Vegesack. Spaziergänger können sich an der Vegesacker Weserpromenade ab sofort in Höhe des Schleppers „Regina“, mit einer Bratwurst stärken und zum Nachtisch gleich noch ein Eis genießen. Schausteller haben an der Maritimen Meile am Sonnabend ihre Stände aufgestellt. In der kommenden Woche soll noch ein Fischstand hinzukommen. Und auch in der Fußgängerzone bauen Schausteller in Kürze ihre Buden auf.
Das Projekt, das vorerst bis Ende August geplant und genehmigt ist, soll einerseits den Schaustellern helfen, denen durch die Corona-Pandemie und daraus folgenden Absagen zahlreicher Märkte und Veranstaltungen in den vergangenen Monaten die Einnahmen weggebrochen sind. Andererseits soll es aber auch zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität beitragen und die Attraktivität für Vegesack-Besucher und Bewohner weiter erhöhen. Bei der Auswahl des kulinarischen Angebots haben die Organisatoren darauf geachtet, dass keine Konkurrenz zur bestehenden Gastronomie entsteht.
Schon vor einigen Wochen hatte Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt ein Gespräch mit Rolf Herderhorst, Geschäftsführer des Vereins der Schausteller und Marktkaufleute, und dem Schwaneweder Schausteller Oliver Steinecker geführt. „Sie haben mir die Problemlage geschildert. Die meisten Schausteller hatten ihre letzten Einnahmen beim Weihnachtsmarkt“, erläutert Dornstedt. Schnell war klar, dass gemeinsam eine Möglichkeit geschaffen werden soll, um den gebeutelten Marktkaufleuten unter die Arme zu greifen. „Wir haben dann gemeinsam nach einem geeigneten Standort gesucht.“
Die Genehmigung und die Zusammenarbeit mit allen Behörden habe sehr unbürokratisch, zügig und reibungslos geklappt, so der Ortsamtsleiter. Der Platz neben der Regina bietet sich an, da sind sich Dornstedt und die Schausteller einig. Aber auch Thomas Rutka, Vorsitzender des Vereins Maritime Tradition Vegesack Nautilus, der Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Maritime Meile Vegesack ist und zudem den Schlepper „Regina“ betreibt, ist von dem Projekt angetan. „Die Idee ist bei uns sofort auf offene Ohren gestoßen. Wir wünschen uns schon seit Jahren, dass die Maritime Meile auch kulinarisch aufgewertet wird“, sagt Rutka.
Konkurrenz wird vermieden
Torsten Bullmahn (CDU), Sprecher des Beirats Vegesack, sieht in der Aktion eine „Win-win-Situation“, von der die Schausteller ebenso profitieren wie die Lebens- und Aufenthaltsqualität in Vegesack. „Das ist sicher noch ausbaufähig, denn an jede Maritime Meile gehört so ein Anlaufpunkt“, sagt er. Dornstedt indes betonte, dass die Situation anders bewertet worden wäre, wenn das Restaurant „Zur Gläsernen Werft“ nicht geschlossen wäre. „Die Angebote dürfen keine Konkurrenz für die Gastronomie sein“, betont er.
Nico Zschaler freut sich jedenfalls, dass er jetzt nach Monaten, in denen er beruflich fast vollständig zur Untätigkeit gezwungen war, wenigstens einen seiner drei Bratwurst-Stände endlich wieder öffnen kann. Auch einen Champignon-Grill betreibt der 25-Jährige normalerweise. Der bleibt vorerst weiterhin auf einem Hof in Hagen eingelagert.
„In den vergangenen zweieinhalb Monaten stand ich lediglich freitags auf dem Wochenmarkt in Osterholz-Scharmbeck“, erzählt Zschaler. Weitere Möglichkeiten, sein Geschäft zu betreiben, hatte der Standbetreiber nicht. Zschaler stammt aus einer Schausteller-Familie, seine Eltern haben das Geschäft aufgebaut. „Auf der einen Seite ist das mein Lebensinhalt und macht Spaß. Auf der anderen Seite lebe ich davon. Das sind deshalb gleich zwei Aspekte, die in den vergangenen Monaten weggefallen sind.“
So sehen es auch Bettina und Oliver Steinecker, die normalerweise mehrere Marktgeschäfte betreiben, darunter die Spielbude „Entenangeln“, und auf dem Weihnachtsmarkt alljährlich Marzipan und Mandeln anbieten. Auf der Maritimen Meile steht Bettina Steinecker nun endlich wieder in ihrem Eisstand. Die 43-Jährige hat in den vergangenen Monaten an der Kasse von Supermärkten in Oyten und Schwanewede gearbeitet. „Ich habe mich da schneller eingefunden, als ich dachte. Aber hier bin ich doch mit einem ganz anderen Gefühl und vollem Herz dabei“, sagt sie lächelnd.
Geöffnet haben die Stände täglich von 12 bis 19 Uhr. „Am Wochenende haben wir die Genehmigung bis 20 Uhr. Ob wir das ausnutzen, machen wir vom Wetter abhängig“, sagt Oliver Steinecker. In Kürze werden weitere Schausteller ihre Buden in der Fußgängerzone aufbauen. Die Organisation und Absprache mit den Schaustellern hat Fritz Rapp vom Vegesack Marketing übernommen. „Die Genehmigung haben wir für sechs bis acht Stände, aber so viele werden es voraussichtlich nicht werden“, so Rapp, der bei der Auswahl der Buden ebenfalls darauf achtet, dass keine Konkurrenz zur Gastronomie entsteht.
Er betont: „Wir möchten einen Mix, der das gastronomische Angebot, das schon vorhanden ist, ergänzt.“ Fest stehe bereits, dass Anne Tolisch-Schneider Reibekuchen anbieten wird. Auch mit dem Betreiber eines Crêpes-Standes ist Rapp bereits im Gespräch. „Mandeln und Schmalzkuchen würden ebenfalls gut passen“, meint Rapp, der davon ausgeht, dass die Buden bereits in Kürze stehen werden. Die Genehmigung wurde zunächst bis zum 31. August erteilt – mit der Möglichkeit, sie zu verlängern.
In den anderen Nordbremer Stadtteilen planen die Schausteller derzeit keine weiteren Stände. Die Ortsamtsleiter Florian Boehlke (Burglesum) und Oliver Fröhlich (Blumenthal) betonen jedoch beide auf Nachfrage, dass sie Anfragen der Schausteller gegenüber offen wären. „Wir müssten dann überlegen, welcher Platz sich eignen könnte“, sagt Fröhlich. Auch Boehlke sagt, er sei bereit, die Schausteller zu unterstützen.