Abteilungsleiter Bernd Siems sprach nach dem Abpfiff Glückwünsche aus, Trainer Björn Krämer zog verbal den Hut. Verständliche Reaktionen, denn der gestrige 3:2 (1:1)-Heimsieg des Fußball-Bremen-Ligisten SG Aumund-Vegesack gegen den FC Union 60 war der nächste Teil der wunderbaren Genesung der Nordbremer.
Im fünften Spiel unter dem zurückgekehrten Trainer Björn Krämer feierten die Nordbremer ihren vierten Dreier und zählen nicht mehr zu den am akutesten bedrohten Teams der Liga. Die SAV kletterte auf Rang elf und hat sechs Zähler Vorsprung auf einen der beiden Regelabstiegsplätze. "Jetzt haben wir ein bisschen Luft zum Atmen", stellte der SAV-Coach fest und ist heilfroh darüber. Denn: "Wir waren nicht bei 100 Prozent. Das zog sich durch die ganze Mannschaft. Die letzten Wochen haben viel Kraft gekostet."
Energie, die der SAV dann und wann fehlte, denn sie ließ sich viel weiter nach hinten drängen, als es der Matchplan vorgesehen hatte. Mit einer taktischen Umstellung von einem 4:1:4:1- auf ein 4:4:2-System, versuchte Björn Krämer dem von der Seitenlinie entgegenzuwirken. Aber auch schon vor dem Anpfiff hatte er reagieren müssen, denn die beiden zuletzt groß aufspielenden Serdar Güngör und A-Junior Fabian Waspas hatten ihm kurzfristig krankheitsbedingt abgesagt. Aber auch diese Schwächung wurde gemeistert. Torjäger Mücahit Özkul, der sich gestern als Doppeltorschütze feiern lassen durfte, erklärte das beim Gang in die Kabine so: "Es kommt nur Positives von außen. Jeder weiß genau, was er zu machen hat."
Tim Wiese im Vegesacker Stadion
Die erste Hälfte verlief unter den Augen des ehemaligen Werder-Torhüters Tim Wiese wenig spektakulär. Wiese, der ein Freud der Familie Kirsch ist, die neben dem Platz vom Vater und auf dem Platz von Union-Spielführer Maurice Kirsch vertreten war, sah in chancenarmen und sehr mittelmäßigen 45 Minuten zwei Treffer. Für die Führung der Platzherren sorgte Miran Abdi nach lang gezogener Flanke von Rezan Celik per Kopf (23.), den Ausgleich musste die SAV nach Vorarbeit von Kirsch, die Yuta Inoe per Flugkopfball veredelte, in der 39. Minute schlucken.
Nach der Halbzeit stand die SAV um das Innenverteidiger-Duo Lokman Abdi und Philip Glombik zunächst unter erhöhtem Druck, meisterte das aber mit Glück und Geschick. Und setzte dann zwei feine Konter. Beim 2:1 traf Mücahit Özkul nach Flanke von Miran Abdi per Kopf (55.) am kurzen Pfosten, beim 3:1 (69.) wurde Özkul von William Hildebrand steil geschickt und der Torjäger schüttelte seinen Gegenspieler mit einem Richtungswechsel ab, bevor er cool vollstreckte.
In den verbleibenden 21 Minuten plus der knapp bemessenen Nachspielzeit von drei Minuten verpufften die Umschaltaktionen, auch weil die Beine die weiten Wege auf dem Naturrasen nicht mehr bewältigen konnten. In der anderen Platzhälfte leistete die SAV-Abwehr Schwerstarbeit und konnte sich sowohl auf den sicheren Schlussmann Jan Dähne, wie auch darauf, dass die Räume immer geschlossen oder die Zweikämpfe mit großem Einsatz gewonnen wurden, verlassen. "Durchhalten, Leute", spornte Björn Krämer lautstark an.
Der diskussionswürdige Gegentreffer zum 2:3 (80.) war für die SAV-Bank natürlich alles andere als ein Beruhigungsmittel. Diskussionswürdig, weil Lokman Abdi am Boden lag und Torschütze Enes Rüzgar quasi an ihm vorbei Richtung Tor stürmte und traf. Für Lokman Abdi, der nach seinem Kreuzbandriss zum zweiten Mal in der Startelf stand, war die Partie mit einer Oberschenkelverletzung danach beendet. Die SAV-Spieler hielten die verbleibenden Minuten ohne Gegentor durch und bekamen die Arme beim Abpfiff vor Erschöpfung gar nicht mehr zum Jubeln nach oben. Da kommt die Osterpause, der das knackige Programm mit dem Derby gegen Blumenthal (26. April) und das Pokal-Halbfinale gegen den Bremer SV (30. April) folgen, gerade Recht.