Die Situation an einigen Nordbremer Schulen wird wegen der Corona-Verordnungen zunehmend schwierig. Während Eltern wegen der kalten Zugluft privat Decken spenden und Lehrer warme Arbeitsbekleidung von ihrem Dienstherrn fordern, werden bei Immobilien Bremen derzeit mindestens fünf Schulumbauten diskutiert, um besser lüften zu können. So soll voraussichtlich die Fassade eines Traktes des Vegesacker Gymnasiums an der Kerschensteinerstraße abgerissen werden, um die Lüftungsvorschriften zu erfüllen.
„20-5-20“, lautet die Devise der Bildungsbehörde. Nach jeweils 20 Minuten soll fünf Minuten stoßweise gelüftet werden, um die Gefahr einer Ansteckung mit dem Virus zu minimieren. Beim Stoßlüften bestünde anders als beim Dauerlüften auch nicht die Gefahr, dass die Räume auskühlten, betont Annette Kemp, Sprecherin der Behörde. Doch nicht an allen Bremer Schulen ist Stoßlüften möglich. Als Problemfälle gelten hier vor allem das Vegesacker Gymnasium und das benachbarte Schulzentrum.
„In den Klassenräumen lassen sich die Fenster nur kippen“, berichtet Heike Ohler, Schulleiterin des Gymnasiums. Das Gymnasium soll deshalb, wie in unserer Hauptausgabe berichtet, 16 Luftreinigungsgeräte bekommen, das Schulzentrum ein Gerät. Gedacht ist es nach den Worten des Schulleiters Peter Kaus für das Werkstattgebäude an der Kerschensteinerstraße. Es handele sich hier um innen liegende Räume, die nur über eine Dachluke zu belüften sind. „Bei Regen geht die Dachluke automatisch zu. Den Automatismus dürfen wir aber nicht ausschalten, da er mit der Brandschutzeinrichtung kombiniert ist“, erklärt Kaus. Die 20-5-20-Lüftungsregel sei am Schulzentrum schwierig umzusetzen.
Laut Schulleiter Peter Kaus hat das Kollegium festgestellt, dass es in der Schule kälter ist, als nach Arbeitsstättenverordnung vorgesehen. Für die Schüler werde Tee gekocht. Für die Lehrer, die sich den ganzen Tag in den Räumen aufhalten müssten, hat Peter Kaus nun warme Arbeitskleidung bei der senatorischen Behörde beantragt. Dass auch Schüler in anderen Nordbremer Klassenzimmer frieren, zeigt ein Beispiel aus Schönebeck. Vater und Rechtsanwalt Jörg Sommer hat mit der Bestellung von 200 Decken dafür gesorgt, dass jedes Kind und jede Lehrkraft an der Grundschule eine eigene Decke bekommt.
Kalte Beine im Klassenraum
„Eine super Aktion“, findet Konrektorin Myriam Kolbe. Obgleich die Lehrer nur alle 20 Minuten stoßlüften, sinke die Raumtemperatur ab. „Da wir auch quer lüften, können fünf Minuten quälend lang sein. Die Kinder sitzen die ganze Zeit und bewegen sich nicht. Obenrum können sie warme Jacken anziehen, aber die Beine werden irgendwann kalt.“
Zurück nach Vegesack. Die Luftreinigungsgeräte für die beiden großen Vegesacker Schulen sollen noch diese Woche geliefert werden, heißt es bei der städtischen Liegenschaftsverwaltung Immobilien Bremen (IB). „Diese Geräte werden den Luftwechsel nicht optimal kompensieren können, es muss weiter gelüftet werden“, meint IB-Sprecher Peter Schulz.
Um den Corona-Vorschriften Genüge zu tun, müssten in Bremen die Fassaden von mindestens fünf Schulen zum Teil komplett erneuert werden, sagt Peter Schulz. In Bremen-Nord betrifft dies das Vegesacker Gymnasium und möglicherweise das Schulzentrum. „Bei beiden besteht das Problem, dass sich die Fenster nicht richtig öffnen lassen“, sagt Schulz. Geprüft werde auch eine Erneuerung der Fassade der Fritz-Gansberg-Straße.
Schulz spricht von diversen Schwierigkeiten, die mit den Umbauten einher gingen. Beispiel: Gymnasium Vegesack. Das Gebäude mit dem auffällig gelben Sockel stamme aus dem Jahr 2006. Aus architektonischen Gründen sei die Fassade mit Lüftungsschlitzen versehen worden. „Wir müssen die Fassade aufgrund der Vorschriften nun neu planen und bauen“, berichtet Schulz. Zudem seien Eingriffe in den Baukörper notwendig. Zu den baulichen Schwierigkeiten kämen Urheberrechte. Schulz: „Ein Problem ist, dass der Architekt mit der Erneuerung der Fassade einverstanden sein muss.“
Bildungsbehörde hält am Präsenz-Unterricht fest
Wann die Fassade abgerissen werden soll, konnte Schulz nicht sagen. „Die Sanierungsmaßnahmen sind mit erheblichen Kosten verbunden. Wir müssen sehen, wo wir Mittel herbekommen.“ Fachleute gehen im Fall des Gymnasiums von einer hohen sechsstelligen Summe aus.
Die Bildungsbehörde hält indes am Präsenz-Unterricht fest. Behördensprecherin Annette Kemp sagt, dass die Zahlen infizierter Schüler und Lehrer in der Hansestadt nichts anderes hergeben. Aktuelle Zahlen zu den Coronafällen an Bremer Schulen sind derzeit jedoch schwer zu bekommen. Mit Stand vom 6. November waren 120 Schüler und acht Lehrkräfte beziehungsweise Betreuer positiv getestet. Möglicherweise sollten die Zahlen am Dienstagabend aktualisiert werden.
In der jetzigen Auflistung nicht enthalten sind die beiden Fälle, die die Tami-Oelfken-Ganztagsschule in Lüssum ans Gesundheitsamt gemeldet hat. „In der Tami-Oelfken-Schule gibt es eine infizierte Lehrkraft und eine weitere infizierte Beschäftigte“, berichtet Lukas Fuhrmann, Sprecher des Gesundheitsressorts. Wie viele Personen in Quarantäne geschickt wurden, blieb offen. Die Gespräche dazu liefen.