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Seamusic in Vegesack Warum das Festival Maritim am Sonnabend eher zu Ende war

200 Künstler aus elf Ländern sind in diesem Jahr zum Festival Maritim nach Vegesack gekommen. Doch aufgrund des Wetters verlief die dreitägige Veranstaltung nicht wie in den Vorjahren.
06.08.2023, 18:00 Uhr
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Von Christian Pfeiff

Seit seiner ersten Ausgabe im Jahr 1999 hat das Festival Maritim eine beachtliche Entwicklung vollzogen und ist mittlerweile nicht nur zum kulturellen Aushängeschild des Bremer Nordens, sondern sogar zu einem der größten und relevantesten Sea-Music-Festivals Europas avanciert. Bereits ein Rundgang über das Gelände am Freitag verdeutlichte, dass das ausrichtende Vegesack Marketing samt Unterstützern alle denkbaren Vorbereitungen ergriffen hatte, das Prestigefestival, dessen ständig erweiterte Mischung aus maritimer Musiktradition und deren vielseitigen modernen Derivate ein musikalisches Symbol für den Bremer Norden darstellt, einmal mehr zu erweitern und sich nochmals selbst zu übertreffen. Dass es jedoch etwas anders kommen sollte, lag weder in der Hand der Veranstalter noch der Künstler.

Doch der Reihe nach: Nach dem etablierten Warm-Up Konzert in der Vegesacker Kirche am Donnerstag deutete der Freitagabend noch auf ein Festival Maritim hin, wie es die Besucher aus prä-pandemischen Zeiten kannten. Von insgesamt sieben Bühnen und Plätzen schallte die für das Festival typische, international vorgetragene Melange von rustikaler maritimer Musiktradition, wie sie beispielsweise die Niederländer „Armstrong's Patent“ und „Paddy's Passion“ auf der Bühne am Kito-Platz exerzierten, über energetisch interpretierte Irish Folk-Gassenhauer von der hansestädtischen „Foggy Crew“ am Utkiek bis hin zu von folkloristischen Melodien und Instrumenten wie Geige, Flöte und Dudelsack geprägtem Punkrock und Heavy Metal, den die Belgier „Bugul Noz“ und Argentinier „Triddana“ im Hafenwald, die ungarischen „Jolly Jackers“ am Utkiek sowie die Italiener „The Clan“ am Vegesacker Balkon darboten.

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Zum Charme und Flair des Festivals zählt neben der inhaltlichen maritimen Kulturpflege auch der Umstand, dass es sich bei mehr als der Hälfte der aufspielenden Bands, Chören und weiteren Combos bereits um mehrfache Wiederholungstäter handelte, die entsprechend unter den regelmäßigen Festivalgängern über treue Anhängerschaften verfügen. Am Hafen, entlang der maritimen Meile und vor den Bühnen war es permanent gut gefüllt, dennoch genossen die überwiegende einheimischen Besucher überaus großzügige Ellenbogenfreiheit. Schließlich wissen regelmäßige Festbesucher sowohl, dass das Festival erst am Sonnabend richtig Fahrt aufnimmt als auch, dass es im Rahmen der drei Veranstaltungstage grundsätzlich mehrere Gelegenheiten gibt, die jeweiligen musikalischen Lieblinge auf verschiedene Arten live zu erleben.

Dennoch herrschte bereits am Freitag allenthalben das typische Festivalflair: „Es ist einfach toll hier: Kein Gedränge und keine Aggressionen; stattdessen gute Musik, freundliche Menschen und internationales Flair“, konstatierte eine Besucherin. „Im Vergleich zum Vorjahr war deutlich mehr los, insgesamt dürften es am Freitag bereits etwa 25.000 Besucher gewesen sein“, konstatierte auch Projektmanager Lars Ehlers vom Vegesack Marketing, der in diesem Jahr das Festival gemeinsam mit dessen geistigem Vater Fritz Rapp leitete, welcher den Staffelstab auf diese Weise mählich an seinen Nachfolger übergibt.

Der Sonnabend schickte sich daraufhin bereits vormittags an, die in ihn gesetzten Erwartungen zu erfüllen: Bereits Stunden, bevor das Bühnenprogramm eröffnet wurde, bevölkerten Menschenmassen sowohl die Fußgängerzone, in der zahlreiche Festivalkünstler wie Ian Brue und Kath, die Australier „Ukulele Death Squad“, das polnische Herrenquartett „Brasy“, die Engländer „Loctup together“, die Lokalmatadore „Hart Backbord“ und zahlreiche weitere traditionellerweise kurze Kostproben ihres Könnens in klassischer Straßenmusikmanier darboten, als auch das zu diesem Zeitpunkt noch tonlose Festivalareal, welches im Vergleich zum Vorabend bereits um die mit mannigfaltigen Spiel- und Spaßgelegenheiten aufwartende „Kinderpiratenwelt“ am Kontor ergänzt wurde.

„Es ist ein internationales Festival mit 200 internationalen Künstlern aus elf Ländern und internationalen Besuchern“, konstatierte Ehlers. „Valide Besucherzahlen und deren Herkunft werden uns zwar erst in den kommenden Tagen vorliegen, doch schon angesichts der vorherrschenden Sprachvielfalt auf dem Gelände darf man diesen Umstand als gegeben betrachten“.

Doch die Freude über diese von einem immensen Rahmenprogramm flankierte und zigtausend Besuchern goutierte musikalisch-kulturelle Vielfalt dauerte nur bis in die frühen Abendstunden: Ein erbarmungsloser, dreiviertelstündiger Regenschauer machte ab 19.30 Uhr die Bühnenareale an der Weserpromenade unbenutzbar; an weiteren Spielorten fürchteten Veranstalter und Behörden um die Sicherheit der Besucher und Stromversorgungen, sodass der Haupttag des Festivals erstmals in dessen Geschichte vorzeitig abgebrochen wurde.

Manche ließen sich die Feierlaune dennoch nicht verderben: So erklang aus den Kneipen und Gastronomien laute Musik, während die Engländer „Stuns'ls“ ihren Auftritt auf dem Kito-Platz kurzerhand von der Bühne unter das schützende Mauerwerk der Tagespflege Vegesack verlegten. Dennoch stellte der unwetterbedingte Abbruch gleich in mehrfacher Hinsicht einen Wermutstropfen für Veranstalter, Künstler, Beschicker und Besucher dar, zumal dem großen Schauer anschließend nur noch leichter Nieselregen folgte.

Mit einem weiteren Problem sehen sich die Veranstalter in den kommenden Tagen konfrontiert: „Wir dürfen die Grünflächen an der Weserpromenade unter der Auflage nutzen, sie anschließend wieder in ihrem vorherigen Zustand zu übergeben“, so Ehlers. „Dies könnte sich als anschließende Herkulesaufgabe erweisen – aber immerhin ist es hier noch nicht ganz so schlimm wie in Wacken.“

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