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Vegesacker Traditionshaus Sorgenkind Strandlust

Der Pächter der Strandlust sieht sich mit hohen Kosten und wenigen Übernachtungsgästen konfrontiert. Was das für den Betrieb des Vegesacker Tradtionshauses bedeuten könnte.
23.08.2023, 18:09 Uhr
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Sorgenkind Strandlust
Von Aljoscha-Marcello Dohme

Auch wenn regelmäßig Hochzeiten, Tagungen und Betriebsfeiern in der Strandlust stattfinden, weiß Pächter Kevin Kitlinger nicht, wie lange er das Traditionshaus noch führen kann. In den vergangenen drei Monaten hat er nach eigenem Bekunden gerade einmal so viel eingenommen, dass er damit seine Kosten decken konnte. Sollte sich an dieser Situation in den kommenden Wochen nichts ändern, müsste er den Betrieb noch in diesem Jahr schließen.

"Eine Grundregel in der Hotellerie besagt, dass es eine Auslastung von 50 Prozent braucht, um die Kosten decken zu können", erklärt er. "Die Strandlust erreicht momentan aber nur eine Quote zwischen 20 und 30 Prozent." Während der Sommerferien hätte die Auslastung lediglich bei rund zehn Prozent gelegen. "Ich hoffe, dass sich die Buchungslage im Herbst wieder verbessert", sagt Kitlinger. "Denn irgendwie müssen wir unsere Kosten decken."

Hinzu kommt, dass ihn die gestiegenen Preise für Gas, Wasser und Strom besonders hart treffen. "Das Gebäude ist sehr groß, hat aber relativ wenig Zimmer", erklärt der Hotelier. Andere Häuser dieser Größe kämen auf 200 bis 300 Zimmer, die Strandlust auf 59. "Dadurch haben wir weniger Einnahmen, aber einen Verbrauch wie ein großes Haus", berichtet er. "Allein um diese Kosten decken zu können, bräuchten wir mittlerweile eine Auslastung um die 60 Prozent."

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Dabei hat er schon einkalkuliert, dass er im Vergleich zu anderen Hotels eine geringe Pacht für die Strandlust zahlt. "Damit das Haus weiterlebt, hat der Eigentümer den Satz reduziert", erzählt Kitlinger. Trotzdem ist es schwer für uns, zu überleben." Das liege vor allem an den hohen Fixkosten.

Der Pächter hat auch investiert. "Bevor wir den Betrieb übernommen haben, haben wir eine sechsstellige Summe ausgegeben. Unser Ziel dabei war, die Standards höher zu setzen", so der Hotelier. "Durch die Insolvenz des Vorvorgängers war das ganze Haus leer geräumt. Zum Teil wurden sogar Betten und Vorhänge mitgenommen." Zwar habe sein Vorgänger einiges gemacht, aber eben auch nur das Notwendigste. Er habe nun etwa in neue Seifenspendersysteme sowie in neue Standards bei der Zimmerreinigung investiert. "Wir wollten dem Haus Stil und ein Vier-Sterne-Niveau geben", sagt er. "Das Problem ist aber, dass die Gäste ganz andere Erwartungen haben."

Das mache sich zum Beispiel bei den Bewertungen bemerkbar. "Wir werden nicht nach dem Aufenthalt bewertet, sondern danach, wie es früher einmal war", schildert er. Die Erwartung sei ein Sternerestaurant, ein Fünf-Sterne-Ausstattungskonzept sowie die neueste Technik. "Alles soll so sein wie in einem Fünf-Sterne-Plus-Hotel in Dubai", sagt Kitlinger. "Die Gäste sehen einfach nicht, dass wir den Betrieb mit einem Standard-Konzept am Leben halten." Diese Strategie mache sich auch am Preis bemerkbar: Zu den besten Zeiten des Hotels hätte ein Zimmer das Vierfache gekostet.

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Aktuell liege der Preis zum Teil zwischen 60 und 70 Euro pro Nacht. Mit diesem Angebot wolle er für eine höhere Auslastung des Hotels sorgen. "Obwohl der Preis für die heutige Zeit sehr niedrig ist, wird trotzdem über die Qualität gemeckert", erzählt er. Eine Zeit lang habe er deshalb mit höheren Preisen gearbeitet. Doch das habe nicht funktioniert. Aus diesem Grund hat er die Beträge wieder gesenkt. Auch wenn er damit pro Zimmer weniger verdient, ist der Umsatz trotzdem höher. "Die Strandlust ist ein Business-Hotel, das von einem Unternehmen für seine Mitarbeiter gebucht wird. Dabei ist meistens der Preis entscheidend und nicht das Haus", sagt Kitlinger.

Selbst wenn die Auslastung deutlich höher wäre, bräuchte es Jahrzehnte, ehe das Haus auf dem Niveau ist, auf dem die Gäste die Strandlust sehen. "Es sind Investitionen von mehreren Millionen Euro nötig, um den Betrieb auf Vordermann zu bringen", sagt er. Dieser Betrag sei ausschließlich für die Innenausstattung nötig. Hinzu kämen weitere Investitionen in das Gebäude. Insofern sei ein Neubau wirtschaftlicher, resümiert er.

Wie es für die Strandlust weitergeht, muss der Hotelier in den kommenden Wochen entscheiden. "Stand jetzt schließen wir Ende des Jahres", sagt er. Es gebe allerdings die Option, um sechs oder gar zwölf Monate zu verlängern. Für welche Variante er sich letztlich entscheidet, hänge von der wirtschaftlichen Lage des Hauses ab. Sollte tatsächlich noch in diesem Jahr Schluss sein, wären seine Investitionen weg. Doch das nimmt Kitlinger in Kauf. "Mache ich weiter, laufe ich unter Umständen noch weiter ins Minus", sagt er. Und das wolle er in jedem Fall verhindern.

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