Herr Schimmler, es gibt Hunderte von Übersetzungen des Shakespeare-Stücks, beginnend mit der berühmten Schlegel/Tieck-Ausgabe aus dem 19. Jahrhundert bis zu der von Erich Fried, die im Jahre 2012 im Bremer Theater erstmals aufgeführt wurde – warum nun noch eine weitere?
Walter Schimmler: Zum einen war ich neugierig, ob ich das kann, zum anderen sparen wir Tantiemen, die man bei Verwendung einer vorliegenden Übersetzung zahlen muss.
Haben aber nicht andere Übersetzer bereits Maßstabe gesetzt, die unerreichbar sind?Schlegel und Tieck sprechen in der Sprache des 19. Jahrhunderts, mit der man das Stück heute nicht mehr spielen kann. Man muss die Sprache vielmehr modernisieren, weil man sonst vieles nicht mehr versteht, oder auch, weil manches heute anstößig wäre.
Können Sie ein Beispiel nennen?Noch in einer neueren Übersetzung von Maik Hamburger wird einer Szene zu einer Frau gesagt: Hau ab, du Negerin! Heute wäre das eindeutig ein rassistischer Ausdruck, den man auf der Bühne nicht mehr verwenden kann. Ich habe stattdessen „Arschgesicht“ gewählt.
Worin bestanden für Sie die größten Schwierigkeiten beim Übersetzen?Shakespeares „Sommernachtstraum“ steckt voller Wortspiele. Zum Beispiel verwendet er häufiger die ähnlichen Wörter arse für Arsch und ass für Esel – solche Stellen lassen sich nicht adäquat übersetzen. Zudem steckt der „Sommernachtstraum“ voller sexueller Anspielungen, die man heute nicht mehr ohne Weiteres versteht. Man muss sie in eine verständliche Sprache bringen.
Haben Sie häufiger ältere Übersetzungen herangezogen?Eher selten, eigentlich nur, um zu sehen, wie andere ein spezielles Übersetzungsproblem gelöst haben. Mein Anliegen war es, den Sinn des Textes zu erfassen und möglichst genau wiederzugeben. Die sprachliche Vielfalt und der Reichtum, mit dem Shakespeare arbeitet, wollte ich möglichst gut in die Bühnensprache übertragen.
Außer als Übersetzer arbeiten Sie bei dem Stück ja auch als Spielleiter. Worauf legen Sie dabei Wert?Ich bin seit zwölf Jahren beim Statt-Theater Vegesack tätig. Die Inszenierung des „Sommernachtstraums“ ist eher traditionell, das Bühnenbild bleibt relativ schlicht, und die Schauspieler kommen nicht in den Kostümen von früher daher. Die Schauspieler sind eher modern gekleidet, die Handwerker in der typischen Kleidung ihrer Gewerke, die Feen treten allerdings in fantasievollen Kostümen auf. Obwohl die Handlung im antiken Athen spielt, will ich diesen Zeitbezug nicht herstellen.
Wie ist der Stand der Dinge zur Aufführung?Wir sind mit den Proben fast am Ende. Vorher hatten wir Szene für Szene geübt, jetzt spielen wir das ganze Stück von vorn bis hinten durch, um zu sehen, an welchen Stellen es noch hakt.
Im Statt-Theater wirken nur Laienschauspieler mit. Stellt der „Sommernachtstraum“ nicht große Anforderungen an sie?Ja, der Aufwand ist allerdings gewaltig. Es ist auf jeden Fall ein zeitintensives Hobby für die fast 20 Leute, die beim „Sommernachtstraum“ die Bühne betreten werden.
Das Gespräch führte Jörn Hildebrandt.Walter Schimmler,
Spielleiter des Statt-Theaters, hat für die Inszenierung des „Sommernachtstraums“ eine eigene Übersetzung geschaffen – vom alten Englisch ins moderne Deutsch. Schimmler kam als Musiker zu dem Ensemble und hat 2011/2012 zum ersten Mal Regie geführt.
Aufführungen des Statt-Theaters
Das Statt-Theater Vegesack feiert sein 30-jähriges Bestehen. Im Jubiläumsjahr präsentiert das Ensemble von März bis Mai im Kulturbahnhof William Shakespeares berühmteste Komödie „Ein Sommernachtstraum“. Seit der deutschen Erstaufführung durch den romantischen Dichter Ludwig Tieck im Jahre 1843 mit der Bühnenmusik von Felix Mendelssohn Bartholdy wurde das Werk neben „Romeo und Julia“ eines der populärsten von Shakespeare. Dazu tragen Liebeswirren, ein Theaterstück im Theater, Märchenwelt und dralle Komik, aber auch die Sprache bei. Denn die Liebenden erfahren im Elfenwald eine Verwandlung: Aus ihren gestelzten, formelhaften Sätzen werden plötzlich freie, souveräne Worte.
Die Premiere von William Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“, aufgeführt vom Statt-Theater Vegesack, wird am Dienstag, 19. März, im Kulturbahnhof Vegesack, Hermann-Fortmann-Straße 32, gefeiert. Danach folgen neun Aufführungen bis Freitag, 10. Mai. Die Termine finden sich im Internet unter www.statt-theater-vegesack.de.
Tickets gibt es in der Buchhandlung Otto & Sohn, Breite Straße 21-22 sowie unter www.statt-theater-vegesack.de. Karten für die Premiere kosten 20 Euro, inklusive anschließendem Buffet. Karten für die anschließenden Aufführungen kosten im Vorverkauf zwölf Euro, ermäßigt neun Euro, an der Abendkasse 15 Euro, ermäßigt zwölf Euro