Vegesack. Mit dem sogenannte Zentren- und Nahversorgungskonzept will die Stadt Bremen herausfinden, an welchen Orten es sinnvoll ist, Handel anzusiedeln. Einen konkreten Bedarf dafür sieht der Beirat Vegesack seit vielen Jahren an der Lindenstraße, in Schönebeck und an der Aumunder Feldstraße. Während der virtuellen Beiratssitzung haben sich die Stadtteilpolitiker noch einmal über das Thema informiert.
„Mit dem Zentren- und Nahversorgungskonzept steuern wir die Einzelhandelsentwicklung in Bremen“, sagte Jan Dierk Stolle, zuständig für den Bereich Raumordnung, Stadtentwicklung und Flächennutzungsplanung bei der senatorischen Behörde für Stadtentwicklung. „Damit möchten wir unter anderem Bremen-Nord in seiner mittelzentralen Versorgungsfunktion stärken.“ Ferner sollten die bestehenden Zentren erhalten und entwickelt werden. Gleiches gelte für die fußläufige Nahversorgung in Bremen. Die sei vor allem vor dem Hintergrund des demografischen Wandels von besonderer Bedeutung.
Der Versorgungsauftrag variiere dabei von Zentrum zu Zentrum. „An oberster Stelle steht die Innenstadt. Aber schon danach kommt das Zentrum von Vegesack als besonderes Stadtteilzentrum, das eine gewisse Größe, eine gewisse Qualität und einen besonderen Versorgungsauftrag für Bremen-Nord und umzu hat“, so Stolle. Darüber hinaus haben sich neue Zentren ergeben, die 2009, als das Konzept entstanden ist, so noch nicht ausgewiesen wurden. Dazu zählen etwa die Bereiche Georg-Gleistein-Straße und Hammersbecker Straße. „Hier haben wir ein neues Versorgungszentrum ausgewiesen, das Nahversorgungszentrum Aumund-Hammersbeck“, informierte er. Damit werde dieses Gebiet mithilfe des Konzeptes nun weiterentwickelt.
„Einige Branchen fehlen“
Das Nahversorgungsgebiet endet allerdings an der Bahnlinie und schließt somit den Bereich nördlich davon nicht mit ein, was Jannik Michaelsen (SPD) kritisierte. „Direkt hinter der Bahnlinie geht es zukünftig weiter mit Apotheken und Ärzten. Außerdem schließt dort ein Supermarkt direkt an“, sagte er. „Das ist für mich noch immer vollkommen unverständlich, warum dieses Nahversorgungszentrum durch die Bahnlinie beendet wurde.“ Die Behörde sieht die Bahnstrecke hingegen als städtebauliche Barriere. „Die Bahnschranken sind häufig zu, wodurch es sich in dem Bereich regelmäßig staut“, erläuterte Stolle. Deshalb würden die Menschen nicht ohne Weiteres zwischen den Gebieten nördlich und südlich der Farge-Vegesacker Eisenbahn wechseln. „Zudem müssen wir darauf achten, dass wir zwischen den einzelnen Zentren eine Balance finden. Wenn wir den Bereich weiter ausdehnen würden, wären weitere Entwicklungen dort möglich. Dadurch würde das Nahversorgungszentrum mit dem Vegesacker Zentrum konkurrieren“, gab Stolle zu bedenken. Der Discounter (Aldi) an der Hammersbecker Straße würde sich bereits erweitern, der Vollsortimenter (Rewe) an der Georg-Gleistein-Straße habe ähnliche Pläne. „Wichtig wäre an dieser Stelle noch ein Drogerieangebot, das so ein Zentrum stärkt und attraktiv macht“, stellte Stolle fest. Zudem sei es sinnvoll, den Bereich auch städtebaulich aufzuwerten.
Doch weiterentwickeln müssten sich nicht nur die Zentren in den Ortsteilen, sondern auch das Vegesacker Stadtzentrum selbst. „Einige Branchen fehlen nach wie vor in Vegesack, insbesondere die Sortimente junge Mode und Sport. Hier ist ein Anbieter vor kurzer Zeit vom Markt gegangen“, sagte Stolle. Gewonnen werden konnte hingegen ein Elektronikfachmarkt, der sich im Kontor am Hafen ansiedeln würde. „Das Zentren- und Nahversorgungskonzept betreibt nicht aktiv Ansiedlungspolitik, es bildet den Rahmen und die Grundlagen dafür, dass Einzelhandelsvorhaben in den ‚richtigen‘ städtebaulichen Lagen realisiert werden“, betonte der Behördenvertreter.
Ein weiterer Schwerpunkt des Konzeptes ist die sogenannte Nahversorgung in der Fläche. Bereits in der Vergangenheit hat sich der Beirat dafür starkgemacht, Lebensmittelmärkte in der Lindenstraße, in Schönebeck und in der Aumunder Feldstraße anzusiedeln. Doch Gutachter halten die Lindenstraße nicht für einen geeigneten Standort für einen Supermarkt, da die nächsten Wohngebiete relativ weit entfernt seien und die Einwohnerdichte in diesem Bereich nicht besonders hoch sei. „Nichtsdestotrotz haben wir den Standort, der dort in der Diskussion ist, als Nahversorgungsstandort aufgeführt, weil er wichtig für das Quartier ist“, so Stolle. Anders falle die Analyse für Schönebeck aus, wo man eine Unterversorgung festgestellt habe. Insgesamt sei Vegesack in Sachen Einzelhandel aber sehr gut aufgestellt, was Einwohner und deren Kaufkraft angehe, stellte er fest. Kritik an dem Konzept gab es von Karl Brönnle (Linke), dem die Nahversorgung in der Fläche zu kurz kommt. „Die Bedeutung, in der Fläche auch fußläufig Lebensmittelläden zu finden, ist in Bremen-Nord nicht besonders ausgeprägt“, sagte er. Andreas Kruse (CDU) unterstrich die Wichtigkeit eines Supermarktes in Fähr-Lobbendorf. „Viele Bürger sind mit dem Wunsch an mich herangetreten, dass nun endlich ein Verbrauchermarkt in der Lindenstraße kommt“, berichtete er.
Der Beirat hat sich unter anderem darauf verständigt, die zuständigen Behörden aufzufordern, das Zentren- und Nahversorgungskonzept an dem konkreten Bedarf in Vegesack auszurichten. Zudem fordern die Stadtteilpolitiker erneut einen Supermarkt in der Lindenstraße. Dies solle von der Senatorin für Stadtentwicklung positiv begleitet werden. Der Beschluss des Gremiums fiel einstimmig aus.