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Gustav-Heinemann-Bürgerhaus Nicole in Vegesack: Die Grande Dame des deutschen Schlagers

Nicole, die Grande Dame des deutschen Schlagers, begeistert ihr Publikum in Vegesack. Trotz halbvollem Saal zeigt sie mit ihrer Band ein engagiertes Konzert.
13.04.2025, 12:51 Uhr
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Von Christian Pfeiff

Mindestens bekennenden Schlagerfans, Nostalgikern der ZDF-Hitparade als auch Enthusiasten des Eurovision Song Contests (ESC) muss der Name Nicole nicht weiter erläutert werden: Bereits 1982 schrieb die damals grade einmal 17 Jahre alte Sängerin mit ihrem von Ralph Siegel geschriebenen Lied „Ein bisschen Frieden“, mit dem sie den ESC im englischen Harrogate gewann, ihre eigene Legende – und zählte seither zu jenen überaus wenigen Künstlern, denen es gelang, auf ihrem ESC-Gewinn eine jahrzehntelange Karriere aufzubauen.

So veröffentlicht die zur Grande Dame des deutschen Schlagers gereifte Künstlerin auch 43 Jahre nach ihrem Moment im europäischen Rampenlicht noch immer kontinuierlich neue Alben – zuletzt im Vorjahr das Album „Carpe Diem“ – mit denen sie auch regelmäßig auf Tournee geht.

Moderater Eintrittspreis

Im Gegensatz zu einer überwiegenden Mehrheit ihrer Genrekollegen begnügt sich Nicole dabei jedoch nicht damit, zu Halb- bis Dreiviertelplayback zu horrenden Eintrittspreisen im Rahmen divers besetzter Schlagertourneen ihre größten Erfolge plus zwei bis drei neuere Titel zu präsentieren. Stattdessen veranstaltet die im positiven Sinne eigensinnige Schlagerdame lieber eigene Tourneen, auf denen sie ihren Fans mit einer vierköpfigen Liveband im Rücken über zwei Stunden lang sowohl ihre größten Erfolge als auch jene Songs ihrer langjährigen Karriere präsentiert, die ihr persönlich am Herzen liegen – und dies zu an heutigen Marktverhältnissen gemessen relativ moderaten Eintrittspreisen.

Mit diesem Konzept gastierte die Saarländerin im Rahmen ihrer nur acht Termine umfassenden Frühlingstournee am Freitag im Vegesacker Bürgerhaus. Angesichts des Umstands, dass in dessen bestuhlten Saal locker das Zwei- bis Dreifache der anwesenden Publikumsmenge gepasst hätte, wäre es zwar nur allzu leicht, von einem „sinkenden Stern am Schlagerhimmel“ oder gar Schlimmeren zu fabulieren – jedoch wäre dies sowohl der Leistung und dem Engagement der Künstlerin und ihrer Band als auch der letztendlich im Saal vorherrschenden Atmosphäre alles andere als fair.

Denn Nicole zählt nicht nur zu jenen langjährigen Genrevertreterinnen, welche die lyrischen und musikalischen Grenzen ihres Genres immer wieder etwas aufbrechen, neben seichter Liebeslyrik auch bisweilen etwas tiefgründiger agieren und dies überraschend instrumentieren – so beispielsweise die in ihre Liveinterpretation überraschend rockig tönende Antikriegshymne „Nie, nie mehr“ aus dem Jahr 2001, die aus aktuellem Anlass ebenso ihren Weg ins aktuelle Tourneeprogramm fand wie eine Interpretation von Pete Seegers „Sag' mir, wo die Blumen sind“; auch ist ihr Bemühen um ihr Publikum spürbar keinesfalls ein Lippenbekenntnis.

So nimmt sich Nicole nicht nur während des laufenden Konzertes die Zeit, eine Liebeserklärung samt Präsent ihrer Fans entgegenzunehmen, sondern auch ihre jüngste Zuhörerin in der ersten Reihe nach deren Alter zu fragen – um anschließend erfreut festzustellen, dass auch manch heutige Achtjährige noch mit ihrer Musik in Berührung kommen und sogar viele Texte mitsingen können. Die nach dem Konzert vor dem Saal erfolgende Autogrammstunde, die ihren Namen auch wirklich verdient hat, ist für Nicole ohnehin Ehrensache.

Spätestens als Nicole in der zweiten Konzerthälfte ihre großen Hits der Achtzigerjahre wie „Flieg nicht so hoch“, „Papillon“, „Ich hab' Dich doch lieb“ und viele weitere anstimmt, sind alte und neue Fans glücklich – und zur Zugabe nimmt sie einmal mehr ihr damaliges Markenzeichen, die weiße Westerngitarre zur Hand – erscheint ihr damaliger ESC-Siegertitel auf unheimliche Weise derzeit doch wieder aktueller denn je.

Liebe zum Beruf

Nötig hätte Nicole all dies nicht: Grade für sie, deren Kapitel in der deutschen Popmusikgeschichte schon lange unumstößlich geschrieben ist, wäre es potenziell nur allzu leicht, sich auf alten Lorbeeren auszuruhen und auf Themenfestivaltourneen einfaches, schnelles Geld mitzunehmen. Dass Nicole und ihre aus Keyboarder Achim Meier, Schlagzeuger Jens Carstens, Gitarrist Mickey Meinert und Bassist Zoran Grujovski bestehende Liveband, welche auch die altgedienten Hits der Schlagerdame sowohl routiniert und professionell erklingen lässt als auch mit einer gewissen Frische versieht, lieber noch immer die in jeglicher Hinsicht aufwendigere „Ochsentour“ auf sich nehmen, zeugt von ihrer Liebe zum Beruf und zu ihrem Publikum: „Wir wollen es einfach so. Wir sind Livemusiker und wollen mit unserer Musik nicht berieseln, sondern unserem Publikum für zweieinhalb Stunden aus dem Alltag entführen und ihm etwas bieten, was die Herzen berührt – und das ist aus meiner Sicht nur mit einem echten Live-Erlebnis möglich“, erklärt Nicole nach dem Konzert.

Wie ist es ihr dann aber möglich, trotz rückläufiger Ticketverkäufe noch immer mit Band auf Tour zu gehen, wohingegen eine überwiegende Mehrheit gleichrangiger Genrekollegen eben dies mit dem stetigen Verweis auf zu hohe Kosten verneint? „Wir sind einfach hartnäckig“, antwortet Nicole lachend. „Wir wollen das Leben erleben – und genau dies mit unserem Publikum teilen.“

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