Rallye und dem Erforschen der Tier- und Pflanzenwelt mit allen Sinnen draußen in Wald, Garten und Wiese. In der letzten Veranstaltung, bevor die Schule wieder startet, leitet Pädagoge Jochen Kamien neun Kinder dazu an, die fünf Sinne des Menschen einzeln zu aktivieren. „Sehen, Riechen, Hören, Schmecken, Tasten“ – nach und nach haben die Kinder alle Sinne beisammen und beginnen mit dem Schmecken. Eine Schale voller Weintrauben bildet den ersten Appetithappen für das, was die Kinder draußen erwartet.
Jochen Kamien führt die Kinder in den Laubwald, beherrscht von hohen Rotbuchen, in dem es an diesem Vormittag trockener bleibt als im offenen Gelände. Ein Blick nach oben zeigt, warum: Die vielen Blätter an den Bäumen halten den Regen ab. Die Blätter liegen aber auch teils schon stark zersetzt auf dem Waldboden, der übersät ist mit Bucheckern, abgebrochenen Ästen und Zweigen.
Jochen Kamien lässt die Kinder für eine Minute auf ein ausgebreitetes Tuch blicken, auf dem Blätter, Rinde, Zweige, eine Feder und mehr liegen, dann gehen die Kleinen mit einem Korb in der Hand auf die Suche nach dem, was sie soeben betrachtet haben. „Das Natur-Memory schult Sehsinn und Gedächtnis, und zugleich werden die Kinder mit dem Lebensraum Laubwald vertraut gemacht“, sagt Jochen Kamien. Als alle mit vollen Körben zurückkehren, erklärt er erste Zusammenhänge: dass die Rotbuchenblätter von einer unglaublichen Zahl winziger Tiere zersetzt werden, dass es fünf Jahre dauert, bis sie zu Erde werden, und auch, dass die Rinde einer Haut gleicht, die den Stamm der Buche vor Beschädigungen, aber auch vor Pilzen oder Käfern schützt.
„Die Blätter der Buchen wachsen recht weit oben“, sagt Jochen Kamien, „doch die Blätter der Stechpalme stehen in nur wenigen Metern Höhe. Deshalb verhindert die Stechpalme mit spitzen Stacheln Tierfraß. Und in diesem Wald sind es vor allem Rehe, die gern die Blätter fressen würden.“ Teilnehmerin Antonia, neun Jahre alt, war zwar schon öfter im Wald und hat alle Teile, die sie heute finden sollte, schon mal gesehen. „Aber dass die Bucheckern im Innern eckige Samen enthalten, die man frisch auch essen kann, wusste ich auch nicht“, sagt sie. Und nicht zuletzt lernt sie an diesem Tag etwas über Werden und Vergehen im Lebensraum Wald gelernt.
Mit dem Geruchssinn geht es weiter: Fünf Kinder setzen jeweils eine Augenbinde auf, die anderen halten ihnen ein Stück Zitrone, Banane, Käse und Schokolade unter die Nase. „Wer weiß, was er gerochen hat?“ fragt Jochen Kamien, und die Kinder erfahren, dass es gar nicht einfach ist, etwas zu benennen, wenn man es riecht, aber nicht sieht. Das Schmecken wird auf einmal intensiver, ebenso wie das Hören, wenn im Wald plötzlich das Gerede verstummt und man den Geräuschen der Umgebung lauscht.
Fehlt noch der Tastsinn, von winzigen Sinneszellen in der Haut ermöglicht. Im Wald wird der Sinn buchstäblich mit Händen und Füßen erlebt: Die Kinder greifen in mehrere Fühlboxen, um einen Specht aus Stoff zu ertasten, und berühren barfuß Sand, Steine oder Laub.
„Wir hoffen, dass im nächsten Jahr das Projekt 'Klimaschutz und Inklusion' weitergeführt wird, obwohl die Förderung durch das Bundesumweltministerium ausläuft“, sagt Martina Schnaidt, „denn der Lernerfolg war vielversprechend. Als ich in der Pause meinen Joghurt aus einem Plastikbecher gegessen habe, kamen sofort kritische Fragen der Kinder auf.“