Im Dezember hieß es, dass die Schule Borchshöhe ihren Sonderstatus verlieren soll. Jetzt heißt es, dass noch verhandelt wird. Die Vegesacker Grundschule ist die einzige in Bremen, an der nicht nur die Jahrgänge eins bis vier unterrichtet werden, sondern die Klassen eins bis sechs. Das Problem: Die Ausnahme von der Regel verstößt gegen Paragrafen – und gegen den Schulkonsens, auf den sich die drei Regierungsparteien und die CDU verständigt haben.
Auch wenn die Eltern es inzwischen schriftlich haben, dass fortan nach Klasse vier an der Grundschule Borchshöhe Schluss sein soll, hat es am Donnerstag noch einmal mehrere Gespräche über deren Zukunft gegeben. Unter anderem traf sich Yvonne Averwerser, bildungspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, am Vormittag mit Schulleitung und Lehrkräften. Die Unionspolitikerin spricht von konstruktiven Gesprächen. Und davon, dass sie nichts dagegen hat, wenn das Modell Borchshöhe bestehen bleibt – wenn es denn endlich von der Behörde rechtssicher gemacht wird.
Dass an der Vegesacker Grundschule nicht vier, sondern sechs Jahrgänge unterrichtet werden, macht eine Kooperation mit der Oberschule Lerchenstraße möglich. Die Klassen fünf und sechs an der Schule Borchshöhe sind sozusagen eine Außenstelle von ihr. In der Bildungsbehörde hat die besondere Zusammenarbeit beider Schule auch einen besonderen Namen: „System Borchshöhe“. Seit Jahren gibt es das. Und seit Jahren gibt es rechtliche Probleme mit ihm. Laut Annette Kemp, Sprecherin von Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD), ist das System zuletzt gerade noch so geduldet worden.
Juristen eingeschaltet
Doch ihr zufolge könne es das jetzt nicht mehr. Zu groß seien mittlerweile die Schwierigkeiten für die beiden Schulen, einen rechtlich gesicherten Übergang von Klasse vier und fünf sowie von Klasse sechs und sieben zu gewährleisten. Im ersten Fall mache es Probleme, stets genügend freie Schulplätze vorzuhalten, um zu vermeiden, dass Eltern ihre Kinder einklagen. Und im zweiten Fall laufe die Eingliederung der Schüler in den weiterführenden Schulen nicht immer so, wie er laufen sollte. Seit Längerem, sagt Kemp, beschäftigen sich Juristen damit, das System Borchshöhe rechtssicher zu machen.
Das weiß auch Thomas Pörschke. Der Bürgerschaftsabgeordnete der Grünen und Fraktionssprecher für den Bremer Norden kündigt gleichwohl ein Treffen an, bei dem noch einmal erörtert werden soll, wie diese Rechtssicherheit endlich hergestellt werden könnte. Diesmal beraten allerdings keine Juristen, sondern sitzen Behörden- und CDU-Vertreter an einem Tisch. Auch Pörschke ist bei dem Gespräch dabei. Er schließt nicht aus, dass unter Umständen das Schulgesetz geändert wird, damit es weiterhin möglich ist, dass an der Grundschule Borchshöhe von Klasse eins bis sechs unterrichtet werden kann.
Maic Böge wäre froh darüber. Er und seine Frau haben nämlich genau deshalb ihre Tochter an der Vegesacker Schule angemeldet. Wie auch andere Eltern. Sie finden es wichtig, dass Kinder länger auf ein und derselben Schule sind – weniger Wechsel, meinen sie, mehr Kontinuität. Gut finden sie noch etwas anderes, was die Schule anders macht: Frontalunterricht gibt es nicht. Unterrichtet wird in speziellen Lerngruppen, die jahrgangsübergreifend sind: Der Erstklässler lernt vom Drittklässler, der Viertklässler vom Sechstklässler. Und umgekehrt. Böge sagt, dass das Konzept toll funktioniert.
Das meinen auch andere. Zweimal hat die Schule den Deutschen Schulpreis gewonnen. 2016 schaffte sie es unter die Top 20, 2017 auf den zweiten Platz. Die Schule ist noch häufiger ausgezeichnet worden – so oft, dass Böge ihren Sonderweg für den richtigen hält. Nach Angaben der Behörde werden 220 Schüler an der Schule unterrichtet und müssten 45 im nächsten Schuljahr auf eine Oberschule wechseln, wenn es keine Lösung gibt.