Bereits seit dem Jahre 1956 gibt es die Tradition, einen Vegesacker Jungen zu bestimmen, der den Stadtteil repräsentieren und bekannt machen soll. Ab 1991, als der Förderkreis „Vegesacker Junge“ gegründet wurde, waren es nicht nur einer, sondern meist zwei junge Männer, und in diesem Jahr sind es erstmals sogar drei: Jonas Wilke, 20 Jahre alt, hat sein Fachabitur gemacht und macht derzeit eine Lehre als Bootsbauer. „Ich kenne die Kneipenszene in Vegesack recht gut und war im Vegesacker Ruderverein“, sagt er, und mit dem angestrebten Beruf, in dem er Boote bauen will, sei ja auch die Verbindung zum Wasser da, was gut zur maritimen Tradition Vegesacks passt. Jacob Hoffmeyer, 21 Jahre alt, ist in Lesum aufgewachsen und studiert in Münster Wirtschaft und Recht. Der dritte im Bunde, Emil Thiekötter ist erst 15 Jahre alt, geht noch zur Schule und wohnt in Sankt Magnus.
„Früher war die Voraussetzung, ein Vegesacker Junge zu werden, die Fähigkeit, Plattdeutsch zu sprechen und Gitarre spielen zu können“, sagt Ernst-Ludwig Neuenkirchen vom Förderverein „Vegesacker Jungen“, der derzeit rund 90 Mitglieder hat, „doch diese Zeiten sind vorbei – die Vegesacker Jungen vertreten den Stadtteil, indem sie zum Beispiel auf Touristik-Messen in ganz Deutschland gehen und dort an einem Stand über Vegesack informieren.“ Der Förderverein hat die Vegesacker Jungen, die ein Jahr, meist aber zwei oder mehr Jahre ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit nachgehen, früher in einer öffentlichen Veranstaltung in der „Strandlust“ bestimmt. „Doch seit der Schließung des Lokals ist dies nicht mehr möglich: Die Vegesacker Jungen wurden stattdessen auf der Jahreshauptversammlung des Fördervereins im Oktober ausgewählt.
Dabei ist es schwierig, den Richtigen herauszusuchen“, sagt Ernst-Ludwig Neuenkirchen, „denn sie müssen zu der Aufgabe passen. In diesem Jahr waren die drei Jungens dem Vorstand persönlich bekannt.“ „Es ist wichtig, dass gleich mehrere Vegesacker Jungen zur Verfügung stehen, weil zum Beispiel unter den drei neu gewählten einer in Münster studiert und nicht immer in Bremen-Nord sein kann“, sagt Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt „und im nächsten Jahr, wenn das 400-jährige Jubiläum des Vegesacker Hafens gefeiert wird, werden sie wohl im Dauereinsatz sein.“ Die Vegesacker Jungen, im traditionellen weißen Matrosenhemd mit den feinen blauen Streifen, sind bei Events wie dem Vegesacker Neujahrsempfang, dem Festival Maritim, aber auch bei der Eröffnung des Vegesacker Markts oder bei Beginn der Matjes-Saison in Bremen präsent. „Damit sie den Leuten auch etwas über den Stadtteil erzählen können, sollten sie über Grundkenntnisse zu Vegesack verfügen“, sagt Ralf Sonnekalb vom Förderverein. Schließlich sind sie Symbolfiguren für den Ort Vegesack und stehen für Matrosen auf den früheren Heringsloggern, die kein Geld mehr haben, weil sie alles in den Hafenkneipen ließen.
Während die Vegesacker Jungen den Stadtteil bekannt machen, lernen sie im Gegenzug auch etwas von der Welt kennen: „Vegesack unterhält zum Beispiel eine Stadtteilpartnerschaft mit Warnemünde“, sagt Heiko Dornstedt, „und bei einem Besuch der Stadt an der Ostsee sind die Vegesacker Jungen mit dabei.“ Jonas Wilke und Jacob Hoffmeyer kommt ein solcher Erfahrungsaustausch sehr entgegen, denn sie möchten nicht nur die Tradition pflegen, sondern auch ihr Netz von Kontakten erweitern. „Man geht als Vegesacker Junge zu Veranstaltungen, zu denen man sonst wohl kaum hingeht“, sagt Jonas Wilke, und Heiko Dornstedt betont, dass beide Seiten etwas davon haben: Vegesack als Stadtteil und die drei Jungen, die ihn künftig vertreten werden.