Ein Strandlust-Hamburger mit 180 Gramm Rindfleisch und Sesambun auf der Sonnenterrasse gefällig? Oder doch lieber ein kühles Blondes im Biergarten mit Blick auf die Weser? Das eine ist bereits möglich, der Biergarten soll in zwei Wochen öffnen. Der neue Strandlustbetreiber Kevin Kitlinger aus dem Großraum Stuttgart und der Nordbremer Gastronom Emre Kilic aus Bremen-Nord ziehen rund vier Monate nach ihrem gemeinsamen Start am 1. März eine positive Bilanz. „Wir sind schon ein bisschen stolz darauf, was wir in den vergangenen Monaten alles umgesetzt haben“, sagt Kevin Kitlinger. Was sich in dem Vegesacker Hotel getan hat…
Eine Frau in Jeans und hellem Oberteil huscht um die Ecke und wirft einen letzten prüfenden Blick in den Hochzeitssalon. Sie scheint zufrieden, denn nichts wird mehr verändert: Keine einzige Gabel wird mehr verrückt auf den runden, weiß eingedeckten Tischen mit den üppigen, elfenbeinfarbenen Gestecken und den meterhohen Kerzenleuchtern. Auch das elektrische, rosafarbene Licht ist bereits eingeschaltet: Es beleuchtet einen Bogen aus cremefarbenen Rosen an der Wand. Alles fertig. Die Mitarbeiterin der Dekorationsfirma zieht sich zurück, zur selben Zeit ist auf dem Parkplatz der Strandlust bereits die Braut in Weiß im Anmarsch. Familienangehörige, Freunde und Bekannte, ausnahmslos in schicken Kleidern und Anzügen, folgen ihr auf dem Fuße. Eine der letzten Hochzeiten in dem mehr als 120 Jahre alten Traditionsbetrieb am Fähranleger nimmt ihren Lauf.
Betrieb bis auf Weiteres geöffnet
Rückblende: Vor wenigen Monaten noch kamen die „Tester“, so nennt Kevin Kitlinger die Vegesacker, die jeden Tag in der Strandlust vorbeischauten, um zu prüfen, ob die Türen des Hotels offen oder geschlossen sind. Der Hotelier, dem in Süddeutschland die Firma Kit Hotels GmbH gehört, hat Verständnis für die Skepsis. Nachdem das Hotel den Betrieb im September 2020 vorerst eingestellt hatte, wurde bekannt, dass der neue Inhaber Max Zeitz es dem Erdboden gleich machen will. Betreiber Michael Bungardt wollte das Strandlust-Geschäft zwar fortführen, bis er am Museumshaven sein Hampton by Hilton-Hotel eröffnet haben würde, zog sich aber im Frühjahr zurück. Er hatte nach eigenen Worten Probleme, Personal zu finden und löste sich schließlich auch vom Gastrobetrieb, der nicht seinem Qualitätsanspruch genügt habe. Kurz darauf stellte sich Kevin Kitlinger als neuer Betreiber vor. Er will bleiben, bis die Abrissbirne anrückt. "Bis auf Weiteres“ geht er davon aus, dass es die Strandlust auch noch weit über den Jahreswechsel 2024 geben werde und plant entsprechend: „Alle Wünsche unserer Gäste werden erfüllt, selbst, wenn jemand Kaviar möchte.“
Während die Hochzeitsgäste auf den mit Hussen bezogenen Stühlen Platz nehmen und zu den grauen Servietten greifen, serviert der Kellner auf der Sonnenterrasse reelle Kuchenstücke auf weißen Porzellantellern. Eine größere Gruppe und zwei Damen haben dort Platz genommen, wo der Blick über den glitzernden Fluss und die zwischen Vegesack und Lemwerder pendelnde Fähre schweifen kann. Offenbar hat sich herumgesprochen, dass die Strandlust-Gastronomie wieder Mittag- und Abendessen sowie Kaffee und Torten im Angebot hat. Kevin Kitlinger berichtet von Tagungen und Eigentümerversammlungen, Betriebsfesten mit 1000 Personen, Geburtstags- und Verlobungsfeiern und eben vielen, vielen Hochzeiten: „Wir feiern jedes Wochenende Hochzeit. Wir sind diesen Sommer so gut wie ausgebucht.“
Biergarten öffnet wieder
Die roten Schirme auf der Terrasse weisen auf einige Neuerungen hin. „Unser Getränkelieferant hat uns als Sponsor unterstützt“, berichtet Kevin Kitlinger. Neben dem Sonnenschutz habe Inbev die Strandlust auch mit Gläsern versorgt. Besteck und Geschirr seien ebenfalls neu, ebenso wie Vorhänge, Kissen und Decken in den 53 Hotelzimmern, wie der Betreiber versichert. „Große Investitionen machen keinen Sinn“, schränkt Kevin Kitlinger ein. Aber einen sechsstelligen Betrag habe er schon in die Strandlust investiert. „Auch den großen Saal haben wir gestrichen“, zeigt er bei einem Rundgang. In Kürze solle der Biergarten mit Stühlen und Tischen ausgestattet werden. Diese seien derzeit noch eingelagert. „Wenn das Wetter jetzt stabil ist, werden wir auch Sand aufschütten“, plant Kevin Kitlinger. Dem Hotelier aus der Region Stuttgart schwebt darüber hinaus ein Kulturprogramm mit Jazzmusik und weiteren Angeboten vor, mit dem er die Gäste locken will.
Lange Zeit hatte die Strandlust Probleme, Personal zu finden. Kevin Kitlinger sagt, er habe mit zwei Hausangestellten angefangen. Inzwischen seien jedoch alle Personalsorgen überwunden. Im Notfall fassten seine Familienmitglieder mit an, bestätigt der neue Strandlust-Gastronom Emre Kilic: „Wir geben unser Bestes.“ Sein Team biete internationale Küche. Den Kuchen beziehe er von einem Bäcker aus Blumenthal. Erfahrungen als Gastronom hat Emre Kilic nicht. Zuletzt sei er in der Immobilien- und Speditionsbranche tätig gewesen. Dafür, meint er, sei er ein „echter Vegesacker Junge“.