Bremen-Nord/Beckedorf. Sie reisen aus Hannover, Bonn, München, dem Schwarzwald, aus Schleswig-Holstein und sogar aus der Schweiz an. Rund 50 ehemalige Georgspfadfinder der katholischen Kirchengemeinden in Vegesack und Aumund kommen an diesem Wochenende in Beckedorf zusammen. Bei einem Wiedersehen im Lokal "Waldschmiede" blicken sie zurück auf gemeinsame Aktivitäten.
Andreas Proske, gebürtiger Aumunder, hat das Treffen initiiert. Ein Jahr lang hat der 65-Jährige, der heute in Hannover lebt, Adressen ehemaliger Mitglieder recherchiert. Und er hat eine Chronik mit Dokumenten und alten Fotos über die Georgspfadfinder in Vegesack und Aumund erstellt. Die Mitglieder von einst, heute zwischen 50 und 85 Jahre alt, werden sich im Rückblick auf frühere Aktivitäten viel zu erzählen haben. 1950 gründeten junge Männer in der katholischen Christ-König-Gemeinde Vegesack einen Ableger der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg. Katholische Pfadfinder gab es auch in der St.-Willehad-Gemeinde in Aumund. "Am 1. Januar 1961 schlossen sich die Pfadfinder beider Gemeinden zum Aumunder Stamm Thomas More zusammen", erzählt Andreas Proske. Thomas More gilt als Heiliger, Märtyrer und Patron der anglikanischen sowie der römisch-katholischen Kirche. Sein Gedenktag am 6. Juli hat die Terminwahl für das Ehemaligen-Treffen am 3. und 4. Juli beeinflusst.
Der Stamm Thomas More wuchs von anfangs 40 im Laufe der Zeit auf über 80 Mitglieder an. Andreas Proske trat 1964 dem Stamm bei. Auch seine zwei älteren Brüder und seine zwei Schwestern waren bei den Georgspfadfindern aktiv. Seit den 1970er-Jahren nahm der Stamm weibliche Mitglieder sowie Kinder und Jugendliche anderer Konfessionen auf. "Damals mussten die Mitglieder Proben ablegen. Das waren Aufgaben verschiedener Schwierigkeitsgrade, die dazu dienten, die Persönlichkeit sowie Fähigkeiten und Kompetenzen zu entwickeln, um in der Gruppe Aufgaben oder auch Leitungsfunktionen übernehmen zu können", erklärt Andreas Proske. "Eine einfache Probe für Jungpfadfinder bestand zum Beispiel darin, zwei Singvögel zu beobachten, Futtergeräte und Nistkästen zu bauen."
Neben den wöchentlichen Gruppenstunden zählten jährliche Pfingstlager zum Programm. "Sehr oft waren wir in Meyenburg", berichtet Andreas Proske, der von November 1973 bis Oktober 1975 den Aumunder Stamm führte. Auch in der Rockstedter Heide bei Zeven und in Brillit schlugen die Georgspfadfinder ihre Zelte auf. "In Kleingruppen versorgten wir uns selbst, gekocht wurde am offenen Feuer." Mit Geländespielen, Nachtwanderungen und sogenannten Postenläufen, bei denen an verschiedenen Stationen Aufgaben zu lösen waren, vertrieben sich die Pfadfinder die Zeit. Rad- und Wanderfahrten führten unter anderem in den Schwarzwald und an den Rhein. Höhepunkte waren Fahrten ins Ausland. Mit einem VW-Bus ging es 1973 nach Frankreich, in den zwei Folgejahren wanderten die Aumunder Pfadfinder in Österreich durch die Alpen.
Der Stamm engagierte sich auch bei den Jahresaktionen der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg, die seit 1961 unter dem Motto "Flinke Hände, flinke Füße" wechselnde Themen in den Blick nimmt. So unterstützten die Aumunder Entwicklungsprojekte in Afrika und Südamerika. 1974 unter anderem die Aktion "Schaffen für junge Leute in Afrika". In Porto Novo im westafrikanischen Land Dahomey, heute Benin, sollte für 200.000 Mark ein Jugendwohnheim und Jugendausbildungszentrums gebaut werden. Die Aumunder sammelten Spenden wie alte aber noch funktionsfähige Radios, Tonbänder, Fernseher und Fahrräder. Im Herbst 1974 verkauften sie die Spenden zusammen mit handgeschnitzten Holzfiguren aus Afrika bei einem Flohmarkt in der Reeder-Bischoff-Straße. 1260 Mark kamen für das Hilfsprojekt zusammen. Später ergaben sich persönliche Kontakte mit den Afrikanern. "1978 waren vier Jugendliche aus Benin und Burkina Faso in Aumund, sie wohnten damals in den Familien der Pfadfinder", erzählt Andreas Proske. 1980 fuhren zwei Mitglieder des Aumunder Stammes nach Ruanda.
1989 endeten die Aktivitäten des Stammes Thomas More. Es fehlte an ehrenamtlich engagierten Gruppenleitern. Andreas Proske, der in Hannover Bauingenieurwesen studierte und später an einer berufsbildenden Schule in Hildesheim unterrichtete, blieb der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg nach seinem Umzug aus Bremen treu und war ehrenamtlich in verschiedenen Bereichen tätig. Mitte der 80er Jahre war er als Referent für Entwicklungsfragen Mitglied der Bundesleitung des katholischen Pfadfinderverbandes. In der Kirchengemeinde "Zu den Heiligen Engeln" in Hannover-Kirchrode gründete er 1998 einen Pfadfinderstamm, den er viele Jahre leitete. Dort ist der Pensionär heute noch aktiv.
Für das Ehemaligen-Treffen am Sonnabend in der "Waldschmiede" hat er eine Ausstellung vorbereitet. Neben historischen Fotos, alten Pfadfinderzeitschriften und Filmmaterial von früheren Aktivitäten wird auch eine Pfadfinderkluft von früher zu sehen sein. Das Treffen endet am Sonntag mit einer Führung am Denkort Bunker Valentin in Farge.