Das Loch in der Vereinskasse ist riesig. Genau 105.865 Euro soll ein ehemaliger Vorsitzender in einem Zeitraum von rund fünf Jahren vom Konto des SV Grohn abgehoben haben, um das Geld für private Zwecke auszugeben. Zu einer Verhandlung vor dem Landgericht waren kürzlich weder er noch ein Anwalt von ihm erschienen. Das Urteil laut Richter und Gerichtssprecher Jan Stegemann: Der SV Grohn darf seinem ehemaligen Vereinschef einen Gerichtsvollzieher ins Haus schicken.
Die Plünderung des Vereinskontos war vor gut einem Jahr entdeckt worden und hatte im September 2023 eine außerordentliche Jahreshauptversammlung hinter verschlossenen Türen zur Folge. Anschließend teilte der neu gewählte Vorsitzende Torben Reiß mit, dass man jetzt abwarten müsse, was die offiziellen Ermittlungen ergäben.
SV Grohn zahlt Geld an Behörde zurück
Und zwar auf zwei Ebenen. Während das Landgericht inzwischen entschieden hat, dass der SV Grohn einen Gerichtsvollzieher beauftragen darf, um beim ehemaligen Vereinschef Geld und Wertsachen in einem Umfang zu beschlagnahmen, mit dem der entwendete Geldbetrag aus der Vereinskasse wieder ausgeglichen werden kann, steht die strafrechtliche Be- und Verurteilung wahrscheinlich wegen Untreue noch aus. Das Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Vorsitzenden des SV Grohn ist nach den Worten von Oberstaatsanwalt Frank Passade nach der Strafanzeige des Vereins zwar eingeleitet worden, ein Termin vor dem Amtsgericht steht aber noch aus.
Erschwerend für den Vereinsvorstand um Torben Reiß ist der Umstand, dass 60.000 Euro der entwendeten 105.865 Euro vom Sportamt Bremen auf dem Konto des SV Grohn „geparkt“ worden waren. Mit den öffentlichen Mitteln sollten Sanierungsmaßnahmen auf der Sportanlage Oeversberg finanziert werden, die allen dort aktiven Vereinen zugutekommen. Unabhängig vom Erfolg des Gerichtsvollziehers bei der Suche nach dem entwendeten Geld muss und wird der SV Grohn nach den Worten von Torben Reiß die 60.000 Euro an das Sportamt in Monatsraten zurückzahlen. Das habe man mit den Zuständigen der Behörde vereinbart.

Torben Reiß ist der aktuelle Vorsitzende des SV Grohn.
Auch im Umfeld des rund 350 Mitglieder zählenden Vereins wird inzwischen gerätselt, weshalb der über etliche Jahre erfolgte rechtswidrige Griff in die Vereinskasse so lange unentdeckt blieb. Schließlich habe es eine Kassenwartin sowie Kassenprüfer gegeben, die während der Jahreshauptversammlungen kein Wort über Unregelmäßigkeiten oder unerklärliche Ausgaben beziehungsweise Verluste verloren hätten.
Rückzahlungen des Beschuldigten an den Verein, aus dessen Kasse er sich, so der Vorwurf, bereichert habe, sind nach Auskunft von Reiß bislang trotz mehrmaliger Aufforderung unterblieben.
In eine so schwierige Finanzlage wie momentan ist der SV Grohn seit seiner Gründung wohl noch nie geraten. Der Verein wurde 1911 als Germania Grohn aus der Taufe gehoben. Unter dem Namen TSV Grohn qualifizierten sich die „Schwarzen Husaren“, wie die Fußballer damals genannt wurden, 1948 für die Landesliga Bremen. Acht Jahre später trennte sich die Fußballsparte vom Turn- und Sportverein und gründete den SV Grohn. Hauptgrund seinerzeit: Die Leitung der Fußballabteilung hatte sich in finanziellen Fragen nicht mit dem Gesamtvorstand des Vereins einigen können.