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Standortstrategie für Vegesack Jörn Gieschen im Interview: "Wir wollen umsetzen"

Die Standortstrategie für Vegesack ist erstellt und Projektideen sind gesammelt. Im Interview erklärt Vegesack-Marketing-Geschäftsführer Jörn Gieschen, wie es nun weitergeht.
24.01.2025, 17:45 Uhr
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Jörn Gieschen im Interview:
Von Aljoscha-Marcello Dohme

Herr Gieschen, an welchem Punkt steht die Standortstrategie für Vegesack aktuell?

Jörn Gieschen: Die Strategie ist fertig erstellt, auch Projektideen sind gesammelt und priorisiert. Mit der Umsetzung sind wir dann im Frühjahr gut gestartet: 25 Leute haben sich bereit erklärt mitzuhelfen. Im Moment fokussieren wir uns auf die Starterprojekte. Das sind kleine Projekte, die aber oftmals eine genauso große Wirkung haben: Weil jeder sie wahrnimmt und sie etwas Neues bieten. Aktuell sind fünf Teams von Freiwilligen unterwegs, die das alle neben ihrem Hauptberuf machen. Das ist aller Ehren wert. Einige Projekte sind dabei weiter gediehen als andere und werden in den nächsten Wochen sichtbar. Themen sind zum Beispiel Erlebbarkeit, Leerstand, Platznutzung und Sauberkeit.

Was können die Vegesackerinnen und Vegesacker denn konkret in den nächsten Wochen erwarten?

Spätestens im März wollen wir das erste Projekt, den sogenannten Vegesack-Parcours, rausbringen, um Innenstadt und Maritime Meile attraktiv in Szene zu setzen und besser zu verbinden. Umgesetzt wird es von Stefan Kubena vom Martinsclub und mir, mit Unterstützung durch weitere Kollegen und Partner. Das Angebot soll möglichst barrierearm sein. Den entsprechenden Parcours mit insgesamt 15 Attraktionen für einen Rundlauf via Innenstadt und Maritime Meile haben wir bereits festgelegt. Den kann man ablaufen. Dabei wird man an den einzelnen Stopps über eine App informiert und unterhalten. Unterstützt werden wir dabei von der Wirtschaftsförderung Bremen mit der Bremen-Go-App. Ein Highlight ist der Einsatz von sogenannter Augmented Reality. So kann man sein Handy vom Utkiek aus auf die Weser oder das Havenhaus halten und dabei zurück in die Vergangenheit reisen. Das geschieht durch Animationen, Geräusche und Stimmen, die zum Beispiel lebendig machen, wie Familien früher am Utkiek standen und auf die Rückkehr der Seefahrer gewartet haben.

Die sogenannten Starterprojekte sollten ja schnell umgesetzt werden. Nun kommt das erste Projekt ein Jahr nachdem die Strategie abgeschlossen wurde. Ist das nicht eigentlich zu spät?

Die Projekte wurden direkt im Anschluss in diesem Frühjahr entwickelt und in die Vorbereitung gebracht. Das machen aber die Macherinnen und Macher ja noch neben ihrer eigentlichen Arbeit. Im Moment beteiligen sich die üblichen Verdächtigen. Das sind in erster Linie Leute, die sich beruflich schon sehr stark für den Stadtteil engagieren. So dauert es natürlich etwas, zumal wir kein Extra-Personal und keine Extra-Budgets für die Umsetzung haben.

Sie haben gerade schon die Akteure angesprochen. Warum kann das Vegesack Marketing diese Strategie nicht gänzlich allein zum Leben erwecken?

Das liegt vor allem daran, dass wir begrenzte Ressourcen haben. Auch vor der neuen Strategie hatten wir schon ein sehr volles Programm. Wir sind nur fünf Leute, zum Großteil in Teilzeit, mit begrenztem Budget. Außerdem wollen wir natürlich die Leute einbinden, die hier arbeiten oder leben. Wenn die selbst aktiv werden, hat das noch mal einen anderen Wert. Der dritte Grund ist: Wir können nicht alles, wir wissen nicht alles – andere Menschen haben anderes Wissen, andere Ideen, andere Netzwerke. Wir wären ja ignorant, wenn wir das alles nicht nutzen würden.

Welche Aufgabe hat denn das Vegesack Marketing genau bei der Standortstrategie?

Da ist die Koordination aller Projekte, der Austausch mit den Akteuren. Dann braucht es politische Unterstützung für die längerfristigen Projekte, die sogenannten Horizontprojekte. Die Stadt hat die Strategie aus gutem Grund finanziert und ist sich natürlich bewusst, dass solche Projekte für die Zentrenentwicklung am Ende nicht ohne öffentliche Investitionen funktionieren. Wir sorgen auch in Zeiten knapper Kassen dafür, dass wir das an den richtigen Stellen platzieren und hartnäckig am Ball bleiben.

Sie waren ja gerade schon bei den Horizontprojekten. Welches Vorhaben ist aus Ihrer Sicht denn das wichtigste?

Das ist die Neugestaltung unseres zentralsten Platzes, des Sedanplatzes. Er ist perfekt, wenn Wochenmarkt oder Vegesacker Markt ist. Dann habe ich eine große graue Platte, die ich frei bespielen kann. Diese Multifunktionalität muss auch erhalten bleiben. Zu jeder anderen Zeit ist das aber ein Platz mit wenig Aufenthaltsqualität.

Wie könnte der Sedanplatz in Zukunft aussehen?

Da gibt es viele Ideen, gab es schon immer, ich nenne nur Symbolon oder Überdachung. Und warum nicht? Wir haben dazu kürzlich ganz unverbindlich mal Gedanken mit der Nordbremer Firma Vector Foiltec ausgetauscht, in diesem Bereich sogar ein Weltmarktführer. Es geht nicht nur um zwei neue Bänke und einen Blumenkübel, sondern um die Vielfältigkeit der Platznutzung. In Zeiten des Klimawandels wäre es zudem wichtig, den riesigen Platz zu entsiegeln. Grün schafft Aufenthaltsqualität und verbessert das Klima. Der konkrete Plan muss das Ergebnis eines abgestimmten Prozesses sein, der die neue Randbebauung und die Gestaltung des Platzes selbst beinhaltet. Stadt und Investoren müssen hierfür an einen Tisch. Klar ist aber, dass der Platz auch in Zukunft für unseren tollen Grünmarkt und Veranstaltungen geeignet sein muss.

Ein weiteres Horizontprojekt ist das Badeschiff, das am ehemaligen Liegeplatz des Schulschiffs festmachen könnte. Haben Sie sich schon mal erkundigt, ob das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt ein solches Badeschiff in der Lesummündung genehmigen würde?

So weit sind wir nicht, ich erwähnte die Prioritäten. Es muss auch nicht unbedingt ein Badeschiff werden. Es geht uns darum, erst mal die Köpfe zu öffnen und zu sagen, dass es auch in solche Richtungen gehen kann. Es spricht gar nichts dagegen, sich so ein Badeschiff anzugucken und mit Städten, in denen es so etwas schon gibt, in Kontakt zu treten. So können wir etwas zu Nutzen, Kosten und Herausforderungen erfahren – oder eben auch auf Alternativen für Erlebnis am Wasser kommen.

Vonseiten der Maritimen Meile gGmbH gab es Bestrebungen, ein Gastroschiff nach Vegesack zu holen. Dieses Vorhaben scheiterte letztlich daran, dass die Stadt die nötige Infrastruktur nicht herstellen wollte. Was lässt Sie hoffen, dass es beim Badeschiff anders laufen wird?

Wir haben immer wieder nach passenden, in der Regel gebrauchten, Schiffen auf dem Markt gesucht. Solche Schiffe stehen allerdings immer nur für einen begrenzten Zeitraum zum Verkauf. Irgendwann werden sie anderweitig verkauft. In diesem kurzen Fenster müssen alle Probleme auf das Schiff zugeschnitten gelöst werden: Technik, Investoren, Finanzen, Betrieb, Genehmigungen und so weiter. Bei einem Neubauprojekt wie zum Beispiel einem Badeschiff ist der Zeitdruck anders. Hier kann solide sondiert und geplant werden. Insofern ist die Umsetzungschance bei solch einem Herangehen höher als beim Thema Gastroschiff.

Was glauben Sie, wann könnten die ersten Horizontprojekte realisiert werden?

Die aktuelle Haushaltslage im Land Bremen ist schwierig. Im Moment ist es eher so, dass in verschiedenen Bereichen gekürzt werden muss, das lesen wir ja täglich in der Zeitung. Aus diesem Grund ist das Augenmerk kurzfristig eher auf die Starterprojekte, den Sedanplatz und Horizontprojekte für private Investoren gerichtet. Wir wollen umsetzen und uns nicht verrennen.

Das Gespräch führte Aljoscha-Marcello Dohme.

Info

Wer die strategische Entwicklung Vegesacks – sei es mit eigenen oder existierenden Ideen – mitgestalten möchte, kann sich an das Vegesack Marketing wenden. Es ist unter der Telefonnummer 04 21 / 222 39 90 erreichbar.

Zur Person

Jörn Gieschen

ist seit 1. September 2020 Geschäftsführer des Vegesack Marketing. Bevor er in den Bremer Norden kam, arbeitete er unter anderem für eine Tourismusberatung in Barcelona sowie als selbstständiger Tourismusberater für mehrere Städte und Länder.

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