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Ausbildung zum Sterbebegleiter Er will dem Tod den Schrecken nehmen

Peter Lambrecht hat sich zum Sterbebegleiter ausbilden lassen. Er habe Sterbeprozesse persönlich miterlebt und dies nicht als belastend empfunden, sagt er. Diese Erfahrung möchte er nun weitergeben.
11.07.2021, 20:00 Uhr
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Von Ulrike Schumacher

Bremen-Nord. „Warum tust du dir das an?“ Auch solche Fragen bekommt Peter Lamprecht zu hören, wenn er von der Ausbildung erzählt, die er kürzlich erfolgreich abgeschlossen hat. Der 58-Jährige ist seit Juni ehrenamtlicher Hospizmitarbeiter. Er steht Sterbenden und deren Angehörigen zur Seite. Seinen ersten Auftrag, einen Menschen auf dem Weg in den Tod zu begleiten, hatte Peter Lamprecht bereits eine Woche nach dem Ausbildungsabschluss.

Völlig unbekannt war ihm die Situation nicht. „Ich hatte schon zuvor in meiner Familie Menschen in den Übergang begleitet.“ Er habe Sterbeprozesse persönlich miterlebt und dies nicht als belastend empfunden. Im Gegenteil, sagt der Nordbremer, der zum ersten Mal während seines Zivildienstes im Krankenhaus mit einem Toten in Berührung gekommen ist. „Diese Leiche hatte nichts Beängstigendes für mich.“

Allerdings habe ihn das Thema Leben und Sterben auch seit seiner Kindheit auf natürliche Weise begleitet. Die Eltern waren Küster in einer Blumenthaler Kirchengemeinde. „Es war nichts Ungewöhnliches, dass Särge in der Kirche standen. Ich bin mit beidem groß geworden: mit dem Kommen und dem Gehen.“ Taufen und Beerdigungen – beides hatte im Leben des Jungen einen selbstverständlichen Platz.

Außerdem, fügt er hinzu, habe er schon immer gern mit Menschen zu tun gehabt. Und eigentlich habe es ihn beruflich in die Pflege gezogen, blickt Peter Lamprecht zurück, der als Jugendlicher die Pflege von Kriegsversehrten übernommen hatte, weil dafür Zivildienstleistende fehlten.

Doch dann wurde es doch etwas Technisches. Der verheiratete Familienvater ist gelernter Büro-Kommunikationselektroniker. „Ich installiere Telefonanlagen“, sagt er. Zu tun hätte er genug. Und an Ideen für Freizeitvergnügen hat es ihm auch nie gemangelt. „Ich habe schon fast alles gemacht“, erzählt der drahtig wirkende Mann. Zum Beispiel Sport in verschiedenen Facetten: Stepptanz, Yoga, Showtanz, klassischer Tanz, Tauchen und Gleitschirmfliegen. Hinzu kam „Langlauf und Inlinern“.

Das sei alles für eine Phase toll gewesen, erinnert er sich. „Ich probiere was aus und entdecke gern etwas. Ich finde es schön, mich auf Neues einzulassen“, beschreibt Peter Lamprecht sich selbst. Offen sein und nicht zu denken, dass man irgendwann „fertig ist“, lautet seine Devise. „Das ganze Leben ist Veränderung.“ So ist es nicht verwunderlich, dass er nicht lange zögerte, als er in der Zeitung las, dass der Hospizverein Bremen-Nord neue Sterbebegleiter ausbildet. „Ich habe gespürt, dass ich das machen sollte und mich sofort angemeldet.“

Vier Männer und vier Frauen waren sie im Kurs, der sich wegen der Pandemie länger hinzog als üblich. „Normalerweise dauert es ein halbes Jahr, bis man die 96 Unterrichtsstunden geschafft hat“, berichtet der Hospizmitarbeiter. „Wir haben wegen Corona zehn Monate gebraucht.“ Neben dem theoretischen Unterricht standen auch Rollenspiele auf dem Plan. „Es geht darum, sich in den Patienten und in die Angehörigen hineinzufühlen“, erklärt Peter Lamprecht. Dazu gehöre viel Fingerspitzengefühl, Empathie und Intuition. Jeder neue Auftrag sei aber auch immer mit etwas Anspannung verbunden. Als Begleiter müsse man erstmal sehen, sagt er, und das klingt ein bisschen technisch, „wie der Sachstand ist“. Jede Begleitung ist zunächst auch ein Kennenlernen. „Wir gucken, wo die Menschen stehen, bieten uns an und gehen ein Stück mit ihnen.“ 

Mit dem Tod mag sich kaum jemand gern befassen. Wir verdrängen, was eigentlich zu unserem Leben gehört. Peter Lamprecht findet das „sehr schade“ Dass Menschen Schwierigkeiten haben, mit dem Tod umzugehen, nicht akzeptieren können, dass es ihn gibt, sagt er, koste im Grunde eine Menge Energie. „Ich würde gern dazu beitragen, den Angstraum Tod ein bisschen aufzuweichen.“ Er habe das Gefühl, sagt der Sterbebegleiter, etwas Sinnvolles zu tun. „Für mich fühlt es sich gut an, das zu machen.“

Zur Sache

„Der Hospizgedanke betrachtet das Sterben als einen Teil des Lebens und damit als einen natürlichen Vorgang, der weder verdrängt noch künstlich verlängert werden muss“, heißt es auf der Internetseite des Hospizvereins Bremen-Nord. „Liebevolle Zuwendung kann diese Phase neu mit Sinn erfüllen und die Hoffnung stärken, dass der Tod nicht das letzte Wort haben muss.“

Wer die Begleitung durch geschulte Ehrenamtliche wünscht, kann sich unter der Telefonnummer 04 21 / 6 58 61 08 an den Hospizverein wenden.

Sofern die Pandemie es zulässt, wird es am 1. Dezember, um 19 Uhr einen Informationsabend über den nächsten Hospizkurs geben. Interessenten können sich ebenfalls unter der Telefonnummer melden. Weitere Infos gibt es auf der Internetseite www.hospiz-bremen-nord.de.

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