Schönebeck. „Sie werden jetzt etwas Schräges hören“, warnte Barbara Linke-Holicka das gut gelaunte Publikum, als sie die fünf Stücke für Streichquartett von Schulhoff ankündigte. In der gut besuchten großen Halle des Schönebecker Schlosses war das "Übersee Quartett Bremen" zu Gast. Claudia Schmid-Heise und Zuzana Schmitz-Kulanova mit Violine, Barbara Linke-Holicka mit Viola und Benjamin Stiehl mit Violoncello hatten sich Prager Komponisten verschrieben, Antonin Dvo?ák, Joseph Haydn und Erwin Schulhoff. Der Komponist wurde 1894 als Sohn eines jüdischen Wollwarenhändlers in Prag geboren. Er starb 1942 in einem bayerischen Konzentrationslager an Tuberkulose.
Die fünf Schulhoff-Stücke seien in den 1920er Jahren als Ganzes komponiert worden. Sie könnten aber auch als vielschichtige Klang-Collage verstanden werden. Düstere Klänge wechselten sich mit zärtlichen Tönen ab. Immer wieder gebe es überraschende Wendungen. Das Finale könne die Vorstellung wecken, in einem ratternden Zug zu sitzen, der plötzlich die Fahrt verlangsamt, wieder in Schwung kommt und schließlich abrupt stehen bleibt.
Die Künstler eröffneten das Konzert mit dem Streichquartett in D-Dur, Opus 20, Nummer 4, von Joseph Haydn. Es zählt zu den sechs sogenannten Sonnenquartetten des Komponisten. Haydn sei der „Vater der Streichquartette“, sagte Barbara Linke-Holicka. Er habe sie selbst gerne mit Freude gespielt. „Das waren keine Auftragsarbeiten.“
Bei Dvo?ák hatten sich die Musiker für sein Streichquartett As-Dur, Opus 105 entschieden. Barbara Linke-Holicka verwies darauf, dass der Komponist „drei erfolgreiche Jahre“ in den USA verbracht habe. 1895 kehrte er aus New York in seine tschechische Heimat zurück. Das Streichquartett As-Dur ist Barbara Linke-Holicka zufolge geprägt vom Abschied aus den USA und dem freudevollen Wiedersehen mit der Heimat. Demnach habe der Komponist auch unter Heimweh gelitten.
Das As-Dur-Streichquartett hatte er noch in New York begonnen, setzte die Niederschrift aber erst nach seiner Rückkehr nach Böhmen im Dezember 1895 fort. Als Zugabe erfreute das Quartett das Publikum mit einer Barkarole von Josef Suk, dem Schwiegersohn Dvo?áks. Die Halle des Schlosses mit seinem Inventar wie Kronleuchter, Gemälden aus Seefahrt und Natur, ausgestelltem Porzellan, Standuhr und der Büste des Bankiers und Vulkanmitbegründers Bernhard Loose bot ein schönes Ambiente.
Claudia Schmid-Heise studierte in Stockholm, Köln und Mannheim. Neben dem Geigenstudium hat sie nach eigener Aussage vor allem der Unterricht beim Amadeus-und dem Alban-Berg-Quartett geprägt und begeistert. Sie war Mitglied im Rubin-Quartett, Konzertmeisterin im Kölner Kammerorchester und ist seit 2009 Konzertmeisterin im Oldenburgischen Staatsorchester.
Zuzana Schmitz-Kulanova wuchs in der Slowakei auf. Sie studierte Geige in Luzern und Essen, war Konzertmeisterin im Folkwang Kammerorchester und dem Kölner Kammerorchester. Seit 2018 ist sie Mitglied der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen.
Die Bratschistin Barbara Linke-Holicka stammt aus Prag. Sie hat ihr Musikstudium in Prag, Berlin und in Freiburg in Breisgau absolviert. Sie sammelte Erfahrungen in verschiedenen Orchestern wie dem Mahler Chamber Orchestra, Staatstheater Mannheim, Tschechische Philharmonie, Opernhaus und Tonhalle Zürich und Luzerne Festival Orchestra. Darüber hinaus hat sie mit dem Artemis Quartett, Talich Quartett und Vlach Quartett gearbeitet. Seit 2008 lebt Barbara Linke-Holicka als freiberufliche Kammermusikerin mit ihrer Familie in Bremen.
Benjamin Stiehl studierte in seiner Heimatstadt Leipzig bei Professor Wolfgang Weber und absolvierte sein Konzertexamen bei Professor Peter Hörr. Wertvolle Erfahrungen sammelte er nach seinen Worten im Deutschen Musikschulorchester und im Gewandhausorchester als Substitut. Seit 2004 ist er Cellist bei den Bremer Philharmonikern.