Bei der Kriminalitätsentwicklung in Vegesack weisen die meisten Kennziffern deutlich nach unten. Mit dieser positiven Botschaft konnte der neue Nordbremer Polizeichef Kevin Hamann am Donnerstagabend im Beirat punkten. Von einer Videoüberwachung des Bahnhofsvorplatzes, wie sie in der Vergangenheit immer wieder von CDU und Bürgern in Wut (BIW) gefordert worden war, hält Hamann wenig.
Vegesack. Beschnuppert und für gut befunden: So könnte man das erste Zusammentreffen des Vegesacker Beirates mit dem neuen Leiter der Polizeiinspektion Bremen-Nord, Kevin Hamann, zusammenfassen. Der 34-jährige Polizeirat gibt in diesen Wochen in allen drei Beiräten seine Visitenkarte ab, am Donnerstag war Vegesack dran. Hamann hatte konkrete Zahlen zur Entwicklung der Kriminalität im Gepäck. Erfreuliche Zahlen zumal, denn in vielen Deliktgruppen, die von der Bevölkerung als besonders bedrohlich empfunden werden, weist der Pfeil nach unten.
Im Fünf-Jahres-Zeitraum von 2008 bis 2012 ist die Zahl der Straftaten von 4150 auf 3283 zurückgegangen, parallel stieg die Aufklärungsquote von 45,4 auf 56,1 Prozent. Bei den Raubdelikten fiel die Zahl der Taten in der gleichen Zeitspanne von 88 auf 53 pro Jahr. Ein günstiger Trend ist auch bei den Wohnungseinbrüchen zu konstatieren. Für das vergangene Jahr weist die Statistik rund 130 Fälle aus, 2009 waren es noch fast doppelt so viele. Die Aufklärungsquote liegt in diesem Deliktfeld mit 11,9 Prozent allerdings vergleichsweise niedrig – anders als etwa bei den Körperverletzungen, "wo sich Täter und Opfer gegenüberstehen und man sich oft kennt", so Hamann. Bei den Körperverletzungen stagniert die Entwicklung nach seiner Darstellung, und sie werde sich wohl auch nicht deutlich drücken lassen, denn: "Vegesack ist ein Mittelzentrum, das sich durch eine Vielzahl von Veranstaltungen wie etwa das Hafenfest auszeichnet. Wo viele Menschen sind, da geraten auch welche in Konflikt", sagte Hamann. Den einzigen deutlichen Anstieg von 2011 auf 2012 weist die Kriminalstatistik für Vegesack bei den Rauschgiftdelikten auf. Ein statistischer Effekt, erläuterte Kevin Hamann. "Wir haben da mehr kontrolliert, und wenn man dabei fündig wird, schlägt sich das natürlich auch in den Zahlen nieder."
Die Beiratsmitglieder nahmen den Bericht des neuen Polizeichefs überwiegend mit Genugtuung entgegen. "Ich hoffe, dass sich dieser positive Trend fortsetzt", lautete der Kommentar von SPD-Fraktionssprecherin Heike Sprehe, und ihr Fraktionskollege Volker Beringer sagte, die statistischen Werte deckten sich mit seinen persönlichen Beobachtungen. "Es ist erkennbar weniger geworden", so Beringer.
Kritisch äußerte sich nur Cord Degenhard von der Wählerinitiative Bürger in Wut. Zwar ziehe er die Statistik nicht in Zweifel, doch erfassten die Zahlen nicht das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Degenhard machte das am Beispiel des Bahnhofsvorplatzes fest. Es möge ja sein, dass sich dort inzwischen weniger Gewalttaten ereignen, "aber viele, gerade ältere Leute gehen da zu bestimmten Zeiten aus Furcht gar nicht mehr hin". Degenhard erneuerte seine Forderung nach einer Videoüberwachung des Bereichs. Doch damit holte er sich bei Hamann eine handfeste Abfuhr. Der Vegesacker Bahnhof sei nicht ansatzweise mit Gewaltschwerpunkten wie der Disco-Meile in der Innenstadt zu vergleichen, wo seit mehreren Jahren Kameras das Geschehen festhalten. Und dass Video-Beobachtung affekthafte Gewalt auf öffentlichen Plätzen zurückdränge, sei durch zahlreiche nationale und internationale Studien widerlegt.
Auf Nachfrage des FDP-Beiratsmitglieds Rainer Buchholz verneinte Hamann die Existenz von Plänen für eine Umgruppierung des sogenannten Einsatzdienstes der Polizei (ESD) in Bremen-Nord. Im März 2012 hatte DIE NORDDEUTSCHE über entsprechende Überlegungen auf der Führungsebene der Bremer Schutzpolizei berichtet. Die Beamten des ESD sind im Wesentlichen für den Streifendienst und 110-Alarmierungen zuständig. Seit der Nacht- und Wochenendschließung des Reviers Vegesack im Jahr 2006 ist der Einsatzdienst an den Standorten Blumenthal und Lesum angesiedelt. An eine Konzentration in Vegesack sei nicht gedacht, versicherte Hamann. Jedenfalls so lange nicht, wie sich an der finanziellen Ausstattung der Polizei nichts Grundlegendes ändere.
Vegesack ist sicherer geworden
Bei den meisten Delikten zeigt die Kriminalitätsstatistik für 2012 einen Rückgang / Beirat zeigt sich zufrieden
Zitat:
"Wo viele Menschen
sind, da geraten auch
welche in Konflikt."
Polizeichef Kevin Hamann